Take Me Home. Carrie Elks
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Take me Home
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Carrie Elks
© Die Originalausgabe wurde 2020 unter dem
Titel TAKE ME HOME von Carrie Elks in Zusammenarbeit mit Bookcase Literary Agency veröffentlicht.
© 2021 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH
8712 Niklasdorf, Austria
Aus dem Amerikanischen von Carina Köberl
Covergestaltung: © Nadine Kapp
Titelabbildung: © forma82, © Konstantin Dem
Redaktion & Korrektorat: Romance Edition
ISBN-Taschenbuch: 978-3-903278-50-9
ISBN-EPUB: 978-3-903278-49-3
www.romance-edition.com
1. Kapitel
Jubel, Pfiffe und Freudengeschrei schallten ihm aus dem Zuschauerraum entgegen. Das Stampfen von Füßen auf klebrigen Fliesen vibrierte im Einklang mit dem Strömen des Blutes in Gray Hartsons Ohren. Die Gitarre von der Schulter hängend und die Hände um das Mikrofon gelegt, stand er einen Moment lang still und erlaubte es sich, all dies in sich aufzunehmen. Es war das pure High. Der Rausch, der niemals anhielt. Aber während er anhielt, würde Gray ihn genießen. Solange es ging.
»Sidney, ihr wart unglaublich. Danke und gute Nacht.« Trotz der In-Ear-Plugs übertönte der Lärm der Menge seine eigene Stimme. Es wirkte nicht, als würde der Applaus in nächster Zeit verklingen. Er hob die Hand und wandte sich zum Gehen, aber die Aufregung des Publikums steigerte sich nur noch und legte sich wie eine Decke um ihn, während er von der Bühne schlenderte.
Im Seitengang holte ihm ein Roadie seine In-Ear-Plugs heraus und ein anderer hob ihm die Gitarre über den Kopf, um sie vorsichtig in einem Ständer abzusetzen. Gray nahm ein Handtuch an, das ihm jemand reichte, und wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Dann schnappte er sich eine Wasserflasche und trank das ganze Ding in einem Zug leer.
»Wir werden die Lichter ausschalten müssen, wenn wir die Meute zum Gehen bringen wollen«, bemerkte sein Manager, Marco, auf dem Weg den Gang hinab zur Garderobe mit einem Grinsen. »Drei Zugaben. Drei! Gott sei Dank haben wir sie alle geprobt. Die Leute da draußen sind verrückt nach dir.«
Früher einmal hätten ihn diese Worte dazu gebracht, sich zehn Meter groß zu fühlen. Heute war er einfach nur erschöpft.
Gray stieß die Tür zur Garderobe auf und runzelte die Stirn, als er all die Leute sah, die dort auf ihn warteten. Die Burschen von Fast Rush – der aufstrebenden Band, die die letzten Shows am Ende seiner Welttournee für ihn eröffnet hatte – genehmigten sich schon ihren dritten oder möglicherweise vierten Drink. Sie waren umringt von einer Gruppe Frauen, die mit ihnen gemeinsam über etwas kicherten. Er erkannte die A&R-Typen seiner Plattenfirma und einen ganzen Haufen Groupies, die dabei waren, die Garderobe in einen Partyraum zu verwandeln. Er gab sein Bestes, nicht zu seufzen. Es war nicht ihre Schuld, dass das Tief ihn jetzt schon traf.
»Oh mein Gott! Da ist Gray Hartson!« Eines der Mädchen, das bei Fast Rush stand, hatte ihn bemerkt. Wie aus dem Nichts war die Vorband vergessen und die Frauen kamen geschlossen in seine Richtung.
»Ist die andere Garderobe unbesetzt?«, wollte Gray mit gesenkter Stimme von Marco wissen.
»Jepp.«
»Okay, dann nehme ich die.« Die zweite Garderobe wurde üblicherweise von den örtlichen Musikern benutzt, die beim vorherigen Teil seiner Tournee als Vorband gespielt hatten.
Er wollte sich gerade auf den Weg machen, als eines der Mädchen seinen Arm zu fassen bekam. Sie schob etwas in seine Jackentasche, und er erwischte sich dabei, wie er vom Druck ihrer Finger auf seiner Hüfte wegzuckte.
