Nick 1 (Pionier des Weltalls): Start in die Unendlichkeit. Fred Hartmann

Nick 1 (Pionier des Weltalls): Start in die Unendlichkeit - Fred Hartmann


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Erklärungen fort. Er war so richtig in seinem Element. »Der Schutzschirm wird übrigens aus der unteren Lauföffnung gespeist. Sie ist der Austritt für die Energie, die ihn um ihren Körper herum aufbaut. Wir haben diesen Weg gewählt, damit Sie bei Kampfhandlungen nicht nur geschützt sind, sondern gleichzeitig auch schießen können. Diese Doppelfunktion wäre bei nur einer Mündung nicht möglich gewesen.«

      »Wie kann der Strahl aus dem Inneren des Schirms nach außen treten, ohne dass er am Schirm reflektiert und ich dann selbst die Getroffene bin?«, wollte Jane Lee wissen.

      Neige räusperte sich. »Das war bei früheren Modellen wirklich ein Problem. Damit der Schuss durch den Schirm konnte, musste sich um die Mündungsrohröffnung herum eine Strukturlücke befinden.« Er unterbrach seine Erklärungen und sah bedeutungsvoll auf Nick, »wie bei Ihrem Abenteuer in Ekuador, wo Sie ein Duell mit dem Diktator Drago ausgetragen hatten.«

      Nick musste lachen. »Sie haben sich meine Biografie gut eingeprägt«, lobte er und fügte einen Moment später bestätigend hinzu: »Ja, Sie erinnern sich richtig. Dragos Schirm wurde von einem Gerät gespeist, das er auf dem Kopf vor den Augen anderer verborgen unter seiner Mütze trug, aber um aus seinem Schutz herausschießen zu können, musste der Schirm um die Mündung seiner Pistole herum unterbrochen sein. Das war damals meine Chance. Es gelang mir, einen Schuss direkt in den Lauf seiner Waffe zu platzieren. Die Pistole explodierte und verletzte ihn. In dem dadurch entstandenen Chaos konnte ich unbemerkt fliehen.«

      »Das ist bei diesem Schirm anders«, erklärte der Waffenexperte. »Wie bei den Raumschiffen ist es uns technisch jetzt auch gelungen, die Körperenergieschirme von innen durchlässig zu halten, egal ob es feste Substanzen sind oder Energie.«

      Jane begriff. »Das ist wie bei Textilien aus Synthetikfasern. Die sind von außen wasserdicht, verfügen aber über eine feinporige Membran, die den Wasserdampf von innen nach außen lässt.«

      »Nein, nicht ganz so«, widersprach François Neige. »Das ist hier etwas anders. Der Schirm hat auf der Innenseite ein Dimensionsfeld, das jeden Gegenstand und jeden Strahl von innen nach außen teleportiert. Richtung und Ziel sind immer gleich, sodass ein komplexes Justierungssystem entfällt.«

      »Ja«, bestätigte Raskin begeistert, »so funktioniert das auch bei den Energieschirmen von Raumschiffen.«

      Jane war noch nicht alles klar. »Was passiert, wenn ich meine Waffe im Kampf fallen lasse und noch dazu gegen den Schirm stürze. Teleportiere ich mich dann selbst nach außen?«

      François Neige schüttelte den Kopf. »Nein. Das Dimensionsfeld, das zusammen mit dem Schirm aufgebaut wird, funktioniert ähnlich wie der Individualsensor. Es reagiert auf die körperspezifischen Energieschwingungen und würde bei dem Träger der Waffe keine Teleportation vornehmen.«

      »Beeindruckend!«, äußerte sich Xutl.

      »Leider hat so ein Körperschutzschirm aber einen erheblichen Nachteil«, schränkte Neige die Euphorie seiner Zuhörer ein. »Sie können ihn eigentlich nur im Kampf benutzen. Wir sind technisch noch nicht dazu in der Lage, dass er den Körper wie eine zweite Haut umgibt, sondern immer einen Abstand von etwa zwanzig Zentimetern bis einen halben Meter zu Ihnen hält. Können Sie sich vorstellen, was das bedeutet?«

      Tom wusste sofort Bescheid. »Ich würde keine Pflanzen mehr einsammeln können.«

      »Und ich kein Tier mehr streicheln«, lamentierte Jane.

      »Und man würde überall anecken und anstoßen«, ergänzte André.

      »Kann ich dann überhaupt gehen?«, wollte Tom wissen, »wenn ich wegen des Schirms zwanzig Zentimeter über dem Boden hänge, stelle ich mir das recht schwierig vor.«

      »Das ist kein Problem«, beruhigte Neige. »Der Schirm ist wie eine Haube, die man über Sie gestülpt hat, so dass Ihre Füße zum Gehen frei sind.«

      »Dann bin ich ja bei Stürzen gar nicht hundertprozentig geschützt!«, warf Jane erschrocken ein.

