Dunkles Spiel im Elderreich. Meghan Maslow
Quinn dazu bringen, seine Kleider abzulegen. Falls er damit aufhören würde, mit Cookie zu gurren.
Nicht, dass ich auf die Fellkugel eifersüchtig war. Hörte ich da Kussgeräusche hinter mir? Ich würde mich einfach nicht umdrehen und hinsehen.
Ich umrundete die Truhe und suchte ein letztes Mal nach verborgenen Stolperdrähten und anderen lästigen Überraschungen. Nichts. Das bedeutete aber nicht, dass es keine dunkle Magie gab, die all jene erwartete, die versuchten, die Truhe zu öffnen.
Zum Glück verdankte ich meiner Drachennatur, dass ich gegen die meisten Formen schwarzer Magie immun war. Deshalb konnte trotzdem ein Speer meine Eingeweide durchbohren, aber Flüche prallten gewöhnlich von mir ab. Ich fuhr mit der Hand über den Deckel und ließ sie eine Weile dort liegen. Ich fühlte kein Kribbeln.
Ein besserer Zeitpunkt würde nicht kommen. Ich griff nach dem Deckel und …
„Twig, warte!“ Quinn stürzte zu mir, Cookie noch immer in der Hand. „Ich möchte es mir zuerst ansehen.“
„Warum? Es ist nicht so, als ob dunkle Magie mir etwas anhaben könnte. Aber du solltest Abstand halten.“
„Du hast vergessen, dass die Pyramide einstürzen wird, sobald du den Deckel öffnest, nicht wahr?“
Ich schnaubte. „Das behauptest du. Ich sage, sie ist stabil und wird es auch bleiben. Nicht einmal eine Explosion würde diese Wände zum Einsturz bringen.“ Ich klopfte ihm auf die Schulter. „Du machst dir zu viele Sorgen.“
Er schüttelte meine Hand ab, als wollte er ein Insekt abstreifen.
„Dir muss klar sein, dass ich dich daran erinnern werde, dich gewarnt zu haben, wenn sie uns auf den Kopf fällt.“
Dass Cookie scheinbar ihre Zustimmung trillerte, half auch nicht.
„Wenn sie dir auf den Kopf fällt, kannst du mich im Jenseits verfolgen. Du kannst mich bis in alle Ewigkeit heimsuchen.“
„Sehr witzig.“ Quinn legte seine Hände neben meinen auf den Deckel. Er flüsterte ein paar Worte und ein heller oranger Schimmer umgab die Truhe. Als er verblasst war, schüttelte Quinn den Kopf und trat ein paar Schritte zurück. „Na schön, dann wollen wir uns den mächtigen Kriegshammer mal ansehen.“
Ich hatte immer angenommen, Scrodbuns Kriegshammer sei ein Mythos, ein Märchen für Kinder. Dank des Privatlehrers, den mein Vater angeheuert hatte, um mir die Anpassung an das Leben im Elderreich zu erleichtern, hatte ich die Geschichte oft genug gehört. Im Drachenreich hatten wir uns nicht mit solchen Dingen beschäftigt. Außer es hätte sich um eine wertvolle Bereicherung unseres Schatzes gehandelt. Nach allem, was ich gehört hatte, wäre der Hammer tatsächlich eine sehr nette Bereicherung gewesen. Nur, dass wir ihn eben für einen Kunden sicherstellen sollten.
Als Quinn weit genug entfernt war, um vor allfälligen Verteidigungsmaßnahmen sicher zu sein, bemühte ich mich, den Deckel anzuheben. Die seit langem eingerosteten Scharniere quietschten. Meine Nackenhaare sträubten sich, als Quinn hinter mir seine magische Kraft bündelte. Nur für den Notfall. Ich bereitete mich darauf vor, dass etwas herausspringen oder explodieren würde. Oder etwas in der Art.
Der Deckel sprang auf.
Ich duckte mich und wartete.
Nichts.
Ich warf einen Blick zu Quinn. Er starrte nach wie vor auf die Truhe, zu allem bereit. Ich spähte über den Rand. Aus diesem Winkel wirkte die Truhe eher wie ein Sarg als ein Aufbewahrungsort für einen kostbaren Schatz.
„Und?“, fragte Quinn, als ich einfach nur hinein starrte.
Ich richtete mich zu meiner vollen Größe auf und beugte mich hinein.
Hä? Das konnte nicht stimmen. Ich fuhr mit den Händen über die Innenseiten der Truhe.
„Ist sie leer?“ Quinn schlurfte näher.
