Nick 1 (Pionier des Weltalls): Start in die Unendlichkeit. Fred Hartmann

Nick 1 (Pionier des Weltalls): Start in die Unendlichkeit - Fred Hartmann


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– gegen Gefahren von außen und innen. Ein Karrieremensch, jung und ehrgeizig, aber von beidem eine gehörige Portion zu viel.

      Fassungslos und mit zorngeröteten Augen saß er an seinem Bürotisch im Weltraumforschungszentrum in Nevada und starrte auf die Personalliste der Lascasas. Der Kaffee neben ihm war kalt geworden. In seinem kantigen Gesicht zuckte es unmerklich.

      Auf diesem Schiff werde ich nur stellvertretender Kapitän sein, mehr nicht. Und André Coomb, dieser Schwächling, ist mein Vorgesetzter. Warum er und nicht ich?

      Schweigend saß Gordon an seinem Platz, eine Haarsträhne glitt ihm langsam in die Stirn. Seine Lippen waren bleich und schmal, wie die seines Vaters. Immer und immer wieder betrachtete er die Hierarchie.

       Ich halte das nicht mehr aus! So weit habe ich es gebracht, den vernichtenden Prognosen meines verdammten Vaters zum Trotz. Kommandeur eines Schiffes der terranischen Raumflotte bin ich geworden, mitverantwortlich für die Sicherheit im Sol-System – und immer loyal zur Weltregierung. Kein Opfer habe ich gescheut, habe meinem Heimatplaneten in jeder Minute gedient, habe auf Familie und Urlaub verzichtet, keinen Auftrag zurückgewiesen. Ich kann jedes Raumschiff steuern. Mein Leben gehört der Raumfahrtbehörde.

      Er stieß einen tiefen Seufzer aus.

      Was habe ich bloß verkehrt gemacht? Wo habe ich versagt? Ich werde es diesen Hunden zeigen! Ich werde allen beweisen, dass ich der Beste bin und eigentlich ich das Recht habe, das Schiff zu führen. André ist mein Vorgesetzter. Ich bin ihm zum Gehorsam verpflichtet. Aber ich bin besser als er. Jawohl! Und ich werde es allen beweisen. Ich muss nur eine günstige Gelegenheit abwarten – und dann werde ich handeln …

      Gordon Banks erhob sich von seinem Platz. Sein Entschluss stand fest: Er würde André Coomb die Aufgabe nicht leicht machen.

      *

      »Die Sternenschiffe sind mit der modernsten Technik ausgestattet.« Stolz führte Professor Raskin seine Freunde durch die weiten Gänge des riesigen Kugelraumers, der mit seinen dreihundert Metern Durchmesser selbst die gigantischen Ausmaße seiner Vorgänger noch übertraf.

      Die kleine Gruppe war fasziniert. Neben zehn Beibooten von unterschiedlicher Größe – alle auch mit R4-Licht- und Hyperantrieb ausgestattet – sowie mehreren Amphibienfahrzeugen, Maulwurf- und geländegängigen Allzweckwagen beeindruckte das Schiff auch durch zahlreiche Labors auf dem neusten Standard sowie durch perfektionierte 3D-Drucker einschließlich Scanner mit mehreren Millionen Kilometern Reichweite, Fernortung von Objekten in Hausgröße über Lichtjahre Entfernung, Dimensionsstrahler5 und beste Waffentechnik.

      »Der R4-Lichtantrieb stellt eine verbesserte Version dar, die ich erst in den vergangenen drei Monaten entwickelt habe«, erklärte der Professor und erinnerte die Zuhörer in seinem Eifer an einen ehrgeizigen Touristen-Guide, der eine Gruppe Reisender durch die Ruinen antiker Metropolen führte. »Wir können damit in viel kürzerer Zeit als bisher bis zu 98 Prozent LG erreichen.«

      Tom starrte den Professor mit weit aufgerissenen Augen an, seine Miene verriet Unverständnis. »Und wie steht es mit der Zeitdilatation? Ich will bei meiner Rückkehr keine Erde antreffen, auf der inzwischen Tausende von Jahren vergangen sind.«

      Raskin lächelte. »Das wird auch nicht passieren. Ich erinnere Sie an die Fahrt mit der Plato, als Sie Miss Lee und mich aus dem energetischen Fesselfeld der degenerierten Ree befreit hatten und auf der Suche nach uns 90 000 Jahre in die Vergangenheit versetzt wurden.«

      Toms Gesicht hellte sich plötzlich auf. »Ja, natürlich, jetzt wird mir wieder alles klar. Wir hatten die Rückkehr in unsere Gegenwart mit knapper Unterlichtgeschwindigkeit und ausgeschaltetem Dilatationsdämpfer geschafft, sodass für uns in wenigen Wochen Flug 90 000 Jahre vergingen6

      Raskin nickte. »Genauso war es und unsere Schiffe werden selbstverständlich auch mit dieser Technologie ausgestattet sein.«

      »Alle Wetter!«

      »Lassen Sie mich weiter erklären«, fuhr der Professor mit leidenschaftlichem Engagement fort, seine Stimme bebte vor Begeisterung. »Mit dem Hyperenergiekonverter können wir Überlichtsprünge in beliebiger Länge vornehmen.«

      »Wie funktioniert denn das Ding?«, wollte Xutl wissen. Seine Frage klang etwas salopp, aber das störte Raskin nicht im Geringsten – oder er hatte es überhört.