      »Doch, sobald Sie den Boden unter den Füßen verloren haben, schließt sich Sekunden später der Schirm um ihren Körper wie ein Deckel, der von einem Arbeitsroboter auf eine Kanalöffnung gelegt wird. Und damit auch bei unsanfter Landung Ihre Beine geschützt bleiben, kann die Deckelfunktion nur per Knopfdruck wieder aufgehoben werden.« Mit diesen Worten zeigte er auf einen winzigen Knopf neben dem Buchstaben »B« an der rechten oberen Ecke der ersten Domäne.

      Nach einer kurzen Pause ergänzte er: »Leider hat der Schirm noch eine weitere Achillessehne.«

      Jane schaute ihn etwas konsterniert an. »Noch eine?«

      »Ja, er schützt Sie zwar vor Beschuss, aber nicht vor starkem Druck. Ein Traktorstrahl kann Sie zum Beispiel vom Boden fegen, so, wie der Orkan eine Feder in jede beliebige Richtung treibt.«

      Xutl war mit der Antwort noch nicht ganz zufrieden und hakte nach: »Wie sieht das denn bei Hitzestrahlen aus? Gibt es bei ihnen einen ähnlichen Effekt?«

      »Nein, Sie sind vor der Temperatur geschützt, aber die Strahlen bewirken, dass Ihr Schirm hell aufleuchtet und Ihnen für einen ganz kurzen Augenblick die Sicht nimmt. Sie können dann nur noch blind schießen.«

      Ohne eine weitere Frage abzuwarten, wechselte Neige das Thema und erklärte die nächste Anwendung.

      »Das ›A‹ meint die ›Antigrav-Funktion‹. Wenn es Ihnen auf dem Boden mal zu gefährlich werden sollte, schweben Sie einfach wie eine Schwalbe davon. Die Höhen- und Richtungssteuerung finden Sie auf der rechten Seite der Waffe.«

      »Ich wollte schon immer mal ein Vogel sein«, träumte Jane mit abwesendem Blick, während Tom ins Leere starrte. Er begann sich zu langweilen, Xutls Gesichtszüge dagegen waren angespannt, er wurde immer nachdenklicher.

      »Ich bin gleich fertig«, beruhigte der Techniker die Gruppe, »aber ich halte es für sinnvoll, wenn ich Sie über alles Wichtige aufkläre.« Er tippte mit der linken Zeigefingerkuppe auf das ›S‹. »Die ›Sprach-Funktion‹ brauchen Sie für den Einsatz der Hypnosestrahlen. Die Waffe enthält einen Mini-Translator, der die Verständigung regelt, damit Ihr Gegner auch weiß, was er nach Ihrem Willen tun soll.« Er zeigte auf ein Feld, das mit D gekennzeichnet war. »›D‹ steht für ›Deflektor‹. Damit können Sie sich unsichtbar machen. Die von Ihrem Körper ausgehenden Lichtimpulse werden um die Sehorgane ihrer potenziellen Gegner herumgeleitet, sodass Sie optisch nicht wahrgenommen werden können. Ähnlich funktioniert auch der erweiterte Ortungsschutz.«

      »Phantastisch«, brummte Xutl anerkennend, »aber hat auch diese Funktion einen Haken?«

      Neige nickte. »Leider ja. Wenn Sie mit mehreren Leuten im Einsatz sind, können Sie sich auch gegenseitig nicht sehen. An polarisierenden Ent-Deflektorgläsern wird noch gearbeitet, aber das ist leider ein sehr komplexer Vorgang, weil das umgeleitete Licht in der richtigen Kombination wieder auf Ihre Augen gerichtet werden muss, dazu fehlt uns noch die richtige Schlüsselfrequenz. Ob wir sie bis zum Start der Expedition gefunden haben, ist sehr fraglich.«

      »Haben wir jetzt alles kennen gelernt?«, fragte Jane etwas geistesabwesend. Auch ihre Geduld schien erschöpft.

      »Fast«, entgegnete der Waffenexperte, dann hielt er die Waffe gegen eine Wand und berührte ein rotes Feld auf der Oberseite der Kugel an den Mündungsrohren. Plötzlich leuchtete es hell daraus auf und ein scharfgebündelter Lichtfinger ließ die avisierte Wandfläche in gleißender Grelle aufstrahlen.

      »Mit dem roten Touch auf der Sensorkugel können Sie eine Lampenfunktion für Einsätze im Dunkeln aktivieren.« Mit diesen Worten nahm er die Kugel in seine Hand und drehte sie um 90 Grad. Mit einem kaum hörbaren Klick rastete sie ein. Jetzt leuchtete sie in alle Richtungen in grellen Blinkintervallen und der Raum war urplötzlich von einem hochfrequenten auf- und abschwellenden Sirenenton erfüllt, der in den Ohren gellte und Mark und Bein erschüttern ließ. Erschrocken hielten sich Nick und seine Freunde ihre Hände vor die Muscheln.

      Neige drehte die Kugel wieder zurück. Sofort war das Licht verloschen und das durchdringende Geheul verstummt.

      Neige


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