Türkischer Mokka mit Schuss. Susann Teoman

Türkischer Mokka mit Schuss - Susann Teoman


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Eltern erzählte ich, ich sei nun Mitglied im Schachclub, im Bücherclub und in der Redaktion der Schülerzeitung und müsste deshalb auch nach dem Unterricht dableiben, um alles zu schaffen, oder ich teilte ihnen mit, ich würde mit Pelin, meiner besten Freundin, in der Bibliothek lernen. Pelin deckt mein Doppelleben übrigens bis heute. Früh übt sich eben!

      Meine Eltern, die sich sehr über meinen neu erwachten Arbeitseifer freuten, hatten nie irgendwelche Einwände.

      Hätten sie gewusst, dass ich mit einem Griechen, dem erklärten Todfeind der Türken, knutschend und heftig fummelnd in der letzten Reihe im Kino gesessen hatte, dann wäre mein Leben bestimmt anders verlaufen, da bin ich mir sicher. Aber was keiner weiß, macht keinen heiß, nicht wahr?

      Adonis sah nicht nur aus wie ein griechischer Gott, er konnte auch so küssen. Wenn er seine Lippen auf meine presste, wurden meine Beine zu Pudding, die Welt um mich herum drehte sich, und ich fürchtete, mein Herz könnte vor lauter Aufregung aus meinem Mund geradewegs in seinen hüpfen. Adi war schlichtweg perfekt. Meine Mathenoten verbesserten sich rapide, weil er sich nun neben mich setzte und mich abschreiben ließ.

      Als dann unsere Klassenfahrt in die Bretagne anstand, waren wir natürlich unheimlich aufgeregt. Ohne darüber gesprochen zu haben, wussten wir, dass diese Klassenfahrt unsere große Chance sein würde, eine bedeutende sexuelle Erfahrung zu machen. Aber wir hatten uns das Ganze sehr viel leichter vorgestellt. Entweder tauchten unsere Klassenkameraden just in dem Moment auf, in dem wir dachten, dies sei der richtige Zeitpunkt, um uns näherzukommen, oder ich bekam einen heftigen Schluckauf. Doch so schnell gibt ein Grieche nicht auf und ich sowieso nicht! Wir ließen keinen unbeobachteten Moment verstreichen, den wir nicht mit heißen Küssen und vielversprechendem Körperkontakt ausfüllten. Die Luft um uns herum knisterte vor Spannung. Ein Blick von ihm reichte aus, mich schwach zu machen.

      In unserer letzten Nacht hatte Adi schließlich eine Decke, Cidre und Plastikbecher besorgt. Damit wollten wir hinaus an den Strand gehen, um einen romantischen Abend zu verbringen. Er hatte den idealen Ort am Tag zuvor ausgekundschaftet. Wir stellten also unsere Armbanduhren auf Mitternacht und schlichen uns aus unseren Schlafsälen hinaus an den Strand, wo wir Hand in Hand im seichten Wasser entlangspazierten. Der Vollmond spiegelte sich beruhigend auf den mitternachtsblauen Wellen wider, die aussahen, als wären sie schwarz lackiert. Es war warm, und eine leichte Brise wehte uns um die Nase.

      Adi bespritzte mich neckisch mit Meerwasser, und ich kreischte leise auf, holte mit meinem Fuß aus und spritzte ihn ebenfalls nass, dann lief ich davon, und unter meinen Füßen sprengte das Wasser auf und zerstob im Mondlicht wie Diamantenstaub, während mein Adonis mir hinterhersetzte und mich lachend herumwirbelte.

      An den Rest des Weges kann ich mich kaum erinnern, weil wir so intensiv geknutscht haben, dass ich mich halb von Adi bis an diese besondere Stelle am Strand mitschleifen ließ. Als wir endlich angekommen waren, breitete er die Decke sorgfältig aus, und wir stießen mit lauwarmem Cidre an. Dann küsste er mich, und ich küsste ihn, und er knöpfte mein Kleid auf, während ich ihm sein Shirt vom Körper zog, und wir begaben uns langsam in die Waagerechte. Gerade als ich bis auf meinen Slip vollkommen nackt war, merkte ich, dass es um mich herum irgendwie nass wurde. Vielleicht lagen wir zu dicht am Wasser, aber was machte das schon. Es war heiß, und ein wenig Wasser würde uns sicher angenehm erfrischen.

      Außerdem würde ich mich nun nicht schon wieder um meine Chance bringen lassen, eine Nacht mit meinem persönlichen Adonis zu verbringen. So knutschten wir weiter und weiter, bis mein Kopf plötzlich ganz im Wasser versank. Adi lag halb auf mir und war derart in Fahrt, dass er erst bemerkte, dass ich gerade ertrank, als er von meinem Busen abließ und an meinem Ohrläppchen knabbern wollte.

      »Mein Gott, die Flut!«, rief er erschrocken und richtete sich kerzengerade auf.

      »Flut? Welche Flut?«, prustete ich und hickste. Das verdammte Salzwasser brannte in meinen Augen, und meine Haare waren voller Sand.

