Der Teufel sieht rot. Susann Teoman

Der Teufel sieht rot - Susann Teoman


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er drehte sich um und meinte: »Lisa, ich habe gelesen, dass man Schwangere nicht mehr allein baden lassen sollte, sie könnten womöglich in Ohnmacht fallen und ertrinken.«

      »Stimmt. Alles ist möglich. Ich könnte auch von einem Grizzlybären in der Wanne ersäuft werden. Aber ich möchte trotzdem baden.«

      »Gut. Aber ruf mich, wenn dir schlecht wird, ja?«

      »Wie süß von dir!«

      Tom grinste frech. »Ich rufe dann Greenpeace, damit sie dich retten.«

      »Du Schuft!« Ich warf mit meinem Unterhöschen nach ihm, das er mühelos auffing.

      Seine Grübchen bohrten sich noch tiefer in die Wangen, als er mein Höschen betrachtete.

      »Was in Gottes Namen ist das?«

      »Das ist mein Slip. Er ist sehr bequem«, verteidigte ich mich.

      »Ja, und siehst du, er ist auch überaus praktisch. Wenn Tom Hanks ihn in ›Cast Away‹ dabei gehabt hätte, hätte er kein Segel für sein Floß beschaffen müssen.«

      »Du!!!«

      Bevor unser Baby geboren werden konnte, galt es noch eine Hochzeit zu planen. In meinem Zustand war die bloße Anwesenheit auf einer so pompösen Hochzeit wie der von Angela und Abdul eine echte Herausforderung. Stellt euch ein uraltes Segelschiff vor, das in einen Sturm gerät. Lauscht dem Ächzen und Knarren der alten Balken und Planken, und ihr wisst, wie ich mich nach zehn Schritten anhörte. Genau so. Ich geriet sehr schnell außer Atem und ließ mich dann irgendwo niedersinken. Egal wo, Hauptsache sitzen! Doch ich war fest entschlossen, diese Feier so glanzvoll wie möglich zu meistern. Ich würde alles tun, damit Angela, die Tochter eines Botschafters, und Abdul, ein libyscher Prinz, es nicht bereuten, mir diesen Auftrag trotz all ihrer Zweifel zugesprochen zu haben.

      Mittlerweile war es fünf Uhr, und ich stand im Kaminzimmer, in dem die Gäste mit Champagner begrüßt werden sollten. Ich öffnete das Fenster und blickte hinaus, während die Kellner um mich herum alles vorbereiteten. Das Kaminzimmer war rot, was sehr gut in mein Konzept passte. Aber mir war warm, und ich fühlte mich unwohl, ich war erschöpft, hatte viel zu lange gestanden und war zu viel hin und her gerannt, obwohl meine Gynäkologin mir für die letzten Wochen meiner Schwangerschaft doch Ruhe verordnet hatte.

      Ich öffnete das Fenster, um ein wenig frische Luft zu tanken, und schloss dabei die Augen. Mann, tat das gut!

      Etwas Nasses, Kaltes berührte meine Nasenspitze. Erschrocken öffnete ich die Augen wieder.

      Himmel, es schneite! Wir hatten März, und der Schnee fiel in dichten weißen Flocken vom Himmel.

      »Schnell, rufen Sie bitte den Bankettkoordinator«, bat ich einen der Kellner.

      »Sofort.« Er eilte davon. Ein distinguierter Herr in einem eisengrauen Anzug kam nach wenigen Minuten.

      »Sie wollten mich sprechen, Frau Teufel?«

      »Es schneit, und der Eingang sollte mit Rosenblättern geschmückt werden, bitte sorgen Sie dafür, dass zuerst gestreut wird. Und auf der Einfahrt werden in kurzen Abständen kostümierte Pagen stehen, die eine Laterne halten. Würden Sie bitte veranlassen, dass sie Regenschirme und Tee oder Kaffee bekommen, damit sie dort nicht allzu sehr frieren. Unsere Gäste werden vielleicht auch durchgefroren hier ankommen. Bitte kümmern Sie sich darum, dass Feuer in den Kaminen brennt und heiße Getränke bereitstehen.«

      Er machte sich Notizen, nickte zustimmend und ging wieder.

      Innerhalb der nächsten Stunde war die Kölner Innenstadt völlig zugeschneit. Das hatte ich noch nie erlebt.

      Das Hotel sah aus, als wäre es mit einer weißen Haube aus Sahne garniert, und Feuer prasselte in den Kaminen. Das passte eher zu Weihnachten als zum Frühling. Die ersten Gäste trafen bereits ein und waren von den Pagen in den libyschen Trachten begeistert. Man unterhielt sich bei hausgemachtem Glühwein, Champagner, Kaffee oder Tee meist in englischer Sprache und äußerte sich begeistert über die weihnachtliche Stimmung.

