Seewölfe Paket 35. Fred McMason

Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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dünnen Rauchwolke.

      Philip juniors Stimme zischte: „Hier! Die nächste Kiste!“

      Wieder bückte sich Batuti ganz langsam, wickelte das Ende um sein Handgelenk und sah die Köpfe und die Schultern der drei Jüngsten zwischen Steg, Ufer und Bordwand. Die Jungen tauchten unter dem Vorsteven weg und schwammen, nicht lauter als die Wellen, wieder in die Dunkelheit davon.

      Der Gambiamann hievte die nächste Kiste, die schwerer als die erste war, bis in die Höhe der Schanzkleidoberkante, dann schaute er sich wachsam um. Schließlich mannte er die triefende Kiste an Deck.

      Carberry fragte: „Brauchst du Hilfe, Batuti?“

      „Geht schon. Gib langsam Lose auf die Trosse.“

      „Schon klar.“

      Hasard und Clint brachten die dritte Kiste. Hasard enterte an der Jakobsleiter auf und flüsterte stoßweise: „Bin völlig fertig. Hilf mir weiter hoch, Batuti!“

      Er zog sich langsam eine Sprosse höher, hängte seine Arme über das nasse Holz und atmete keuchend.

      „Wir schlagen gleich los“, wisperte Batuti.

      Carberry stand lautlos auf und packte Hasards andere Schulter. Mit einem kurzen Ruck zogen sie ihn über die Kante, dann duckten sich der Profos und Hasard in den Schatten. Der junge Seewolf streckte sich lang aus und versuchte, ruhiger zu atmen.

      „Wir haben auf euch gewartet. Was habt ihr angestellt?“ fragte der Profos besorgt.

      Hasard winkte erschöpft ab. „Später, Ed. Laßt euch Zeit. Wir haben Freunde in Mannar.“

      „Sehr gut“, erwiderte der Profos und ließ sich wieder zurücksinken.

      Als Clint und Philip das nächstemal mit einem Stück der Beute heranschwammen, stand Hasard auf und wankte zur nächsten Luke. Der Kutscher und Mac Pellew hatten schon auf ihn gewartet. Sie drückten ihm eine Muck heißen Tee in die klammen Finger.

      Während er gierig trank, zogen sie ihm das nasse Zeug aus und wickelten ihn in trockene Tücher. Sie warteten geduldig, bis er wieder reden konnte und ihnen kurz berichtete, was er und die beiden anderen erlebt hatten.

      „Verhol dich in die Koje“, empfahl der Kutscher. „Es dauert noch einige Zeit, bis es losgeht.“

      „Danke, Kutscher“, entgegnete Hasard junior. Fünf Minuten später lag er unter trockenen Decken in der Koje und spürte durch seine Müdigkeit, wie sich der Körper wieder erwärmte und erholte.

      Blacky und Bill folgten über die Jakobsleiter, als Philip junior und Clinton endlich an Deck und die letzte Beutekiste auf der Back verstaut waren. Über das Schanzkleid hingen drei dünne Leinen. An Deck und unter Deck herrschte wieder tiefe Ruhe. Die Gestalten, die durch die Dunkelheit schlichen, waren nicht mal vom Grätingsdeck aus richtig zu erkennen.

      Der Seewolf hatte seinen Platz verlassen, sprach mit Philip junior und ließ sich die Lage an Land schildern.

      „Wenn wir es geschickt anstellen“, sagte er nachdenklich, „dann merken sie es um ein paar Sekunden zu spät.“

      Blacky hob die Hand und erklärte grinsend: „Ich hoffe, es ist nichts feucht geworden. Aber die Überraschungen sind genau dort angebändselt und verzurrt, wo wir es haben wollten. Das wird ein übles Aufwachen für die Bastarde geben.“

      Die langen Riemen waren an Deck, insgesamt vier Stück. Vielleicht hatten die Spanier und Portugiesen gesehen, wie die Seewölfe die Riemen an Deck gebracht hatten. Aber sie schienen die Gefahr nicht erkannt zu haben. Wahrscheinlich verließen sie sich auf ihre Schiffsgeschütze und darauf, daß die Seewölfe ohne jede Hoffnung waren.

      „Ihr habt nicht genau erkennen können, was es mit dem Niederländer auf sich hat?“ fragte der Kapitän.

      „Nein. Ihr habt den Rauch gesehen?“ fragte Philip zurück. Ben Brighton nickte und breitete die Arme aus.

      „Aber wir dachten, die Signale stammten von den Eingeborenen. Wir hatten keine Ahnung, was sie bedeuten.“

      „Jetzt wissen wir’s“, antwortete der Seewolf.

