Esther und Salomon. Elisabeth Steinkellner

Esther und Salomon - Elisabeth Steinkellner


Скачать книгу
Blödsinn,

      sage ich mir

      und gehe geradeaus.

      Aus welchem Grund,

      bitteschön,

      sollte ich den Strand

      nach Aisha absuchen,

      wo Flippa doch gar nicht

      bei mir ist?

      Der Grund lächelt mich an,

      als wäre es das Normalste der Welt,

      dass ich ganz alleine hier auftauche,

      ohne Flippa

      und ohne Badesachen,

      und mich auf seinem Handtuch

      niederlasse.

      Als er mit Aisha ins Wasser geht,

      bleibe ich am Ufer zurück.

      Ich stehe im feuchten Sand,

      lasse mir von den Wellen

      die Füße umspülen

      und spüre

      das Sprudeln und Schäumen

      bis hinauf

      in mein Herz.

      Der Himmel verdunkelt sich,

      Wind kommt auf,

      da zieht ein Gewitter heran.

      Die meisten Badegäste beginnen,

      ihre Habseligkeiten zusammenzuraffen.

      »Was denkst du?«, frage ich.

      Er sieht nach oben

      und zuckt mit den Schultern.

      »Ich denke,

      wir haben noch Zeit.«

Image

      »Als Wetterfrosch

      taugst du nicht!«,

      schreie ich

      gegen das Prasseln an.

      Schon eher als Rennpferd.

      Aisha sitzt auf seinen Schultern,

      sie ruft: »Galopp, Galopp!«

      Und Salomon, 14,

      mit der Startnummer 2,

      geht mit Abstand als Erster

      durchs Ziel.

      Ein flüchtiger Abschiedsgruß,

      dann sind sie schon

      durch die Drehtür ihres Hotels

      verschwunden.

      Ich winke ihnen hinterher,

      aber die Tür ist verspiegelt.

      So winkt mir nur

      meine eigene tropfnasse Gestalt

      zurück.

      Bei unserem Hotel

      angekommen

      springe ich

      mitsamt meiner Kleider

      in den leeren Pool

      und tauche

      eine ganze Länge.

      Ich muss das tun,

      sonst platze ich.

      »Duhuu, Esther,

      zu wem wirst du ziehen,

      zu Papa oder zu Mama?«

      Flippa sieht mich so ernsthaft an,

      dass ich mich nicht traue,

      ihre Frage einfach wegzuwischen.

      »Ich möchte dort wohnen,

      wo du wohnst«,

      fährt sie fort,

      »dann können zumindest

      wir beide eine Familie sein.

      Oder?«

      Ich schlucke

      und nicke

      und nehme sie in den Arm.

      Niemals ist ein Wort

      in diese Richtung gefallen,

      keiner hat je was von Trennung gesagt.

      Aber Flippa ist ja nicht blöd,

      sie hat Augen und Ohren

      und Gedanken im Kopf,

      die zu schwer

      für eine Fünfjährige sind.

      »Was hast du denn so gemacht,

      während ich weg war?«

      »Nichts«, meint Flippa,

      »nur ein bisschen gemalt.«

      Sie sieht traurig aus.

      »War Mama denn nicht hier bei dir?

      Oder Papa?«

      »Doch«, murmelt sie,

      »sie waren sogar beide da.

      Aber dann musste Mama weglaufen,

      weil Papa ihr so auf die Nerven ging.

      Und dann musste auch Papa weglaufen,

      weil er sich so über Mama geärgert hat.«

      Ich weiß nicht, was ich erwidern soll.

      »Ist das Arielle?«, frage ich daher

      und deute auf ihre Zeichnung.

      Flippa nickt.

      »Hat Arielle sich die Haare schwarz gefärbt?«

      Sie verdreht die Augen.

      »Sie hat sich die Haare verbrannt,

      Blödi.«

      »Unter Wasser?«, frage ich.

      »Nein«, ruft Flippa aufgebracht,

      »doch nicht unter Wasser,

      natürlich hier im Hotel!«

      Würde ich ein Los besitzen,

      das lebenslanges Glück garantiert,

      wäre ich bereit,

      es meiner Schwester zu schenken,

      anstatt mir selbst

      den Gewinn zu holen?

Image

      »Denkt ihr eigentlich

      auch nur eine Sekunde lang

      mal an Flippa?«,

      fauche ich sie an,

      noch bevor sie

      das Zimmer betreten können,

      in dem Flippa gerade

      eingeschlafen ist.

      »Rauft euch zusammen

      oder lasst euch scheiden,

      mir egal,

      aber Flippa braucht

      eine Mutter und einen Vater,

      keine zwei

      Erziehungsberechtigten

      auf dem Papier.«

      Ich stürme aus dem Zimmer

      und die Tränen


Скачать книгу