Der nackte Idiot. Stefan Bouxsein

Der nackte Idiot - Stefan Bouxsein


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die unseren Bus erspähten, sammelten sich zu kleinen Gruppen, zeigten mit ihren Fingern auf uns und amüsierten sich königlich. Die Gäste von Traumurlaub-Reisen schienen hier einen besonderen Stellenwert zu haben. Der Bus ließ den Trubel der Stadt hinter sich, tropische Vegetationen bestimmten das Landschaftsbild, in einiger Entfernung erkannte ich ein kleines Dorf. Als wir uns diesem Dorf näherten, stellte ich fest, dass wir das Domizil von Traumurlaub-Reisen erreicht hatten.

      Neugierig darauf, ob Traumurlaub-Reisen auch das halten würde, was es uns versprochen hatte, stürmten wir aus dem Bus. Ich ließ meinen Blick über das weiträumige Gelände schweifen und erkannte das System, nach dem hier die verschiedensten Träume und Sehnsüchte der Gäste erfüllt werden sollten. Das Dorf bestand aus einer Ansammlung von Blockhäusern, die in verschiedene Viertel aufgeteilt waren. Am Dorfeingang standen violett gestrichene Holzhäuser, hier wohnten demnach die Kultur-Interessierten. Es gab nur wenige Häuser in dieser Farbe. Gleich dahinter erstreckten sich schwarz gestrichene Unterkünfte für die Horror-Freaks und auf einem Hügel gegenüber wohnten die Abenteuerlustigen in blau gefärbten Hütten.

      Nachdem alle aus dem Bus gestiegen waren und sich mit ihrem Gepäck auf dem großen Dorfplatz versammelt hatten, wurden wir auch gleich von einer ganzen Schar von Reiseleitern begrüßt. Natürlich trugen die Reiseleiter blaue, gelbe, grüne, schwarze, rote, braune, violette oder bunte T-Shirts. Das Farbensystem war überaus praktisch, aus dem buntgemischten Urlauberhaufen bildeten sich schnell die nach den verschiedenen Farben gekennzeichneten Gruppen und die Reiseleiter nahmen sich ihrer Gruppe an. Ich verabschiedete mich von dem schwarzen Peter, der mit seiner kleinen Gruppe in Richtung der schwarzen Hütten verschwand und schloss mich mit dem dicken Karl der großen roten Gruppe an. Wild entschlossen, die Urlaubsträume alsbald in die Tat umzusetzen, marschierten die Roten los, angeführt von den männlichen und weiblichen Reiseleitern, die auch als Vereinigung der Porno-Schauspieler hätten durchgehen können. Neben mir stiefelte die devote Susanne, sie war ganz entzückt über die muskelbepackten Jungs in den engen Shorts, die uns den Weg wiesen. Karl lief dicht hinter mir, er schnaufte bereits wie ein Stier und es kostete ihn scheinbar viel Mühe, nicht auf der Stelle eine von den knackigen Mädels in den roten T-Shirts hinter das nächste Gebüsch zu zerren.

      Die roten Hütten lagen hinter einem der Hügel und formten das mit Abstand größte Viertel im Dorf. Unsere Gruppe bestand aus etwa dreißig Leuten, davon waren mehr als die Hälfte Frauen. Wir bekamen unser Quartier zugewiesen und eine halbe Stunde Zeit, bis wir uns am Strand zu einem kleinen Willkommenscocktail wieder zusammenfinden sollten. Zum Glück war die Hütte von Karl außer Sichtweite von meiner, dafür wohnte die devote Susanne direkt gegenüber von mir. Erschöpft verschwand ich in meinem neuen Refugium. Es war angenehm kühl in der Behausung, die Klimaanlage lief auf Hochtouren. Auch die Ausstattung ließ nicht zu wünschen übrig. Ein gemütliches Bett mit Blick auf das Meer, eine voll ausgestattete Küche, ein hell gefliestes Badezimmer und ein Fernseher mit Leinwandformat hießen mich willkommen. Die halbe Stunde, die mir zur Verfügung stand, nutzte ich für ein kurzes Nickerchen.

      Ich blieb meiner Linie treu und erschien auch zu dem Willkommenscocktail als Letzter. Noch hatte ich nichts verpasst, die Reiseleiter teilten die Drinks aus und die Gäste machten es sich in dem feinen Sand bequem. Karl trug mittlerweile ein buntes Hawaii-Hemd. Er winkte mir freudig zu und ich kam nicht umhin, mich zu ihm zu gesellen.

      »Na, Karl«, herzte ich ihn. »Hast du den Stier schon ausgepackt?«

      »Auwei, Hans, guck mal da hinten, das Mädchen in dem dunklen Badeanzug, die wohnt in der Hütte neben mir. Das ist die Erna aus Berlin. Die Erna, die hat auch hart und heftig gebucht, das ist eine ganz Wilde.«

      Fasziniert betrachtete ich mir die Erna aus Berlin. Sie als Mädchen zu bezeichnen, wäre mir nie in den Sinn gekommen. Mich erinnerte sie eher an einen Elefanten im Badeanzug. Karl war aber ganz aufgeregt und konnte seine Augen nicht von ihr lassen. Schwitzend saß er im Sand und fing wieder an zu grunzen. Ich vermutete, dass es sich dabei um eine Art Brunst-Schrei handelte. Ich entdeckte die devote Susanne in dem Getümmel. Sie trug jetzt einen String-Tanga, wobei man den String zwischen ihren Pobacken nur vermuten konnte. Die Frau bestach mit einer atemberaubenden Figur, ich schätzte sie auf Ende dreißig. Und so eine sah ihre Erfüllung in der Unterwerfung. Es fiel mir schwer, das zu glauben. Kokett stolzierte sie umher. Sie genoss es, die Blicke der Männer auf sich zu ziehen. Die wird sich noch wundern, wenn sie an einen wie Karl gerät, dachte ich mir.

