Nick 1 (Pionier des Weltalls): Start in die Unendlichkeit. Fred Hartmann

Nick 1 (Pionier des Weltalls): Start in die Unendlichkeit - Fred Hartmann


Скачать книгу
Ich konnte jedenfalls feststellen, dass das Hauptrisiko im übermäßigen Einsatz der dafür benötigten Energien liegt.«

      »Wie es das Schicksal von Lorg ja auch gezeigt hat«, resümierte Xutl.

      Raskin wurde plötzlich sehr nachdenklich. »Ja, die Atomkraft und das schreckliche Ereignis von London im letzten Jahrhundert haben uns gelehrt, dass jegliche Nutzung von Energie fatale Folgen haben kann, wenn man sie nicht beherrscht. So gesehen bleiben Zeitreisen ein hohes Risiko. Wir sollten solche Ausflüge nur im äußersten Notfall unternehmen.«

      Tom stand vor Bestürzung der Mund offen. »›Ausflüge‹ nennt der das …«

      »Und noch etwas wird mit an Bord sein, was Sie bereits von früheren Einsätzen kennen: der Rekapitulator.

      »Re-ka-pi-tu-la-tor?« Andrés Gesichtszüge spannten sich.

      »Ganz recht. Mit diesem Gerät können vergangene Ereignisse rekapituliert, d.h. rekonstruiert werden. Von jedem Vorgang in unserer Welt – zum Beispiel von diesem Gespräch hier, das wir gerade führen – gehen mehrdimensionale Impulse aus, die im Hyperraum Spuren hinterlassen. Der Rekapitulator kann diese Spuren erfassen und auswerten. Damit werden Personen, Gegenstände und Handlungen in ihrer zeitlichen Einbindung rekonstruiert.« Er atmete einmal tief durch und sah jeden Einzelnen herausfordernd an. »Mit diesem Gerät können wir Rätseln aus der Vergangenheit nachgehen, ohne durch die Zeit reisen zu müssen.«

      Er wandte sich wieder der gesamten Gruppe zu. »Äh, und da ist noch etwas, das Sie auch schon kennen, was ich aber technisch optimiert habe: den Universaltranslator.«

      Nick zeigte sich von allen am interessiertesten. »Erklären Sie!«

      »Nun, dieses Gerät erfasst die Schwingungen einer Sprache und kann sie in Sekundenbruchteilen analysieren, Bezüge zu verwandten Sprachen herstellen und als Übersetzer in beiden Richtungen fungieren. Die auf Terranisch formulierten Worte werden auf der Schall-Ebene in jede gewünschte Sprache transformiert.«

      »Das setzt aber voraus, dass dem Gerät grundlegende Strukturen anderer Sprachen bekannt sind«, warf Xutl ein und fuhr im selben Atemzug fort: »Für die Sprachen in der Galaxis hat das funktioniert, aber wenn wir durch das gesamte All gondeln?«

      »Können Sie sich daran erinnern, was uns Nator einst erzählte?«

      Nick erinnerte sich. »Ja, der Nator erzählte uns, dass er aus seinem sterbenden Universum zu uns gekommen sei und die Keime des Lebens mitgebracht habe. Sie wurden auf die unterschiedlichsten Welten verteilt und deswegen gibt es auch so viele Ähnlichkeiten, z.B. zwischen uns, den Ree, den Marsianern und vielen anderen humanoiden Völkern der Galaxis.«

      Nick legte eine kurze Denkpause ein, dann hakte er nach:

      »Und Sie meinen, dass diese Verwandtschaft der Lebewesen über den sichtbaren Kosmos hinausreicht?«

      Raskin wurde nachdenklich und kratzte sich, etwas nervös geworden, sein Kinn. »Vielleicht«, entgegnete er schließlich, »um das herauszufinden, wollen wir ja diese Fahrt unternehmen, und ich bin mir sicher, da wird uns noch einiges begegnen.«

      Nick lächelte. »Wir sind nicht verwöhnt, Professor.«

      Raskin grunzte unmerklich. Das war wieder typisch Nick. Er scheute vor keiner Gefahr zurück.

      »Möchten Sie noch etwas wissen?«, fragte er schließlich seine Freunde.

      Jane ergriff das Wort. »Ja. Mir ist aufgefallen, dass es nur wenige Roboter an Bord gibt, weder auf der Krankenstation, wo wir früher Medo-Robots hatten, noch im Service-Bereich. Müssen wir unsere Kabinen jetzt wieder selbst ausfegen?«

      »Wir haben die Zahl der Roboter so weit wie möglich reduziert und sie wieder durch Menschen ersetzt. Sie sollen – mit Ausnahme von Kampfrobotern und der üblichen Elektronik – nur im Notfall Verwendung finden. Keine Maschine kann menschliche Nähe und Wärme ersetzen und unsere Expedition soll unter den besten psychologischen Voraussetzungen stattfinden.«

      Jane freute sich. »Sehr umsichtig, Professor! Endlich ist man in der Weltraumbehörde zur Vernunft gekommen. Viele meiner Tiere lassen sich auch nicht von seelenlosen Blechkisten abspeisen. Oder möchten Sie von einer Metall- oder Plastikhand gestreichelt werden?«

      »Ha! Ha! Nein, natürlich nicht. Schön, dass Ihnen dieses Konzept gefällt«, entgegnete Professor Raskin und musste schmunzeln.

