Seewölfe Paket 35. Fred McMason

Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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wußte genau, zu welchem Zeitpunkt er sie abfeuern durfte. Vielleicht, sagte er sich, verlagerte sich die wirkliche Auseinandersetzung bis zum Morgengrauen. Hasard hatte einen Plan gefaßt, der erhebliche Unsicherheiten in sich trug. Aber mit ein wenig Glück war es zu schaffen. Glück hatten auch die drei jungen Teufelskerle gehabt – fünf Kisten!

      Dan zuckte zusammen, als er die erste Explosion hörte.

      Al Conroy grinste ihn fast glücklich an. Er grinste zurück und fragte sich, wie die Spanier und Portugiesen reagieren würden.

       8.

      Der erste Brandsatz unter dem Steg detonierte mit einem vergleichsweise weniger lauten Krachen. Flammen und Funken flogen nach allen Seiten. Unmittelbar nach dem Donner breitete sich durch die Ritzen des Steges dichter, schwarzer Rauch aus. Dann folgte die zweite Detonation.

      Sie war lauter als der Abschuß einer Culverine. Eine Stichflamme schoß durch den Rauch. Bohlen, Planken und Bretter, Bambussplitter und Sand wirbelten in alle Richtungen. Der Luftdruck fegte ein halbes Dutzend der Posten von den Füßen.

      Noch mehr Rauch entwickelte sich. An einigen Stellen brannte der Steg. Mit dem dritten „Überraschungsgeschenk“, aus Brandsätzen und Pulver zusammengestellt, sackte ein Teil des Steges in sich zusammen, nachdem die Trümmer mit furchtbarer Gewalt in einer Fontäne in die Höhe gerissen worden waren und jetzt auf die brüllenden Wachen niederprasselten. Über die gesamte Länge der Steganlage zog sich eine Rauchwand, in der die knisternden Flammen wilde Lichterscheinungen hervorriefen.

      Dan O’Flynn und Al Conroy enterten nacheinander den Niedergang auf und stürmten aufs Achterdeck. Die Drehbassen klirrten, die Drehzapfen krachten in die Führungslöcher.

      „Hast du einen Luntenstab?“ brüllte Dan durch den Lärm.

      An Backbord und Steuerbord hantierten die vier Seewölfe mit den langen Riemen. Sie stakten die Schebecke mit dem Bug seewärts, auf eine der verborgenen Fahrrinnen zu.

      „Ja, warte!“ schrie der Stückmeister zurück.

      Drei Seewölfe erschienen an Deck und schwenkten Krüge, die mit warmem Öl gefüllt und einer Zündladung versehen waren. Zischend und funkensprühend loderten die Lunten.

      „Los! Werft endlich!“ rief Jack Finnegan und stemmte sich gegen den Schaft des Riemens. An drei Stellen loderten Flammen hoch und krochen über den Boden.

      Die Schebecke driftete nach Backbord und schob sich, etwas Geschwindigkeit aufnehmend, geradeaus. Dan und Al packten die Schwenkgriffe der kleinen Geschütze.

      Die Reste des Steges brannten. Träge schob sich die brodelnde Rauchwolke auf die sandige Fläche und die Straße zu. Hustend, fluchend und schreiend stolperten die Spanier und Portugiesen von dem Brand weg, schleppten ihre Kameraden mit sich, und einige von ihnen schossen sogar blind in den Rauch. Die Geschosse zirpten über die Köpfe der Crew hinweg.

      Pete Ballie stand bereits an der Pinne und versuchte, den langen Rumpf zu steuern.

      Al Conroy zündete seine Drehbasse. Die Stichflamme fuhr aus der Mündung, die Ladung peitschte durch den Rauch. Steinsplitter, Sand und ein paar Handvoll gemahlene Pfefferkörner trafen die schattenhaft sichtbaren Gestalten hinter dem Rauch.

      Ein höllisches Geschrei war die Antwort. Die Kerle hatten ihre Waffen weggeworfen und rannten davon. Ein paar hielten sich die Hinterteile oder die blutenden Schultern. Edwin Carberry, der Jack Finnegan beim Staken und Pullen half, stieß ein dröhnendes Gelächter aus.

      „Das haben sie davon, die spanischportugiesischen Affenärsche!“ röhrte er und stemmte sich gegen den Griff. „Aber wahrscheinlich haben uns ihre verpennten Kameraden im Visier.“

      „Jetzt, mitten in der Nacht?“ erwiderte Jack keuchend.

      Acht Seewölfe an vier Riemen brachten die Schebecke in Fahrt. Pete Ballie stellte das Ruderblatt gerade und drehte sich immer wieder um. Noch schob sich die Schebecke aus der Bucht und in gerader Linie auf einen blinkenden Stern zwei Handbreiten über der Kimm zu.

