Seewölfe Paket 35. Fred McMason

Seewölfe Paket 35 - Fred McMason


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Rumpf der Schebecke zitterte, als sechs Siebzehnpfünder Volleisenkugeln die Rohre verließen und ihre Kraft hinausbrüllten.

      Donnernd durchbrachen die Kugeln den Rumpf. Ein Niedergang wurde hochgewirbelt und flog durch die Luft. Zwei weitere Geschütze lösten sich mitsamt ihren Lafetten. Eine Culverine donnerte über das Deck, zerschlug teilweise die Planken und bohrte sich mit lautem Getöse nach unten durch splitterndes Holz.

      Ein Teil der Bordwand fehlte bereits. Neben das eine riesige, gezackte Loch wurde ein zweites gestanzt und vergrößerte es so, daß ein Mann bequem hindurchgehen konnte. Planken brachen bis tief zur Wasserlinie.

      Hasard sah, daß jetzt auch Wasser in die Galeone gluckerte.

      „Nächste Breitseite“, befahl er. Seine Stimme war kaum zu verstehen.

      Im Hafen blitzte es abermals auf, diesmal in der anderen Richtung, wo der abgetakelte Portugiese lag.

      Zu diesem Zeitpunkt, als das Chaos perfekt war, sahen sie, daß der Geuse sich anschickte auf den Portugiesen loszusegeln. Ganz langsam nahm die Fleute Fahrt auf.

      Das Tosen und Brüllen verstummte für ein paar Augenblicke, als die sechs Culverinen der Schebecke gefeuert hatten. Sekundenlang herrschte eine fast geisterhafte Stille.

      Danach ging das Geschrei wieder los.

      Die Karavelle war nach den sechs Einschüssen nur noch ein rauchender Trümmerhaufen, übersät mit Holzstücken, zerschossenem Segeltuch und einem Gewirr aus Pardunen, Fallen und Schoten. An Bord befanden sich auch nur noch ein paar Mann. Die anderen hatten in ihrer grenzenlosen Angst das Weite gesucht und waren verschwunden.

      Die Schebecke wendete im Hafen und hielt auf die Galeone zu. Die Geusen erreichten zu diesem Zeitpunkt gerade die Karavelle und legten bei ihr an.

      Holländer enterten das Deck. Zwei Dutzend kräftige Kerle, bewaffnet mit Tromblons, Schiffshauern und Entermessern, fluteten an Bord und räumten sofort kräftig auf.

      Hasard konnte sich nicht weiter um sie kümmern, denn sie hatten jetzt selbst alle Hände voll zu tun.

      Die spanische Galeone lag in einer Glocke von Dunst, Qualm und dichtem Rauch.

      Das Feuer war erstickt worden, aber an seiner Stelle stieg jetzt dichter Rauch auf, der in den Augen brannte und die Sicht verwehrte.

      „Wir legen an und entern“, sagte der Seewolf. „Ich werde mir den spanischen Kapitän selbst vornehmen, falls er noch an Bord ist.“

      Die Dons waren so entnervt, daß sie sich kaum zur Wehr setzten. Sie kriegten auch kaum mit, was da in ihrer unmittelbaren Nähe passierte.

      Mit einem leichten Ruck ging die Schebecke längsseits.

      Al Conroy, Stenmark und Nils Larsen schwenkten drei Drehbassen herum und richteten sie auf die Decks.

      Ein Dutzend Arwenacks enterten die rauchende Galeone und stürmten mit wildem Gebrüll vor.

      Ein einziger Mann gab einen Schuß ab. Es war ein Spanier mit rußgeschwärztem Gesicht, der auf Batuti feuerte, ihn aber knapp verfehlte.

      Der Gabiamann hörte die Kugel an seinem Kopf vorbeipfeifen und stieß ein heiseres Knurren aus.

      Ehe der Spanier die zweite Pistole abfeuern konnte, war der riesige Schwarze bei ihm und prellte sie ihm aus der Hand. Ein harter Schlag fegte den Spanier augenblicklich über Bord. Er fand am Schanzkleid keinen Halt mehr, weil es da nur noch riesige Löcher gab, und verschwand im Hafenwasser.

      Hasard hatte seinen Degen gezogen und stürmte mit langen, geschmeidigen Sätzen nach achtern.

      Durch den Rauch sah er eine uniformierte Gestalt, die immer wieder mit überkippender Stimme Befehle schrie. Nur war kaum noch jemand da, der diese Befehle auch ausführen konnte.

      Neben ihm lag ein Unformierter regungslos an Deck. Splitter hatten ihn getroffen, und sein Kopf blutete.

