Einsatz über den Wolken. Jenny Schuckardt

Einsatz über den Wolken - Jenny Schuckardt


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      Ich als Jagdflieger mit meiner Mutter

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      In voller Uniform

      Wir schrieben inzwischen den 24. Dezember, und es war mir ein großes Bedürfnis, den Heiligen Abend auch hier, weit weg von meinem Zuhause, festlich zu begehen. Nur wie? Mittags machte ich mich mit zwei meiner ebenfalls weihnachtsgierigen Kameraden auf den Weg nach Krakau, um uns nach einer deutschen Weihnachtsfeier zu erkundigen. Ohne Erfolg. Wir landeten schließlich im Soldatenheim, wo eine kleine Feier im Kameradenkreis abgehalten wurde. Ein paar Kerzen, etwas Lametta, Tannengrün, Lebkuchen, Weihnachtsdudelei vom Grammophon, Weihnachtsgebäck. Jeder erhielt ein kleines Päckchen und ein paar warme Worte. Das Heimweh plagte mich fürchterlich. Die Sehnsucht nach Zuhause war übermächtig.

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      Nach dem Abschluss der Jagdfliegerausbildung mit einer Me 109 F, dem Standardjäger der Luftwaffe

      Der nächste Tag dämmerte so kalt und düster herauf wie meine Stimmung, das Wetter blieb hundsmiserabel, dazu kam strenger Frost. Nach dem Mittagessen marschierten wir in die Stadt ins Kino und schauten den Film »Dr. Crippen an Bord«. Warten und Nichtstun hieß es auch in den folgenden Tagen, bis wir endlich am 28. Dezember Me 109-Flugzeuge zugewiesen bekamen und diese nach Taganrog fliegen sollten.

      Was für eine Freude! Es war bitterkalt, aber ich verbrachte Stunden damit, um meine Maschine herumzustreichen und jedes Teil ganz genau zu begutachten. Sie hatte eine Spannweite von 9,91 Metern, eine Steigfähigkeit von 1310 m/min und eine Höchstgeschwindigkeit von 630 km/h. Bewaffnet war die Me 109 mit einer 20-mm-Kanone MG 151/20, die durch die Propellernabe schoss und zwei MG 17 im Kaliber 7,92 mm auf der Motorhaube, die durch den Propellerkreis zielten.

      Trotz des immer noch schlechten Wetters flogen meine Kameraden Harald Frenzel und Meinter zusammen mit mir nach Lemberg. Unser Gepäck blieb in Krakau, es sollte mit der nächsten Transportflugzeugüberführung mitgeschickt werden. Harald Frenzel erreichte vier Luftsiege mit dem Jagdgeschwader 3. Am 22. Juli 1943 wurde er abgeschossen und kam dabei ums Leben.

      Es wurde Silvester. Nach dem Mittagessen besuchten wir in Lemberg eine Neujahrsfeier im Soldatenheim – ein Abend mit wenig Alkohol, weil es kaum mehr welchen gab, viel wildem Gegröle und noch mehr Heimweh.

      Die folgenden Tage gestalteten sich ähnlich unerfreulich. Der Wettergott hatte einfach kein Einsehen, es gab keine Aussicht auf Flugwetter, und zu allem Überfluss begann es auch noch zu schneien. Es schneite und schneite und schneite, die Äste der Bäume bogen sich unter der schweren Last des Schnees. Die Kälte kroch in alle Glieder. Es war zum Heulen! Frust machte sich breit. Für uns mit unseren brandneuen Me 109 bestand keinerlei Aussicht weiterzukommen. Es war ein so harter Winter, wie ich ihn von Kiel nicht kannte.

      Erst sieben Tage später hörte es endlich auf zu schneien, doch die ganze Landschaft war im tiefen Schnee versunken. Mit gewaltigem Kraftaufwand schaufelten wir eine Startbahn frei und trampelten mit vereinten Kräften die Piste so glatt wie nur irgend möglich. Vor uns starteten vier Maschinen. Einer der Piloten verursachte gleich mal einen Luftschraubenschaden, die anderen kamen heraus. Am späten Vormittag war ich endlich dran. Ich startete ohne Probleme und flog nach Kirovograd und gleich weiter nach Saparosche. Dort war für mich erst einmal Endstation, denn mein Motor wollte nicht mehr anspringen. So ein Mist! Meine Laune näherte sich allmählich dem absoluten Tiefpunkt. Denn beim Versuch, den Flieger wieder flott zu bekommen, ruinierte ich auch noch die wertvolle Uhr, die mir mein Vater zum Abschied geschenkt hatte. Erst am nächsten Tag gelang es den Mechanikern, den Fehler zu finden, und so ging es endlich weiter nach Taganrog.

      Dort herrschte wieder übles Wetter. Ich musste auf die Zuweisung einer Maschine für das Geschwader warten. Wieder warten – auch auf unser Gepäck aus Krakau, das noch nicht da war. Um uns bei Laune zu halten, gab es im Fliegerhorst jede Menge Kinovorführungen. Aber auch das war eintönig und und zehrte gewaltig an den Nerven. Dazu erreichten uns beunruhigende Nachrichten zur Lage im Kessel von Stalingrad.