      Tom verzog dagegen sein Gesicht, seine Lippen standen quer. Ihn beschäftigte ein anderes Problem. »Wir haben nun eine Menge über die Ausstattung des Schiffes gehört. Aber wie steht es mit uns ganz persönlich, wenn wir in Gefahr kommen? Gibt es da auch neuere Entwicklungen, die uns helfen, dass wir uns bei Bedrohung besser verteidigen oder schützen können?«

      Raskin hob und senkte bestätigend sein Haupt in einer weit ausladenden Bewegung. Seine Stimme klang wie die tröstenden Worte eines Vaters, der sein Kind vor den Ängsten der Nacht bewahren wollte.

      »Aber natürlich. Ich führe Sie jetzt zu unserem Waffenspezialisten. Er wird Ihnen die modernste Entwicklung unserer Strahlenpistolen präsentieren.« Nach einer kurzen Atempause fügte er bedeutungsvoll hinzu: »Sie werden staunen. Die neuen Strahler sind ein wahres Wunderwerk.«

      *

      »In der Größe werden Sie keinen Unterschied zu den alten Modellen bemerken.« François Neige, Leiter der waffentechnischen Abteilung, hielt einen Strahler in seiner rechten Hand und präsentierte ihn stolz seinen Zuhörern.

      »Aber er hat zwei Läufe und einige Schaltflächen mehr«, deklamierte Nick. Interessiert betrachtete er die untereinander angeordneten Rohre.

      Dann zog er seine Augenbrauen tiefer und betrachtete konzentriert die komplex anmutende Apparatur. Eine Anzahl Mini-Screens mit optisch deutlich wahrnehmbaren Farbunterschieden bildeten je nach Farbe eine andere geometrische Figur: ein Dreieck, ein Viereck und ein Achteck, darunter in waagerechter Anordnung je vier Screens in zwei Reihen und mehrere Knöpfe, Regler, Screens und Fächer auf der anderen Seite des Strahlers sowie auf der Oberseite und der Rückseite. Was sollte das bedeuten? Viele Buchstaben an den Eckpunkten der Figuren waren ihm bereits bekannt, aber er ließ sich ihre Bedeutungen noch einmal geduldig erklären.

      »Einige Funktionen kennen Sie schon von den alten Modellen, aber ich beginne einfach mal ganz von vorn«, erläuterte Neige, emsig darum bemüht, seinen Zuhörern die Vielseitigkeit der Waffe so transparent wie möglich zu machen. »Für die Einstellung des Strahlers gibt es drei Domänen«, fuhr er jedes Wort betonend fort und zeigte auf das orangefarbene Dreieck. »Für die erste Domäne steht das ›K‹, und das meint die Konsistenz des Strahls. Neben dem Standardstrahl ist noch der Streustrahl für eine größere Breitenwirkung möglich und der Nadelstrahl, den Sie zum Punktieren von kleinsten Flächeneinheiten benötigen. Mit einem einfachen Fingerdruck auf die entsprechende Ecke der jeweiligen geometrischen Figur können Sie Ihre Waffe auf die gewünschte Funktion einstellen.«

      »Wie ist es mit dem Einsatz des Strahlers unter Wasser?«, wollte Nick wissen. Er erinnerte sich an ihr erstes Abenteuer auf der Venus und die Begegnung mit zwei unterseeischen Zivilisationen, die miteinander Krieg führten. Nick hatte die Koralianer im Kampf gegen die räuberischen Gors unterstützt und konnte dabei seine Strahlenwaffe auf dem Meeresgrund nur wegen der auf der Venus sehr geringen Wasserkonsistenz einsetzen, anderweitig wäre er Gefahr gelaufen, von den reflektierenden Strahlen selbst getroffen zu werden.

      »Mit einem einfachen Fingerdruck auf die entsprechende Ecke der jeweiligen geometrischen Figur können Sie Ihre Waffe auf die gewünschte Funktion einstellen.«

      Neige beruhigte Nick. »Die Entwicklung der Unterwasserstrahlen konnten wir jetzt auch in die neusten Modelle integrieren. Der Strahler ist sowohl über- als auch unterseeisch verwendbar.«

      »Bekannt«, konstatierte Xutl. »Was ist mit den anderen Domänen?«

      Neige zeigte auf das grüne Viereck. »Dies ist die zweite Domäne, die mit ›A‹ betitelt ist. ›A‹ steht für ›Ausrichtung‹. Sie können in drei Richtungen schießen, nach vorne, das ist der Standard, dann mit der Funktion


Скачать книгу