      Hasard sah den brüllenden Mann jetzt deutlicher. Er hatte eine stark gekrümmte Nase in einem länglichen Gesicht, das von schwarzen Bartstoppeln überschattet war.

      Kein Zweifel, das war der Kerl, der sich so wild aufgeführt und dem sie eine Menge Ärger zu verdanken hatten. Er hatte auch dafür gesorgt, daß Gold und Silber von der Schebecke abtransportiert wurden. Er und der portugiesische Kapitän.

      Hasard fühlte wieder die Wut in sich hochsteigen.

      Der Spanier erkannte ihn jetzt, wollte erst nach seiner Pistole greifen und entschloß sich dann doch für den Degen. Er war ein guter Degenkämpfer, aber gegen diesen Riesen mit den silbergrauen Schläfen und den blitzenden, wie Eis schimmernden Augen, fühlte er sich plötzlich klein und erbärmlich. Der Riese legte eine Energie und Wildheit an den Tag, als wollte er die ganze Galeone in Stücke hauen.

      Der Kapitän wich zurück, den Degen in der Hand.

      Hasard drang mit wilder Wut auf ihn ein. Seine Klinge pfiff durch die Luft und schlitzte die Uniform an der Brust auf.

      Der Don war so überrascht, daß er unwillkürlich einen Schrei ausstieß.

      Fassungslos und betroffen mußte er den zweiten Hieb einstecken, und noch bevor er den Degen hochreißen konnte, wurde er ihm mit unwiderstehlicher Gewalt aus der Hand geprellt.

      Einen Lidschlag später stand er am Schanzkleid und spürte die Spitze des Degens an seiner Halsgrube.

      Hasard stellte sich seitlich so neben ihn, daß er auch die Decks der Galeone überblicken konnte.

      Dort ging es heiß her, denn ein paar Dons hatten sich zusammengerottet und wehrten sich verzweifelt gegen die Arwenacks.

      „Streich die Flagge, wenn du am Leben bleiben willst“, sagte der Seewolf kalt. „Gib Befehl, damit deine Leute aufhören, zu kämpfen. Sie sollen sich ergeben.“

      „Fahr zur Hölle“, keuchte der Spanier entsetzt.

      „Wie du willst“, sagte Hasard gleichgültig. „Aber dann bitte erst nach dir.“

      Der Druck der Degenspitze verstärkte sich. In der Halsgrube des spanischen Kapitäns bildete sich ein kleiner Blutstropfen.

      Dem Mann stand jetzt die Angst im Gesicht. Er schielte mit großen und entsetzten Augen auf die Klinge und nickte kläglich.

      „Ich ergebe mich“, sagte er flüsternd.

      „Dann sag es deinen Leuten, und zwar deutlich!“

      Die Worte ließen jedoch an Deutlichkeit zu wünschen übrig und wurden zu einem Krächzen.

      Aber einige Dons wurden aufmerksam und blickten nach achtern. Dort stand ihr Kapitän, die Degenspitze am Hals und weiß im Gesicht.

      „Aufhören! Den Kampf einstellen!“

      Einige zögerten, und ein ganz infamer Bursche tat so, als gebe er ebenfalls auf. Er bückte sich und schien seinen Schiffshauer auf die Planken zu legen. Doch gleich darauf fuhr er herum und säbelte mit dem schweren Ding nach Ferris Tucker.

      Ferris konnte mit einem gewaltigen Satz gerade noch zur Seite springen. Heiß wurde ihm bewußt, daß der Schiffshauer seine ganze rechte Seite aufgeschlitzt hätte. Er war dem Stoß nur um Haaresbreite entgangen.

      Ferris, der den offenen Kampf vorzog, konnte derartige Hinterhältigkeiten nicht ausstehen.

      Als der Schiffshauer an ihm vorbeipfiff, packte er den Arm des Spaniers und wirbelte ihn mit aller Kraft herum. Der Don raste um seine eigene Achse und wurde plötzlich losgelassen.

      Er schrie vor Schmerzen wild auf, als ihm der Arm ausgekugelt wurde. Dann war er still, ganz abrupt. Er landete mit dem Schädel an dem zersplitterten Mast und blieb liegen.

      Carberry räumte noch einen Burschen ab, der den Befehl zu spät befolgte und wohl noch nicht genug hatte.

      Der legendäre Profoshammer erwischte ihn voll, ein Ding, das Carberry aus dem Schultergelenk abfeuerte und hinter dem seine ganze geballte Kraft steckte.


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