      Am 22. Januar erhielt ich endlich ein Flugzeug, konnte aber wegen des schlechten Wetters nicht starten. Doch das war mir jetzt egal. Alles, nur nicht länger untätig herumsitzen und warten! Schließlich gestattete mir der Platzkommandeur, auf eigene Veranwortung auf dem völlig vereisten Platz zu starten. Es war nicht ganz einfach, aber ich schaffte es am Ende doch, mich in den wolkenverhangenen Himmel zu schwingen und endlich zu meinem Verband zu fliegen.

      Hauptmann Kurt Brändle vom Jagdgeschwager Udet teilte mich der 2. Gruppe zu, ich kam in die 6. Staffel und erhielt die Feldpostnummer L34692 Breslau. Nur mein Gepäck war immer noch nicht da.

      Dann endlich der erste Staffelstart! Wir Flugzeugführer versammelten uns um den Staffelführer und nahmen letzte Anweisungen entgegen. Jeder musste mit der Lage und seiner Aufgabe vertraut sein. Dann alle Mann in die Flugzeuge! Die Motoren brüllten auf. Starten. Der Gruppenschwarm hob ab, der Geschwaderschwarm folgte nach. Dahinter stieg Staffel für Staffel in engen Formationen auf. Trunken vor Begeisterung hämmerte ich mit den Fäusten gegen die Scheibe der Kanzel. Was für ein erhebendes Glücksgefühl, Teil einer solchen Formation sein zu dürfen!

      Vier Tage später kam es zu meiner ersten Feindberührung: Wir verfolgten einen Bomber, der uns aber in den dichten Wolken entwischte. Nach diesem erfolglosen Einsatz landeten wir in Rowenki, wo man mich ein paar Tage später zum Bereitschaftsschwarm einteilte. Mit angelegter Schwimmweste, flugfertig ausgerüstet, wartete ich voller Ungeduld im Bereitschaftsraum, unruhig wie ein Tiger im Käfig. Wenn nur bald ein Einsatzbefehl käme! Ich wollte mich endlich beweisen, fliegen, kämpfen, Luftsiege erringen, zeigen, was ich konnte. Und dann endlich das ersehnte Kommando. Die Russen hatten am Donez nordwestlich von Kamenzk einen Brückenkopf gebildet. Alle Mann in die Maschinen. »Freie Jagd!«, schallte es durch die Kopfhörer.

      Mein Wart rief mir noch ein fröhliches »Hals- und Beinbruch« zu. Voller Tatendrang saß ich hinter dem Steuerknüppel. Minuten fehlten noch bis zur Startzeit. Dann Vollgas, der Motor brüllte auf.

      Als ich meinen Abschnitt erreichte, war es vorbei mit der Begeisterung. Die nackte Angst stieg in mir auf, das Herz rutschte mir in die Hose. In der Luft herrschte ein unglaubliches Gewühl und Durcheinander. So etwas hatte ich bisher noch nicht erlebt. Sieben russische Jäger, die aus allen Rohren feuerten, und zwei von uns. Aus allen Mündungen schossen die Garben der Leuchtspurmunition. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und feuerte, was das Zeug hielt. Getroffen habe ich gar nichts, aber zum Glück auch nichts abbekommen. Mein Rottenführer kehrte mit »Feuer im Rock« zurück. Zwei Treffer hatte er kassiert, konnte aber sicher landen. Die russischen Jäger waren Meister im Kurvenkampf. Man musste wirklich höllisch aufpassen.

      Nach diesem aufreibenden Luftkampf kletterte ich durchgeschwitzt, mit zitternden Beinen und flauem Gefühl im Magen aus meiner Maschine. Aus Spiel und Spaß an der Fliegerei war nun bitterer Ernst geworden. Es ging um Leben und Tod. Völlig ausgelaugt warf ich mich auf mein Feldbett und fiel sofort in tiefen Schlaf. Ein paar weitere weniger gefährliche Einsätze durfte ich noch fliegen, dann, am 6. Februar, verlegte man mich mit meiner Maschine nach Makejewka, wo meine Einheit von jetzt an stationiert sein sollte. Fünf Feindflüge hatte ich jetzt hinter mir und war begierig darauf, weiterzumachen. Aber erstmal lag ich flach.

      Schon seit Tagen plagten mich üble Halsschmerzen. Bei dem kalten und windigen Wetter hatte ich mir eine schwere Erkältung geholt. Aber ich hatte mich nicht weiter darum gekümmert. Erst als es so schlimm wurde, dass ich kaum noch schlucken konnte, meldete ich mich beim Truppenarzt, der eine verschleppte Mandelentzündung und Fieber diagnostizierte und mich ins Lazarett schickte. Es waren aufreibende Tage. Immer wieder rauschte eine Me 109 über das Haus. Endlos zog sich die Zeit, bis ich schließlich als genesen aus dem Lazarett entlassen wurde. Voller Tatendrang kehrte ich zu meiner Einheit zurück, aber wieder war Waschküche angesagt, zu schlechtes Wetter zum Fliegen. Es hatte stark geschneit, und auf dem Platz gab es tiefe Verwehungen. Sitzbereitschaft! Wir saßen alle wie auf Kohlen, Frust


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