      Die Reiseleiter forderten uns auf, einen Kreis zu bilden. Die Urlauberschar ließ sich im Sand nieder und zwei der Angestellten in den roten T-Shirts gesellten sich in unsere Mitte, Claudia und Jürgen. Claudia ergriff das Wort, neugierig spitzten Karl, Susanne, ich und all die anderen die Ohren.

      »So, ihr Lieben, ich freue mich, euch alle im Namen von Traumurlaub-Reisen in unserer schönen Ferienanlage begrüßen zu dürfen. Wie ihr bereits bemerkt habt, besteht unser Dorf aus verschiedenen Häuserblocks, die Häuser sind in den Farben der verschiedenen Urlaubs-Schwerpunkte gestrichen. Ihr seid jetzt für eine wunderbare Woche lang die Bewohner der roten Häuser und damit habt ihr einen Anspruch darauf, eure erotischen Fantasien ohne Wenn und Aber in die Tat umzusetzen. Damit keine Wünsche offen bleiben und jeder das erlebt, wovon er oder sie bisher nur zu träumen gewagt hat, steht euch eine erstklassige Crew von gut ausgebildeten Clubanimateuren zur Verfügung. Ihr erkennt uns immer an unseren roten T-Shirts mit dem Emblem von Traumurlaub-Reisen auf der Brust. Unsere Aufgabe ist es, eure Wünsche, Träume, Sehnsüchte und Begierden in den nächsten sieben Tagen bis ins kleinste Detail zu erfüllen. Damit uns das gelingt, haben wir uns ausführlich mit den Fragebögen beschäftigt, die jeder von euch bei der Buchung ausgefüllt hat. Viel mehr will ich dazu nicht mehr sagen, lasst euch einfach überraschen. Jürgen wird euch jetzt noch ein paar Worte über unser Dorf erzählen.«

      Jürgen war ein blonder Hüne und trat in die Mitte des Kreises. Ich saß gegenüber von der devoten Susanne. Fast ein wenig neidisch beobachtete ich, wie sie bei dem Anblick dieses Prachtkerls förmlich dahinschmolz. Auch Jürgen war der hingebungsvolle Blick von Susanne nicht entgangen, er musterte sie eine ganze Weile, bevor er das Wort ergriff.

      »Auch ich heiße euch alle herzlich willkommen. Mein erster Eindruck sagt mir, dass wir die nächste Woche sehr viel Spaß zusammen haben werden.«

      Ich vermutete, dass er damit hauptsächlich Susanne gemeint hatte, das Raubtier nahm seine Beute ins Visier.

      »Wahrscheinlich habt ihr am Dorfeingang alle die große weiße Hütte gesehen und euch gefragt, was in dieser Hütte stattfindet. Die weiße Hütte ist unsere neutrale Zone. In dieser Zone soll es den Urlaubern aus den verschiedenfarbigen Vierteln möglich sein, sich zu treffen und sich über die gemachten Erlebnisse auszutauschen. Vielleicht möchte der eine oder die andere im nächsten Jahr einen anderen Schwerpunkt buchen. Daher solltet ihr den andersfarbigen auch von euren tollen Erlebnissen in der Erotik-Zone berichten. Bestimmt sind viele darunter, die auch an einem roten Urlaub interessiert sind, sich aber noch nicht getraut haben. Natürlich ist auch rund um die Uhr für Speisen und Getränke gesorgt. Bei uns ist natürlich alles all inclusive. Es gibt im Dorf eine stattliche Anzahl an Bars, Cafes, Kneipen und Restaurants, die jederzeit eure Bestellungen entgegennehmen. Wie ihr seht, braucht ihr ab jetzt nichts mehr zu tun, lasst euch fallen und genießt das exotische Ambiente.«

      Etwas ratlos erhoben sich die Urlauber aus dem Sand. Sofort mischten sich die Jungs und Mädels in den roten T-Shirts unter das Volk und kümmerten sich um ihre Schutzbefohlenen. Der hünenhafte Jürgen gesellte sich zu Susanne, aus dem Stegreif verwickelte er sie in einen Flirt. Leider wurden meine Beobachtungen von Karl unterbrochen, der schon wieder hinter mir stand und mit seinen Pranken meine Schulter bearbeitete.

      »Mensch, Hans, lass uns den Urlaub doch erst mal mit einem kühlen Bier begießen. Meine Kehle ist schon ganz ausgedörrt.«

      Gegen ein kühles Bier hatte ich nichts einzuwenden, bevor ich mich versah, stand aber die stattliche Erna aus Berlin vor uns. Die Rubensdame schnappte sich den Karl und schleifte ihn von dannen. Karl drehte sich noch einmal zu mir herum, schlug sich wieder frohlockend mit der linken Faust in die rechte Handfläche und verschwand dann mit Erna endgültig aus meinem Blickfeld. Dafür rückte die devote Susanne wieder in mein Sichtfeld. Scheinbar entzückt ließ sie sich von Jürgen


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