      Um acht Uhr waren beinahe alle Gäste eingetroffen. Trotz des unerwartet kalten Wetters schienen sie gut gelaunt zu sein, und als einer der kostümierten Pagen dann das Buffet für eröffnet erklärte, ertönten Begeisterungsrufe.

      Glücklicherweise ließen sich die Bauchtänzerinnen gegen einen kleinen Aufschlag gerne dazu überreden, die Gäste auch an ihre Tische zu führen. Die dunkelhäutigen orientalischen Schönheiten trugen tiefrote Pluderhosen, weiße Blusen und blaue, sehr eng anliegende Westen, die sich wie Mieder um ihre schlanken Taillen schmiegten, und ihre zierlichen Füße steckten in blauen Samtpantöffelchen.

      Der Salon war sehr reich geschmückt mit weißen Damasttischdecken, goldenem Besteck, goldenen Platztellern und dunkelroten Kerzen, die aus tiefroten Blumengestecken wie zufällig auftauchten. Kleine goldene Sonnen, Monde und Sterne waren über das Gesamtarrangement verstreut und leuchteten im Schein der Kerzen. Die Stühle waren mit Bezügen versehen, die aus einem komplizierten Geflecht blauer, goldener und roter Ornamente bestanden. Alles passte. Die Gäste waren hingerissen, vor allem, als das Licht erlosch.

      Zunächst vermutete jemand, das Licht sei ausgefallen, und machte eine ironische Bemerkung, vereinzelt ertönte übermütiges Lachen. Doch als der einsame Klang einer Flöte durch den vom riesigen Kamin mit flackerndem Licht erhellten Raum schwebte, schwieg auch er.

      Die Bauchtänzerinnen traten auf. Sie trugen Kerzen in beiden Händen und drehten sich in anmutigem Tanz. Da war auch schon die Solistin, völlig in Gold gekleidet, und die Gäste hielten bei ihrem Anblick wie gebannt den Atem an.

      Die Tänzerinnen bildeten einen Halbkreis, und zu einer eigens für diesen Zweck komponierten Melodie öffneten sich die beiden Türen zum Festsaal. Zwei Frauen hielten Fackeln in den Händen und standen vor dem Eingang. Und da erschien das Brautpaar. Huldvoll betraten sie den Saal. Angelas weißes, weites Kleid flackerte im Schein des Feuers.

      Ich hörte ein unterdrücktes Schluchzen und vermutete, dass es von ihrer Mutter kam. Abdul trug einen mitternachtsblauen Anzug. Seine schwarzen Samtaugen schimmerten leicht. Ob sie nur das Licht der Fackeln spiegelten oder ob es Tränen waren, war schwer zu sagen.

      Langsam wurde es heller im Saal. Die Musik glitt in einen Walzer hinüber, und die barfüßigen Tänzerinnen verschwanden mit fließenden, lautlosen Bewegungen. Das Paar tanzte nun seinen ersten Tanz, angefeuert vom Applaus der Gäste.

      Ich hatte schon eine Weile am Eingang gestanden und merkte erst jetzt, wie müde ich war. Ich suchte mir einen Platz, an dem ich meine Füße weit von mir strecken konnte, und stöhnte leise. Ich hatte heute wirklich schlimme Rückenschmerzen. Sobald ich könnte, würde ich mich auf den Heimweg machen.

      Nach einer Weile sah ich die Braut auf mich zukommen. Meine Güte, sie würde sich doch nicht etwa beschweren?

      »Hallo, Lisa«, begrüßte sie mich freundlich. Hinter ihr tauchte ein bekanntes Gesicht auf, das sich allerdings etwas zurückhielt.

      »Hallo! Meine Glückwünsche, Angela.«

      »Danke. Ich habe es nicht glauben wollen, aber Sie haben sich wahrhaftig selbst übertroffen. Ich bereue es nicht im Geringsten, Ihnen den Auftrag gegeben zu haben. Im Gegenteil, ich bin davon überzeugt, dass unsere Hochzeit niemand besser hätte arrangieren können als Sie.«

      Mir fiel ein Stein vom Herzen.

      »Vielen Dank.«

      »Und weil ich denke, dass Sie wirklich gut sind, werde ich dafür sorgen, dass man Ihren Namen bis spätestens morgen früh überall kennt«, fuhr Angela mit glänzenden Augen fort.

      »Wie bitte?«

      »Sie kennen Tatjana Tastenko?«

      »Von Spot?«Wer kannte das Klatschmagazin aus dem Fernsehen denn nicht.

      »Richtig! Sie würde Sie gerne interviewen. Tatjana!«

      Ich war völlig perplex und setzte mich kerzengerade auf.

      Tatjana


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