      »Wir müssen hier schnell weg!«, rief er und zog mich hoch. Wir rannten zurück zur Jugendherberge.

      »Soʼn Mist!«, fluchte er, als wir patschnass dort ankamen.

      Ich nickte zustimmend und hickste erneut.

      Plötzlich leuchteten seine Augen auf, und er sagte: »Was wäre, wenn ich dir sagen würde, ich habe noch eine Idee?«

      Ich war mir gar nicht so sicher, ob ich noch in der richtigen Stimmung war, aber irgendwie war ich auch wütend auf die Flut und den verdammten Schluckauf und dachte: Jetzt oder nie!

      »Los, erzähl mir von deiner Idee!«

      Adi grinste und ging auf den BMW Z3 zu, der in der Auffahrt stand. »Der Wagen gehört zur Jugendherberge, einem der Betreuer«, erklärte er. »Zufällig weiß ich, dass der Besitzer die Schlüssel immer hier aufbewahrt.« Er öffnete die unverschlossene Fahrertür und zog den Schlüssel unter dem Sitz hervor.

      »Und?«, fragte ich.

      »Na ja, ganz in der Nähe befindet sich ein Wäldchen. Ich habe mich gerade gefragt, ob du wohl Lust auf eine kleine Spritztour hast?« Er sah mir tief in die Augen, und seine Zähne leuchteten im Mondlicht weiß auf. Wer kann dazu schon nein sagen? Trotzdem hatte ich Bedenken.

      »Mit einem gestohlenen Wagen? Ich weiß nicht, Adi.«

      »Komm schon, wer sollte uns schon erwischen, um diese Uhrzeit ist doch nichts mehr los.«

      Ich zögerte, doch als Adi mich erneut küsste, lächelte ich. »Okay.«

      Und so fuhren wir kurze Zeit später in einem gestohlenen BMW Z3 auf einen Wald zu, der in der Dunkelheit der Nacht alles andere als romantisch aussah.

      Tapfer ließ ich mir nichts anmerken und so befanden wir uns schon bald auf einem kleinen, stockfinsteren Schlammpfad, die Scheinwerfer unseres Autos waren die einzige Lichtquelle. Schließlich entschied Adi, dass wir nun weit genug entfernt seien, und stellte den Motor ab. Mit einem. Mal war es stockfinster. Ich begann heftig mit den Zähnen zu klappern, weil ich nass bis auf die Knochen war und die Hosen gestrichen voll hatte, weil mir plötzlich das »Blair Witch Project« einfiel.

      Was, wenn mir nun irgendwer meine Gedärme herausriss oder Adi plötzlich aus dem Auto zog und ihm die Kehle durchschnitt? Und ich könnte nicht einmal um Hilfe schreien, weil ich keine Silbe Französisch sprechen konnte. Mein Gott, das alles nur, weil ich endlich Sex haben wollte!

      Doch mein persönlicher Adonis lächelte mir beruhigend zu und strich mir liebevoll eine nasse Strähne aus dem Gesicht, bevor er meine blau angelaufenen Lippen mit seinem heißen Mund versiegelte. Es ging mir schlagartig besser.

      Nach kurzer Zeit waren wir schon so weit, dass wir gerne übereinander hergefallen wären, wenn da nicht die Schaltung des Z3 uns im Weg gewesen wäre. Das Interieur des Wagens war derart eng, dass der arme Adi sich kaum bewegen konnte, trotzdem schafften wir es, einander umständlich von unserer nassen Kleidung zu befreien. Ich hatte einen Moment später gar nichts mehr an, genauso wie er.

      Er machte einen tollpatschigen Versuch, über die Schaltung hinweg auf meinen Sitz zu gelangen, aber seine Beine waren zu lang. Er hielt einen Moment inne, überlegte kurz und richtete sich auf. Dann stieg er aus, und bevor ich erstaunt nach Luft schnappen konnte, sah ich einen ziemlich weißen Hintern um den Z3 zu meiner Seite des Wagens herumlaufen (der Rest seines Körpers war so braun, dass er mit der Dunkelheit des Waldes verschmolz). Wäre ich nicht unheimlich aufgeregt gewesen, hätte ich mich sicher totgelacht.

      So aber steigerte sich meine Erregung, als Adi die Tür öffnete. Ich stieg aus, Adi setzte sich auf meinen Platz und ich mich auf seinen Schoß.

      »Hi«, flüsterte er rau.

      »Hallo«, begrüßte ich ihn etwas scheu. Ich erinnere mich noch genau, wie ungewohnt, aber überraschend warm sich seine nackte Haut auf meiner angefühlt hatte.

      Und auch wenn der Wagen unheimlich eng und unkomfortabel war, schaffte es mein persönlicher Adonis dennoch, mir jede Scheu zu nehmen, so dass ich diese Fahrt nach Frankreich mein Leben lang sicher nie vergessen werde. In dieser Nacht verlor ich meine Unschuld und das sogar mehrmals.

      Es


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