Seewölfe Paket 35. Fred McMason
Spanier wurden von den Beinen gerissen und landeten mit lautem Geschrei im Hafenwasser.
Von der Galeone lösten sich zwei Kanonen. Sie drehten sich um ihre Achse und durchschlugen das ohnehin schon zersplitterte Schanzkleid noch weiter, bevor sie mit Getöse im Wasser landeten.
Das alles geschah innerhalb weniger Augenblicke und sozusagen im Vorbeimarsch.
Die Portugiesen reagierten ebenfalls nicht. Die meisten standen wie Marionetten an Bord, wie hilflose Gestalten, aus denen alles Leben gewichen war.
Jetzt war die Galeone passiert und nach diesen kurzen Augenblicken fast schon zum Wrack geschossen.
Im Hafen war die Hölle los. Van der Koop sah es mit einem harten Lächeln in dem kantigen Gesicht.
Er warf einen schnellen Blick achteraus und erkannte die Segel der Schebecke, die jetzt unter Vollzeug Kurs auf den Hafen nahm.
„Feuer!“ brüllte er.
Die Geusen auf der Backbordseite nahmen sich jetzt die angeschossene Karavelle vor.
Der nächste Feuerzauber begann, als die Breitseite aus den Rohren furchte und ihre tödlichen Geschosse gezielt einsetzte.
Pulverqualm lag über dem Hafen. Auf der Steuerbordseite hing er wie ein dichter grauer Schleier. Auf der Backbordseite rasten lange Flammenlanzen dem Portugiesen entgegen.
Was die Geusen taten, das taten sie gründlich und eiskalt. Ihre Nerven waren wie Ankertrosse.
Mittlerweile mußte sich auf dem Spanier etwas entzündet haben. Auf der Kuhl blitzte ein heller Feuerschein auf, aber die meisten Spanier kümmerten sich nicht mehr darum. Der Feuerüberfall und die Tatsache, daß ihre Galeone innerhalb kürzester Zeit zum Wrack geschossen worden war, raubte ihnen den Mut, und so sahen sie ihr Heil lieber im Hafenwasser, indem sie in panischer Angst über Bord sprangen.
Durch das Dröhnen der Abschüsse klang ein Schrei wie in höchster Todesangst. Einer der Holländer hatte grinsend die Flagge der Geusen, den weißen Stander mit dem roten Kreuz, gehißt, die sich jetzt entfaltete.
„Die Geusen! Die Geusen!“
Die Stimme war so grell, daß sie mühelos das Donnern übertönte.
Auf der Karavelle schlug es jetzt mit vehementer Gewalt ein. Sie hatte noch zwei Masten, Fock und Besan. Der Besan wurde in halber Höhe getroffen und abrasiert. Er nahm Stengen, Spieren und Tuch mit sich, als er krachend auf das Deck schlug.
Augenblicke später war der Fockmast an der Reihe. Er zerbarst, als sei er innen hohl und mit Schießpulver gefüllt. In einem Splitterregen verteilten sich seine Reste im Hafen und über das Vorschiff.
Den Portugiesen saß noch der erste Schreck im Nacken, als der Seewolf sie so plötzlich angegriffen hatte.
Die meisten stürzten sich einfach über Bord oder verkrochen sich unter den Niedergängen.
Ein paar Besonnene rannten jedoch zu den Kanonen.
Doch ein erneuter Eisenhagel überschüttete sie, diesmal aus einer Drehbasse abgefeuert, die mit grob gehacktem Blei geladen war.
Das Eisengewitter riß jene von den Beinen, die noch einmal die Kanonen abfeuern wollten.
Sie schafften es nicht mehr rechtzeitig. Lediglich eine Culverine wurde noch gezündet. Aber der Siebzehnpfünder raste am Heck der Fleute vorbei durch den Hafen und schlug drüben in die Mole. Dort sprang die Kugel hoch und sauste weiter ins Wasser auf der anderen Seite.
Der Einschlag der letzten Kugel riß wiederum ein riesiges Loch in die Planken der Karavelle dicht über der Wasserlinie.
Das Schiff sah jetzt aus, als sei es in einen Taifun geraten.
Bis auf ein paar erbärmliche Stümpfe an Deck war es abgetakelt. Über die Decks verstreut waren Holztrümmer, Tauwerk und Segeltuch, und unter dem Segeltuch lagen bewegungslose Gestalten, die das Drehbassenfeuer getroffen hatte.