      Die Seewölfe unter Deck hatten ihre Pistolen durchgesehen und mit Al Conroys Hilfe sorgfältig geladen. Seit Anbruch der Dunkelheit war genügend Zeit für jede Vorbereitung gewesen. Jeder wartete mit Unruhe oder in kühler Anspannung auf Hasards entscheidenden Befehl.

      Die Inder in den Booten bereiteten den Seewölfen die geringsten Sorgen. Sie würden von den Ereignissen – hoffentlich – ebenso überrascht werden wie die Musketenträger. Die Tatsache, daß sich die Seewölfe in ihr Schicksal ergeben und nicht mal einen Fluchtversuch in der Dunkelheit unternommen hatten, schien die Wächter nicht zu überraschen, sondern im Gegenteil ihre Wachsamkeit einzuschläfern.

      Philip Hasard Killigrew wandte sich an die Seewölfe, die ihn in der Enge umstanden.

      „Solange wir nicht in sicherer Entfernung sind“, sagte er in ruhigem Befehlston, „will ich niemanden an Deck sehen. Die anderen haben Musketen. Und sie werden feuern, auf jeden, der sich bewegt. Klar?“

      „Aye, aye, Sir.“

      „Ihr habt alles bereit? Wer zündet die Lunten?“ fragte Hasard leise. Al Conroy deutete auf die eigene Brust und sagte: „Natürlich ich. Wer hat denn die ‚Überraschung‘ erfunden?“

      „In einer Viertelstunde, Arwenacks“, ordnete der Seewolf an. „Wir legen lautlos ab und gehen so weit hinaus wie möglich. Ihr kennt das Fahrwasser, also dürfen wir uns nur in gerader Linie aus diesem Hafen verholen. Stellt euch vor, wir geraten da draußen auf Legerwall, und unsere Freunde feuern aus ihren Culverinen.“

      „Das passiert nicht“, versprach Ben Brighton. „Wir haben ein paar gute Peilpunkte.“

      Al Conroy gab dem Seewolf den feuerbereiten Drehling. Hasard schob die Waffe hinter den Gurt.

      „Danke. Und jetzt: jeder, der etwas zu tun hat, langsam an Deck. Zehn Minuten. Al? Du übernimmst die Vorführung mit der Funzel, klar?“

      „Aye, Sir.“

      Al griff sich eine Funzel, schob sich zum Niedergang und enterte auf. Er stieg achtern aus dem Luk, gähnte, holte tief Luft und schaute sich um, als wäre er eben aufgewacht. Dann ging er schlaftrunken zum Schanzkleid, stierte zu den Dons hinüber und bückte sich. Er packte die Enden der Leinen, die natürlich kein Tauwerk darstellten, sondern dicke Lunten. Fast gleichzeitig brannten drei Lunten mit winzigen Flämmchen.

      Der Stückmeister winkte zum Heck. Ferris Tucker schnalzte mit der Zunge und löste langsam die Knoten an der mächtigen Klampe.

      Al Conroy schlurfte etwas schneller in Richtung zur Back. Das Flämmchen der Tranfunzel flackerte vor seinem Gesicht. Hinter ihm, im Schatten des Achterdecks, schlichen Jeff Bowie, Roger Brighton, Sam Roskill und Jack Finnegan an Deck und verteilten sich.

      Leise zischend brannten die Lunten. Al Conroy erreichte die Back und griff nach der Buglaterne.

      „Leinen los, Ed“, flüsterte er.

      Der Profos grunzte einen Fluch und löste die Knoten. Das Heck der Schebecke bewegte sich bereits langsam und lautlos vom Steg und driftete nach Backbord.

      Der Stückmeister löschte das Flämmchen und ging zum Niedergang. Gerade die ruhige Selbstverständlichkeit, mit der sich die wenigen sichtbaren Seewölfe bewegten, trug dazu bei, daß sich die Wachen auf dem Steg sicher fühlten.

      Die vier Arwenacks an Backbord und Steuerbord hatten die Riemen losgebändselt und warteten, im dunklen Schatten der Winkel versteckt, auf die nächsten Schritte des Befreiungsschlages.

      Nichts passierte. Das Warten war schlimmer als das, was folgen würde. Handbreite um Handbreite zog eine kaum wahrnehmbare Strömung die Schebecke vom Steg seitlich zur Buchtmitte. Das Heck war eine Kleinigkeit weiter entfernt als der Bug. Beide Belegleinen hingen ins Wasser.

      Al Conroy, der wieder unter Deck war, packte die erste Drehbasse


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