Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel. Nadine Erdmann

Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel - Nadine Erdmann


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ließ ihr zwei Häuser Vorsprung und schaute sich kurz um.

      Außer ihr und ihm war die Straße leer.

      Er folgte ihr.

      Sie lief ziemlich zügig und als sie um die nächste Straßenecke bog, sah er, wie sie eine Magnesiumlampe aus ihrer Tasche zog.

      Wow.

      Das Ding musste sie zwei Monatsgehälter gekostet haben. Mindestens. Und für die Batterien, die das Ding brauchte, musste sie auch etliche Male die Beine breitmachen.

      Er beschleunigte seine Schritte und zog sein Schnappmesser aus seiner Jackentasche.

      Sie war hübsch und noch recht jung. Ein netter Bonus, wenn er ihr gleich beim Sterben zusah.

      Da vorne war eine Seitengasse.

      Dort war es perfekt.

      Er ließ die Klinge aus dem Messer schnappen und rannte los.

      Lautlos.

      Er war gut.

      Jahrelanges Training für den absoluten Triumph.

      Der Kick heute Nacht – ein weiterer Schritt zur Perfektion.

      Er war jetzt direkt hinter ihr.

      Sah die goldenen Strähnchen in ihrem Haar, die im Licht der Laternen schimmerten.

      Konnte ihr Parfüm riechen. Süß und ein bisschen verrucht.

      Fantastisch.

      Er rammte ihr das Messer in den Rücken, ohne dass sie wusste, wie ihr geschah. In derselben Bewegung, in der er zustach, legte er ihr seine Hand über den Mund und schob sie in die düstere Seitengasse.

      Sie war zu überrumpelt, um zu schreien. Das sah er in ihren Augen, als er das Messer aus ihrem Rücken zog, sie zu sich herumdrehte und langsam mit ihr zu Boden sank.

      In ihrem Blick lag pures Entsetzen.

      Und Todesangst.

      Wieder wurde es ziemlich eng in seiner Hose.

      Besonders, als er sich jetzt rittlings auf die kleine Nutte setzte und ihr langsam … fast zärtlich … die Kehle aufschlitzte.

      Cam riss die Augen auf.

      Da war nichts. Nichts außer widerlicher, eiskalter Finsternis.

      Er war starr. Wie erfroren.

      Konnte nicht schreien.

      Sich nicht bewegen.

      War gefangen in seinem Körper.

      Panik lag tonnenschwer auf seiner Brust. Quetschte sie zusammen. Ließ ihn kaum atmen.

      Doch er brauchte Luft.

      Dringend!

      Sofort!

      Er kämpfte mit aller Macht gegen den unerträglichen Druck um seine Lungen.

      Schaffte einen kleinen Atemzug.

      Schnappte nach einem weiteren.

      Noch einem. Und noch einem.

      Nur flach und viel zu schnell.

      Sein Herz hämmerte so heftig gegen seine Rippen, dass es wehtat.

      Die Angst aus seinem Traum hielt ihn fest in ihrer Klaue.

      Keine Erinnerungen. Nur grauenhafte Empfindungen hallten in ihm nach und ließen Körper und Geist noch nicht frei.

      Eisige Kälte.

      Hilflosigkeit.

      Verzweiflung.

      Todesangst.

      Weil etwas ihm sein Leben hatte entreißen wollen.

      Sein Atem ging noch immer zu schnell und sein Herz fühlte sich an, als würde es jeden Moment aus seiner Brust springen.

      Aber auch wenn er sich nicht daran erinnern konnte, wie er es geschafft hatte: Er war aus dem Albtraum entkommen.

      Alleine.

      Ohne fremde Hilfe.

      Und nicht zum ersten Mal.

      Er konnte das.

      Er musste nur noch Panik und Angststarre besiegen.

      Doch das war wahnsinnig schwer, wenn man kaum einen klaren Gedanken fassen konnte.

      Konzentrier dich! Du schaffst das!

      Seine Augen waren noch immer starr, doch er erkannte jetzt mehr als nur Finsternis und Schatten. Über ihm war seine Zimmerdecke und aus den Augenwinkeln heraus erkannte er neben sich an der Wand die Regalbretter, auf denen einige seiner Bücher, Comics und Computerspiele lagen.

      Er schaffte es, zu blinzeln.

      Er war zu Hause. In seinem Bett. In Sicherheit.

      Nichts und niemand konnte ihm hier etwas antun.

      Sein Herz stolperte voller Erleichterung und die Kralle, die es zusammenquetschte, schien sich zu lockern.

      Sein Fluchtplan.

      Er musste sich an seinen Fluchtplan halten.

      Kontrolliere deinen Atem.

      Er schloss die Augen und konzentrierte sich darauf, aus dem schnellen flachen Keuchen tiefere ruhige Atemzüge werden zu lassen.

      Ein … aus.

      Ein … aus.

      Der Druck um seine Brust ließ nach.

      Ein … aus.

      Ein … aus.

      Er konzentrierte sich auf seinen Herzschlag. Spürte, wie auch der ruhiger wurde und wie er die Kontrolle über seinen Körper zurückbekam, je mehr er es schaffte, sich zu entspannen. Seine Finger hatten sich in seine Bettdecke gekrallt, doch es gelang ihm, sie zu lösen. Auch seine Beine konnte er wieder bewegen. Die Muskeln kribbelten, als sich die Verkrampfungen lockerten.

      Ein letztes Mal sog Cam tief die Luft ein und hielt sie an. Dann öffnete er die Augen und atmete langsam aus.

      Er hatte es geschafft.

      Albtraum und Starre waren vorbei.

      Doch die Erleichterung darüber verflog schnell und er fühlte sich miserabel.

      Er wandte den Kopf. Die Leuchtziffern seines Weckers schimmerten in mattem grünen Licht.

      Kurz nach zwei.

      Es war kaum eine Stunde her, dass Jules ihn aus dem ersten Albtraum herausgeholt hatte.

      Zwei Attacken in einer Nacht?

      Das war neu.

      Und nicht gut.

      Gar nicht gut.

      Ächzend setzte er sich auf.

      Kopfschmerzen pochten gegen seine Schläfen und er spürte leichten Schwindel.

      Unwirsch wischte er sich über die Augen. Seine Arme fühlten sich bleischwer an und seine Hände zitterten.

      Er angelte nach seiner Wasserflasche.

      Seine Kehle war wie ausgedorrt und jeder Schluck fühlte sich an, als würde er Reißzwecken hinunterwürgen.

      Doch der Schmerz tat gut.

      Er half gegen Wut und Frust, die in seiner Seele zu brennen begannen.

      Cam hatte sich daran gewöhnt, dass er seit Monaten


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