Im Hafenwasser trieben Portugiesen. Ein paar andere rannten vor Wut und Angst brüllend an die Drehbassen des Bugs, um der Fleute noch einen letzten zornigen Gruß nachzuschicken.
Aber Spaniern und Portugiesen stand gleich darauf ein neuer Schrecken bevor, denn jetzt war urplötzlich, wie aus dem Nichts, die Schebecke aufgetaucht, die sich anschickte, ebenfalls in den Hafen einzulaufen.
Van der Koop sah sich mit blitzenden Augen um.
Der Schaden, den sie in der kurzen Zeit angerichtet hatten, war mehr als beträchtlich. Zwei Schiffe waren so zusammengeschossen worden, daß sie nicht mehr auslaufen konnten.
Bis sie wieder aufgeriggt und einigermaßen seetüchtig waren, würden Wochen und Monate vergehen.
Die Fleute nahm Kurs auf die Pier. Die Segel wurden weggenommen, und sie schwoite so herum, daß sie wie ein zupackender wilder Hund vor der Karavelle zum Halt gelangte.
Dort ließen sie jetzt die Drehbassen im Stich und wußten nicht mehr, was sie in ihrer Angst tun sollten.
„Jetzt überlassen wir dem Seewolf das Feld“, sagte van der Koop. „Und dann knöpfen wir uns die Dons noch mal einzeln vor, wenn sie sich nicht freiwillig ergeben. Bin schon gespannt, welchen Biß der Seewolf für die Kerle draufhat.“
Im Hafen hing wie Nebel der Rauchschleier und Pulverdampf, und durch den Rauch waren die Schreie der Dons und Portus zu hören.
5.
„Teufel, Teufel“, sagte der Profos anerkennend, als der Höllenlärm an ihre Ohren drang und sie sehen konnten, wie die Geusen unter ihre Gegner fuhren wie reißende Wölfe unter eine Schafherde. „Die geben ihnen aber ordentlich Zunder, die Mijnheers.“
„Die lassen gar nichts mehr für uns übrig“, meinte Ferris staunend.
Die Geusen räumten kräftig auf, das mußten die Arwenacks neidlos anerkennen.
Auf der Steuerbordseite spuckte die Fleute lange Flammenzungen aus. Im Hafen entstand ein Lärm, als seien alle Teufel der Hölle auf einmal losgelassen.
Es dauerte nur Augenblicke, dann flogen auf dem überraschten Don auch schon die Fetzen nach allen Seiten.
Kurz danach, sie konnten nicht alles genau erkennen, legte sich die Fleute hart nach Steuerbord über, als die Backbordseite die Rohre verließ.
Der Lärm wurde fast unerträglich. Yardlange Blitze schossen wie feurige Schlangen aus dem Schiffsrumpf. Die hallenden Detonationen überlagerten jedes andere Geräusch.
Die Geusen waren wie ein höllisches Unwetter unter die Dons und Portugiesen gefahren. Der Angriff war auch so überraschend erfolgt, daß es praktisch keine Gegenwehr gab.
Jetzt wurde die Karavelle abgetakelt. Wieder flogen Trümmer durch das Hafenbecken. Schreie waren zu hören, brüllende Detonationen. Auf der Galeone brach ein Feuer aus, und Männer brüllten sich die Kehlen heiser, als sie zu löschen versuchten.
Unbarmherzig schoß der Holländer den Portugiesen zusammen.
Nachdem seine Breitseite schwerste Verwüstungen angerichtet hatte, segelte er auf eine Pier zu, als sei nichts geschehen.
„Jetzt sind wir dran“, sagte Hasard. „Ich glaube, sie haben uns schon entdeckt.“
Sie sahen noch, wie ein paar Männer zu den vorderen Drehbassen rannten, um den Geusen einen Eisenhagel nachzuschicken. Doch jetzt erkannten sie die neue Gefahr und ließen von ihrem Vorhaben ab.
Reine Panik und Angst bestimmten das weitere Geschehen. Kopflos geworden, sprangen einige Männer vom Schiff auf die verwüstete Pier und rannten dort blindlings weiter ins Land hinein.
Sie knöpften sich zuerst die Galeone vor, auf der nach wie vor Wuhling herrschte. Im übrigen verfuhren sie genau nach der Taktik der Geusen und so, wie es abgesprochen war.
„Breitseite