      Der Seewolf stand auf dem Grätingsdeck, lehnte sich gegen die Heckbalustrade und versuchte, Dunkelheit, Rauch und Flammenvorhang zu durchdringen. Seine Augen tränten von dem stechenden Rauch, der sich über das Wasser gelegt hatte. An Backbord hatten sich die Boote losgerissen. Die Inder, die völlig überrascht waren und nicht wußten, ob der Blitz eingeschlagen hatte oder die Götter sich zur Bestrafung anschickten, schrien und jammerten zwanzig Yards achterlich des Hecks.

      „Gut so! Weiter! Wir schaffen es!“ schrie Hasard, so laut er konnte.

      Von den Portugiesen und Spaniern drohte in diesen Minuten keine Gefahr mehr. Sie waren in wilder Flucht begriffen. Die Flammen hatten auf ein paar dürre Büsche und Sträucher übergegriffen. Die Zweige brannten lichterloh, die Hitze wirbelte Teile der Rauchwolken spiralig in die Höhe.

      Dan hatte von Al Conroy die Lunte entgegengenommen und stand wachsam hinter der Drehbasse.

      Er begann einzusehen, daß es ziemlich sinnlos war, den Schuß auszulösen und Pulver und Ladung zu verschwenden. Er sah keinen Gegner. Zwischen den Flammen an Land und der Schebecke gab es breite, zuckendspiegelnde Flächen auf den niedrigen Wellen.

      Dort strampelten einige Inder, die im ersten Schrecken aus ihren Booten gesprungen waren. Sie schwammen auf den Feuerschein zu.

      Hasard sagte laut: „Falls wir wieder zurückkommen, geben wir den Leuten von Mannar etwas Silber aus dem Ischwar-Schatz. Damit können sie ihren verdammten Steg wieder aufbauen.“

      Sein Vorschlag war sarkastisch gemeint. Wer seine Worte verstand, lachte oder grinste. Noch immer glitt die Schebecke ruhig durchs Wasser. Der höchste Stand der Flut war vorbei. Ein schwacher Sog war spürbar und unterstützte die schweißtreibende Arbeit des Pullens.

      Ben Brighton stand plötzlich neben dem Seewolf und sagte: „Sinnlos, Sir, die Segel zu setzen. Der Wind ist weniger als mager.“

      „Schon klar. Wir müssen nur weit genug recht voraus. Wenn die Karavelle und die Galeone ankerauf gehen, haben wir beide auf dem Hals.“

      „Richtig. Aber das dauert noch eine Weile.“

      Noch dauerte es mehr als zweieinhalb Stunden bis zum ersten Licht der Morgendämmerung. Ruhig hoben und senkten sich Bug und Heck der Schebecke in der auslaufenden Dünung. Der Nachthimmel war völlig klar geworden. Das bleiche Mondlicht spiegelte sich in breiten Halbkreisen auf dem Wasser. Die Boote der Inder blieben zurück, nur das Geschrei der überrumpelten Wachen, die Flüche der Eingeborenen und das leise Plätschern der Wellen an den Planken unterbrachen die Stille.

      Die Schebecke schob sich nach wie vor auf geradem Kurs durch die Dunkelheit. Die Buglaterne brannte noch immer nicht.

      Fast alle Arwenacks befanden sich jetzt an Deck, teilweise bis an die Zähne bewaffnet. Noch drei Paar Riemen waren an Deck gebracht worden, und bald pullten jeweils fünf Seewölfe, an Backbord und Steuerbord. Es befand sich genügend Wasser unter dem Kiel, so daß nicht mehr gestakt zu werden brauchte.

      „Das sieht nicht schlecht aus“, gab der Seewolf nach einiger Zeit zu. Er hob den Kieker ans Auge und versuchte zu erkennen, was die Kapitäne der Karavelle und der Galeone zu unternehmen gedachten.

      An Deck der beiden Schiffe herrschte jetzt eine gewaltige Wuhling. Nur nach undeutlich und schwach waren Schreie und Befehle zu hören. Die Reste des brennenden Stegs fielen in einem Schauer von Funken zusammen, und Dampf brodelte hoch, als glosende Balken ins Wasser kippten.

      „Und dieser niederländische Pfeffersack liegt auf seinem fetten Hintern und träumt von Genever und Windmühlen“, knurrte Ben Brighton und winkte Ferris Tucker und Higgy zu, die damit angefangen hatten, die Goldkisten unter Deck zu mannen.

      „Warum sollte er uns helfen? Er hat von unserer schwierigen Lage noch weniger Ahnung als Ischwar Singh“, erwiderte Hasard mürrisch. „Die Kerle wollen ankerauf gehen, wenn ich recht sehe.“

      „Sollen


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