Sing-Sang der Liebe. Robert Heymann
Sind beide früh gestorben,
Konnt keins vom andern sein.
Mutter!
Warum hast du mir keine Liebe gegeben?
Nun gehe ich krank am Leben ....
Tausend Sehnsüchte brennender Qual
Trug meines Herzens Goldpokal.
Mutter! Du hast alles Leid verschuldet,
Das eine Frau um mich geduldet!
Meiner Adern Gefäße standen in Glut
Eine Jugend lang von rauschendem Blut.
Meine Sünden zogen in lockender Pracht
Vor meinen Straßen durch Tag und Nacht.
Meiner nackten Wünsche Chor verbarg
Die Seele. — Die welkte mir im Mark, —
Meine Seele ruhte in einem Sarg,
Den haben mir wüste Gesellen getragen
Durch lärmenden Kampf in tausend Tagen ....
Und wenn die Sterne am Himmel standen,
Und es schliefen meine lärmenden Lusttrabanten,
Dann hob sie das Haupt vom Totenkissen,
Zwiesprache haltend mit meinem Gewissen.
Sah mich mit schmerzenden Augen an:
Unglückseliger Bettlersmann,
Der König will sein auf dem Venusthron —
Wo steuerst du hin, verlorener Sohn?
Ich konnte die Stimme nicht länger ertragen,
Ich habe die Seele nächtlich erschlagen,
Ich habe die heilige Gnade verwirkt,
Ich habe den heiligen Gott erwürgt ....
Und ich baute ein Schiff, und ich habe geheuert
Zehn stumme Mohren, und bin gesteuert
Seewärts ....
Einsamkeit hieß mein verlorenes Schiff.
Leck blieb es liegen auf ödem Riff.
Meine Seele brannte in weißem Glast
Als Elmsfeuer auf dem höchsten Mast —
Mein Schiff ging unter im tiefen Meer,
Und zog die Sterne hinter sich her ...
Nun geh’ ich wo durch fremdes Land.
Unter meinen Füßen knirschen Stein und Sand.
Und irgendwo ist ein dunkles Ziel,
Zu dem ich Seelenloser pilgern will,
Weil ich dort eine Muttergottes hab’:
Ein Frauengrab.
„Ihr Leben war Liebe“ — steht auf dem Stein.
Der schließt meine tote Seele ein.
Dort will ich sterben den ärgsten Tod,
Dort will ich leiden die schlimmste Not,
Auf daß die Barmherzigkeit Gottes mir gibt
Die Seele zurück, die mich geliebt ...
Mutter! Warum hast du mir nicht Liebe gegeben?
Einst
Wenn einst, in langer Zeit,
Liebe und Jugend weit, —
Das Schiff, das Glück sich genannt,
Gescheitert fernab vom Strand, —
Und alle Sterne, die uns dort oben
Geglänzt, erkaltet sind und zerstoben, —
Und nichts blieb als das Leid:
Sehnen und Einsamkeit ...
Dann, so denke ich mir:
Irgendwo eine Tür,
Ginsterumrankt, mir nur bekannt,
Öffnet sich meiner Hand ...
Vor mir in Abendglut
Schlummernd ein Garten ruht,
Brunnen rauschen leise
Eine vergessene Weise.
Meine Füße gleiten bang
Silberne Wege entlang,
Meine Hände streichen von fern
Einen samtenen Blütenstern ....
Und es nahen Gestalten sacht
Durch die weiße, atmende Nacht,
Schweben leise und klingen dahin
Alle um eine Königin.
Und ein rätselhafter Mann
Trägt ihr süßestes Lächeln voran,
Trägt einen schimmernden Spiegel vor sich,
Und ich seh’ und erkenne mich.
Und ein silberverzierter Lakai
Trägt ihrer Stimme Melodei,
Eine Hirschkuh geht neben ihr
Mit ihrer Schönheit himmlischer Zier ...
Und es neiget sich alle Pracht
Prangender Bäume in dieser Nacht,
Und es neigt sich ein bebender Stier
Bis in den flüsternden Sand vor ihr,
Heilig trunken, stark und jung:
Evoe! Erinnerung .......
Heimatlos
Ich gehe über die Erde,
Und ich habe kein Heim.
Und wenn ich morgen sterbe,
Dann scharrt man mich ein ....
Hab’ doch für dich gestritten,
Dieweil ich um dich warb.
Weißt nicht, was ich gelitten,
Bis daß ich um dich starb.
Gib mir ein Kreuz aus Eisen,
Schließ mir die Augen zu,
Und laß mich einsam reisen
Zur ewigen Ruh ...
Die Heimat, die ich habe,
Ist eng und schlicht.
Drei Blumen auf dem Grabe
Sind all mein Licht.
O laß sie nicht verderben,
Ich litt darum so sehr.
Im Leben und im Sterben —
Ich hatt’ nicht mehr:
Treu Glauben, ehrlich Hassen
Hieß mein Panier.
Mußt’ Treu und Glauben lassen
Aus Lieb’ zu dir.
Als König bin ich gefahren
In Jugend stark und froh.
Und einen müden Narren
Begräbt man so ...
Du stehst vor Totenkerzen
Und siehst kein Licht.
Gabst einem heißen Herzen
Die