Sing-Sang der Liebe. Robert Heymann
ist aus,
Die Leidtragenden fahren nach Haus.
Und in den Zeitungen steht zu lesen,
Was ich für ein Genie gewesen,
Ich hätte mich nur nie zu erkennen gegeben,
Sonst hätte man’s schon gemerkt im Leben.
Ich aber höre die Engel schon singen
Und grüße gerührt: Götz von Berlichingen ....
Der alte Weg
Man ging den Weg so Jahr um Jahr,
Als kleiner Fant, als junger Narr.
Das Herz ward weit, der Blick ward groß.
Man suchte in Fernen
Nach Göttern und Sternen
Uferlos ...
Wo Himmel und Erde zusammenfloß,
In aller Dinge werdendem Schoß,
Ein Blütenkelch im Himmelsblau, —
Stand lockend die Frau.
Da spannte die Seele die Flügel weit
Und flog in die helle Unendlichkeit.
Einmal aber, in horchender Nacht,
Hat uns das Grauen ins Fenster gelacht,
Eine Stimme rief: Halt!
Eine graue Gestalt
Stand
Und hob eine helle Hand.
Wir wurden alt .....
Und wandern wieder den Weg entlang,
Wo Nachtigall und Lerche sang,
Wir sind am Ziel. O Schicksal! O Zeit!
Wie dünkte der Weg so groß, so weit!
Und war doch nur ein Vogelflug!
Ein Atemzug,
Der eine Sehnsucht zu Grabe trug ...
Weisheit
Glaubt mir, es ist die Illusion,
Die Himmel und Erde erschaffen.
Der eine lobt Altar und Thron,
Der andre preist die Affen.
Der eine liebt, der andre döst,
Und alles ist Begriff.
Wie immer die Funktion ihr löst, —
Der Darm bleibt relativ.
Theorie und Praxis
Ich schrieb keine Liebesgedichte,
Ich haßte die Theorie.
Sie ist für ästhetische Wichte
Ein liebliches Paraplui.
Es singt der Harzer Roller
Die heißeste Sehnsuchtspein
In seinem Liebeskoller
Nur solo, ganz allein.
Doch stillt ihm ein Weibchen die Triebe,
So stellt er den Singsang ein.
Es soll in der Praxis die Liebe
Um vieles bekömmlicher sein.
Des Dichters platonische Meinung
Adelt die Literatur.
Doch zieh’ ich die runde Erscheinung
Vor der moralischen Spur.
Der Mensch
Er kann nicht anders sein als der ihn schuf,
Und der nur wieder Epigone war.
Und jeder folgte seines Zeugers Ruf
Seit mehr als sechs Millionen Erdenjahr’.
Und jede Untat in dem Leibe schlief
Vor Jahrmillionen in der Zeiten Tanz,
Da Venus noch auf allen Vieren lief
Und sieben Ellen maß der Affenschwanz.
Der Affe blieb, wenn auch der Schweif nicht paßt,
Die Äffin zwängt den Leib in ein Korsett.
Einst kam sie nieder auf dem Urwaldast,
Heut’ wirft die Affen sie im Ehebett.
Film
Liebe, rührselig verschandelt,
Ein versüßter Lebensbrei,
Jegliches Gefühl mißhandelt,
Ein Gewürzchen Schweinerei,
Und die Heldin, eine Venus —
Schweiget, was sie früher war!
Alle Wirkung liegt im Genus,
Ihren Vogel nennt man Star.
Denn das Volk will seine Helden,
Und kastriert ist das Genie,
Sieh, es kreisen alle Welten,
Um Herrn Siegfried Simili.
Nicht mehr strömt im masculino
Schäumend, wild der rote Saft.
Mensch, es ist doch alles Kino!
Feminin liebt man die Kraft.
Einen Bock hat jede Ziege,
Und sein Dreß ist dernier cri!
Schon als Muse an der Wiege
Stand die Fee Crambamboli.
Turmhoch steigt die Dividende,
Goethe geht beschnitten um.
Gebt der Kunst die Alimente —
Zahle, Hure Publikum!
Und ich selber? Meine Lieder
Sind erfroren und krepiert.
Doch im Film siehst du mich wieder,
Wo mich goldner Lorbeer ziert.
Hätt’ ich nur die Not getragen,
Grüb’ man mich als Dichter ein —
Besser doch, mich drückt der Magen
Als der schönste Leichenstein.
Wissenschaft
Ein Stück verschimmelter Käse —
Mikroben im bunten Gewühl,
Das Hirn im fatalen Gekröse,
Die Leber geschwellt von Gefühl —
Da habt ihr das Erdengebilde,
Gebläht vom gelehrten System.
Und die umnebelte Gilde
Zergrübelt nun das Problem.
Ihr löst mit vielem Getöse
Die Rätsel Natur und Zeit,
Diese besorgt eure These,
Und jene die Sittlichkeit.
Die Säcula säculorum
Umräuchern Altar und Thron,
Jedoch in puncto punktorum
Dominiert die Darmfunktion.
Ein Stück verschimmelter Käse
Wird nie ein