»Etwas, um dich glücklich zu machen«, flüsterte sie mit funkelndem Blick. »Und meine Nummer. Ruf mich an.«
Marco schloss augenverdrehend die Tür zur ersten Garderobe. »Ich habe den Jungs gesagt, sie sollen niemanden hierherbringen. Tut mir leid, Mann.«
»Ist schon okay. Das ist ihre erste große Tournee.« Gray zuckte die Schultern, während sie den Gang hinunterliefen. »Kannst du sicherstellen, dass irgendwer nüchtern bleibt, um sich um die Jungs zu kümmern? Und dass sie in einem Stück in ihr Hotel zurückkommen?«
Marco nickte. »Natürlich.«
»Falls irgendetwas beschädigt wird, geht das auf meine Kappe.«
Sie hatten die zweite Garderobe erreicht. Bevor Gray die Tür aufdrückte, verabschiedete sich Marco, um sich um die Vorband zu kümmern. Dabei murmelte er irgendetwas über einen Wagen.
Anders als der erste Raum, war dieser beinahe leer. Bis auf Paul, einen von Grays Begleitmusikern, der an einem Glas Orangensaft nippte.
»Du feierst gar nicht mit den anderen?«, fragte Gray den älteren Mann, während er sich eine Flasche Wasser schnappte.
»Nope. Ich mache mich gleich auf den Weg ins Hotel. Mein Bett ruft nach mir.« Krähenfüße erschienen in den Winkeln von Pauls Augen. »Was ist mit dir? Ich habe nicht erwartet, dich hier zu sehen.«
Auf Tourneen verbündete man sich mit den unterschiedlichsten Leuten. Das Einzige, das Gray mit diesem über fünfzigjährigen, ergrauten Australier gemeinsam hatte, war die Tatsache, dass sie beide Gitarre spielten. Und dennoch hatten sie sich in den letzten zwei Wochen blendend verstanden. Hatten leise Gespräche ganz hinten in Bussen oder Fliegern geführt, während der Rest der Gruppe vorne gebrüllt und gelacht hatte.
»Ich bin zu alt zum Feiern.«
Paul gluckste. »Du bist einunddreißig. Gerade mal ein Baby.«
»Sag das meinen Muskeln. Und meinen Knochen.« Gray rotierte seinen Kopf, um die Knoten in seinem Genick zu lösen. »So oder so muss ich morgen einen Flug erwischen. Ich will ihn nicht verpassen.«
»Du fliegst zu deiner Familie, nicht wahr?«
»Jepp.« Gray lehnte sich im Ledersofa zurück und verschränkte die Beine auf dem Kaffeetisch vor sich. »So ist es.«
»Komischer Ort. Hartson’s irgendwas ...« Paul grinste. »Nicht viele Leute, die ich kenne, haben eine ganze Stadt nach sich benannt.«
»Hartson’s Creek. Und sie ist nicht nach mir benannt worden. Wahrscheinlich nach meinem Ur-ur-ur-urgroßvater oder so.« Gray zog die Brauen zusammen, als er über die Kleinstadt in Virginia nachdachte, in der er aufgewachsen war. Die Stadt, in die er nicht mehr zurückgekehrt war, seit er sie mehr als ein Jahrzehnt zuvor verlassen hatte.
»Wie nannten sie dich und deine Brüder noch mal?«, wollte Paul wissen, und ein Grinsen zog an seinen Mundwinkeln. »Die Heartbreak Brothers?« Er hatte mal bei einem von Grays Interviews mitgelauscht und zog ihn seither mit Details aus seiner Vergangenheit auf.
»Erinnere mich nicht daran.« Gray schüttelte den Kopf. Er wusste nicht, wer den verdammten Spitznamen erfunden hatte, aber er haftete an ihnen wie Superkleber. Er und seine drei Brüder – Logan, Cam und Tanner – hatten jedes Mal die Augen verdreht, wenn sie ihn in ihrer Jugend gehört hatten. Ja, sie waren vier attraktive Teenager gewesen, die in einer Kleinstadt aufgewachsen waren. Der dumme Spitzname allerdings hatte sie immer in den Wahnsinn getrieben. Das war jedoch nichts gegen die Wut ihrer kleinen Schwester Becca. Sie hasste es, wenn ihre Freundinnen ihre Brüder als heiß bezeichneten.
Irgendetwas drückte gegen Grays Oberschenkel. Er runzelte die Stirn und steckte die Hand in seine Tasche, wo er den Gegenstand vorfand, den ihm die Frau vorhin zugeschoben hatte. Als er ihn hervorholte, erkannte er, dass es sich um eine kleine Plastiktüte handelte, in der sich ein weißes Pulver befand. Mit einem blauen Stift