„Nein.“ Ich schüttelte den Kopf. Nicht leer. Nicht ganz. Ich griff hinein und zog einen Hammer heraus, der nicht größer war als mein Daumen. Er schien aus versteinerten Knochen gefertigt zu sein. Keine Verzierungen.
„War Scrodbun nicht angeblich ein räuberischer Troll? Du weißt schon, dreieinhalb Meter groß, muskulös, schlechtes Benehmen?“ Quinn schielte auf den Hammer. „Glaubst du, dass er eher ein Feenwesen war? Das Ding sieht nach einer Waffe aus, die dein Vater schwingen könnte.“
„Ich weiß es nicht.“ Ich atmete tief ein. Ich glaube, es ist eine Attrappe.“
„Keine goldene Gravur? Keine Edelsteine?“ Quinn klang enttäuscht, was ich ihm nicht übelnehmen konnte.
Ich atmete wieder ein und schloss die Augen. Ein Hauch von Gold vielleicht. Mit Sicherheit nicht der Hammer, nach dem wir suchten. Ich schloss meine Hand um den Hammer und ließ meine Drachensinne durch die Pyramide wandern. Ich kam wieder auf diesen Raum zurück und fühlte eine gedämpfte Macht. Aber was auch immer das war, es schien an keinem bestimmten Ort zu sein. Das war noch nie zuvor passiert. Als wäre die Macht getarnt. Aber das sollte keine Rolle spielen. Ich müsste jeden wertvollen Stein und jedes edle Metall wahrnehmen können.
„Ähm Twig, ich möchte dein … Schnüffeln ja nicht unterbrechen, aber wir sollte hier verschwinden.“
Ich riss die Augen auf. „Warum glaubst du, dass …“
Quinn deutete zur Decke. Da konnte ich es fühlen. Ein leichtes Vibrieren.
„Ich glaube, das ist die Decke, die demnächst einstürzen wird.“
„Das bezweifle ich.“
Dann fiel der erste Block herunter und zerschmetterte die Truhe.
KAPITEL 3
Quinn zog eine Augenbraue hoch. Er hatte keine Zeit für einen süffisanten Kommentar, denn ich duckte mich und stieß ihn zur Seite, bevor ein weiterer großer Steinbrocken herunterfiel und ihn traf.
„Zur Tür!“ Ich packte sein Handgelenk und wir rannten zum Ausgang. Natürlich blockierten die nächsten Steine, die herunterstürzten, den Durchgang und wir saßen in einer Falle. Ich hielt noch immer den Hammer umklammert und steckte ihn rasch in meine Tunika.
„Ich habe es dir doch gesagt!“, krächzte Quinn und duckte sich vor einem weiteren Stück der Pyramide.
Ich zog ihn hoch und rannte zurück zu dem Ort, an dem die Truhe gestanden hatte. Ich sprang auf den Schutthaufen und sah zu, wie immer mehr Teile herunterfielen und die ganze Pyramide bebte.
„Kannst du uns Schutz geben, bis ich einen Weg hier raus finde?“, fragte ich.
Wieder wurden wir von einer Blase eingehüllt. Ein Steinbrocken traf sie und prallte ab. Quinn schnappte nach Luft.
„Bist du in Ordnung?“ Ich zog ihn näher.
„Es geht“, presste er zwischen den Zähnen hervor. „Aber es verbraucht eine Menge Energie, so schwere Felsblöcke abzuwehren.“
Cookie quiekte auf seiner Schulter und rieb sich an ihm. Sie waren wir natürlich nicht losgeworden.
Ich beobachtete, wie mehrere Teile rund um uns zu Boden fielen, Geröll von Quinns Schild wegsprang und die Pyramide unter meinen Füßen gefährlich schwankte.
„Hast du schon einen Weg hier raus gefunden?“
„Wir könnten den Hammer benutzen.“ Ich musste Quinn nicht ansehen, um zu wissen, dass er mir seinen berühmten vernichtenden Broomsparkle-Blick zuwarf. Ich hatte ihn schon oft genug gesehen.
„Wirst du das auch noch witzig finden, wenn wir unter der verdammten Pyramide begraben sind?“ Quinn wand sich in meinen Armen und sein Schild hielt noch. Ich konnte die Anspannung in seinem Körper fühlen. Er war ein starker Zauberer, aber auch er hatte seine Grenzen. In einer Ecke drang ein Lichtstrahl ein. Das bedeutete einen Ausweg.
„Halt Cookie fest, wir gehen in die Luft“, sagte ich, als ich mich