Sing-Sang der Liebe. Robert Heymann
Leid ist also groß,
Als fahren unter die Erden —
Heimatlos!
Verloren
Und ist mein Leben verloren,
Verrauscht schon vor der Zeit?
Mein Name, in Blut gegoren,
Vergessenheit geweiht?
Umsonst das wilde Ringen
Wohl mit der Dummheit Chor?
Und sind denn meine Klingen
Nicht scharf wie je zuvor?
Brennt mir die Todeswunde
Schon zwischen Stahl und Wehr?
Ihr goldbetreßten Hunde,
Steckt ein! Mir bleibt die Ehr!
Die Ehr, wie ich geschlagen
Mich stets für meine Sach’!
Ich hab’ kein Spott getragen,
Gab keine Spanne nach!
Der Krämer, der satte, feiste,
Trug Hohn meiner trotzigen Art.
Als Ritter vom heiligen Geiste
Geh ich auf letzte Fahrt.
Man wird mein Schwert noch preisen,
Es lebt, was ich getan,
Und meine Worte kreisen,
Trutz Euch, die Sonnenbahn!
Don Juan
Don Juan! Wißt Ihr denn, wer er ist?
Warum er die tausendste Frau geküßt?
Warum jedes Dorf und jede Stadt
Seine Witwen und seine Bastarde hat?
Weil er, zur Sehnsucht ewig verdammt,
Gottsuchender Büßer, ewig entflammt,
Jagt mit der Inbrunst heiligem Licht
Nach der Madonna und findet sie nicht.
Mit neunhundertneunundneunzig Frauen
Ließ sich der Unermüdliche trauen,
Und bleibt als Reinster geschmäht und verflucht,
Und sündigt im Glauben und sucht und sucht —
Sie trugen die Kronen der Königinnen,
Doch unter dem Purpur der Mägde Linnen,
Verklagten den Sünder mit Weh und Gekreisch —
Denn unter dem Linnen war Fleisch. Nur Fleisch!
Ave Maria
Es sinkt die Nacht mit dunkler Last
In ihren Sarkophag.
Schon webt ein neuer, junger Tag
Die Himmelsdecke aus Damast
In gold’nem Glanz und Glast ...
Ave Maria!
Die Berge schweben silbern grau
Hinein ins Äthermeer.
Es steht am Wege heilig hehr
Ein Kreuz mit unsrer lieben Frau,
Bekränzt mit Himmelsblau ...
Ave Maria!
Du liebe Mutter, Frau Marie,
Laß spielen dir ein Lied.
Durch meine kranke Seele zieht
Es Abends und des Tages früh:
Gegrüßt sei’st du, Marie!
Ave Maria!
Du Reine bist gebenedeit,
Du liebe Jungfrau, du —
Mein Herze hat nicht Rast noch Ruh,
Denn unter meinem Narrenkleid,
Da pocht das Leid:
Ave Maria!
Mach meine arme Seele rein,
Mein Sündigen war groß.
Ich hab’ gelästert deinen Schoß, —
Nun trag ich Reu und harte Pein, —
Und soll ich nimmer selig sein?
Ave Maria!
Doch wenn mir Gott um dich verzieh,
Laß heben mich das Haupt:
Ich hab’ geirrt, ich hab’ geglaubt,
Und beugte Dirnen ich das Knie, —
Dir galt die Demut, Frau Marie!
Ave Maria!
Ich möchte sterben
Ich möchte sterben, wie die Eiche stirbt,
Mit mächtigem Stamme, knorrig und stark.
Es soll mich fällen der Arbeit Axt,
Die heulende Windsbraut sei mein Sarg —
Ich möchte sterben, wie der Adler stirbt,
Mit einer Zuckung stolz und frei,
Und über das eisumstarrte Meer
Gelle mein wilder Todesschrei.
Ich möchte sterben, wie die Sonne stirbt,
Mit heißem Lächeln, groß und kühn —
Auf meiner Stirne marmorweiß
Soll blutiger, junger Lorbeer glühn — —
Das Ende
Ich bitt’ — um einen gläsernen Sarg!
Nämlich den Quark:
Trauergäste, die kommen und gehn,
Muß ich sehn.
Es werden ja keine Fahnen wehn,
Aber ein paar Komödianten werden wohl mit mir gehn,
Mit wäßrigen Augen vor dem Grabe stehn
Und was zusammenlügen,
Daß ich muß da unten liegen,
Und daß ich so jung schon gestorben sei.
Dann erzählt der Bonvivant eine Schweinerei ...
Journalisten werden mir ferner geben
Das Geleit aus dem Leben.
Einer sagt, ich sei nicht talentlos gewesen,
Man hätte nette Sachen gelesen,
Und ich hätte mich sicher noch entfaltet,
Wenn nur die nötige Sorgfalt gewaltet, —
Und wäre ich nicht so frivol gewesen,
Hätte man mich noch viel lieber gelesen.
Und dann kommen die Damen ... na ja:
Die Naive fragt: Ist er noch da?
Kann man ihn denn vorher nicht mehr sehn?
Die Heroine meint, es wäre nicht schön,
Daß ich mich so hinweggestohlen,
Aber ich hätte mich immer französisch empfohlen.
Dann gibt es Tusch und ein Gloria,
Und ich fühl’ an der Wärme, mein Liebchen ist da.