      »Details muss ich Ihnen in einer stillen Stunde erklären. Hier nur das Wichtigste: Wie ich Ihnen schon bei Mr. Marsh erklärt hatte, erzeugt der Konverter für den Bruchteil einer Millionstel Sekunde eine Öffnung zum Hyperraum, saugt Hyperenergie an und konvertiert sie auf die Schwingungsebene unseres vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuums.«

      »Das klingt spannend.« André nickte anerkennend, aber Nick war noch nicht zufrieden. »Moment!«, warf er zweifelnd ein. »Ich erinnere mich an unseren Sprung von der Galaxis Lorgos am anderen Ende des sichtbaren Kosmos zu uns nach Hause. Das waren mehr als 13 Milliarden Lichtjahre. Fast hätten wir das nicht überlebt. Wir lagen für lange Zeit in Ohnmacht. Noch einmal möchte ich so etwas nicht durchmachen.«

      Raskin wehrte mit beiden Händen ab. »Keine Angst. Das wird uns nicht wieder passieren. Inzwischen habe ich ein Gerät entwickelt, das die physischen Belastungen derartiger Sprünge neutralisiert – ähnlich wie damals, als wir bei unserem Flug zur Venus von dem gefürchteten Andruck nichts mehr gespürt hatten, weil in dem Schiff ein Andruckneutralisator eingebaut war. Das Gerät zur Vermeidung physischer Belastungen infolge überlanger Hypersprünge habe ich »Hypereffektneutralisator«, oder einfach HEN getauft.«

      Tom schien zufrieden. »Haben Sie noch weitere Wunderwerke?«

      »Einiges kennen Sie schon, aber ich habe die Technologien in den letzten Monaten optimiert: ein Anti-Ortungssystem, das jetzt nicht nur die Radarortung, sondern auch die optische umfasst, dann ein verbesserter Energieschutzschirm und ein Dimensionsfeldspürer zum Auffinden von Teleportationsfeldern*, ähnlich wie ihn schon Dr. Novarra auf der ersten Sternenschiffexpedition konstruiert hat, nur eine viel wirksamere Weiterentwicklung. Dr. Novarras Gerät hat die Felder nur indirekt aus der Messung der Strahlenschutzschirme ermittelt, mit der die Supermenschen7 ihre Teleportationsanlagen geschützt haben, wir dagegen können mit dem Dimensionsfeldspürer die Teleportationsfelder direkt erfassen.«

      Raskin hielt einen Augenblick inne, dann fuhr er voller Stolz fort: »Und wir verfügen jetzt auch über eine Zeitkanone, wie wir sie von den Lorgs kennen.«

      Jane zuckte zusammen und wurde plötzlich ganz bleich. »Herr Professor, wollen Sie das Universum zerstören? Sie wissen …«

      »Die Lorgs hatten ihre Energie für verhängnisvolle Zeitexperimente aus dem Kristall eines besonderen Elements bezogen und gingen damit unkontrolliert um. Das wurde ihnen zum Verhängnis. Wir haben es gelernt, die Energien zu kanalisieren, sonst wären auch wir schon längst in einem atomaren Holocaust untergegangen.«

      Jane war noch nicht zufrieden. »Ich habe nie so richtig verstanden, wie diese Waffe funktioniert. Könnten Sie uns das noch einmal erklären?«

      Raskin lächelte. »Gern. Das Prinzip ist ähnlich, wie wir die Zeitversetzungen bereits früher genutzt haben: Wenn wir den Schutzschirm eines Gegners nicht durchbrechen können, schicken wir eine Bombe in einem Zeitfeld in die Vergangenheit, und zwar in eine Zeit, als sich der Schirm oder auch das Zielobjekt noch nicht auf dieser Position befunden haben. Das Zeitfeld ist so programmiert, dass es unmittelbar nach dem Sprung in die Vergangenheit erlischt. Das wiederum hat zur Folge, dass die Bombe in die Gegenwart zurückversetzt wird, diesmal innerhalb des Schutzschirms, und dann detoniert. Die Lorgs hätten uns mit dieser Technik fast den Garaus gemacht.«

      Etwas entspannter fuhr der Professor fort: »Wir verfügen aber nicht nur über die Zeitkanone – auch das technische Equipment für Zeitreisen befindet sich an Bord. Wir könnten damit Ausflüge in die Vergangenheit und in die Zukunft unternehmen.«

      »Das ist lebensgefährlich!«, platzte Jane empört dazwischen.

      Raskin ließ sich nicht beirren. »Ich


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