Rien ne va plus. Katalin Sturm
und beobachtete ihre Reaktion. Sie hatte sich wirklich gut in der Gewalt. Aber ich spielte gern.
»Wenn es dir unangenehm ist, musst du es sagen«, warf ich in normalem Plauderton hin. Sie errötete leicht. Das »Du« hatte ich ihr kurz zuvor angeboten, und sie war einverstanden gewesen. Eine Frau, die in diesem Alter noch errötete. Interessant. Ich legte meine Hand wieder auf den Tisch und berührte ihre. Sie hatte schöne schlanke Hände, und auch heute trug sie keinen Ring. Ich dachte an all die Frauenhände, mit Nägeln, lackiert und unlackiert, rundgefeilt oder spitz wie Krallen, die sich auf dem grünen Filz des Tisches bewegten wie Spinnenbeine und über das Alter der Frau Auskunft gaben. Dicke Wurstfinger, mit protzigen Goldreifen und riesigen Klunkern geschmückt, von Altersflecken übersäte Handrücken, doch nur selten Hände wie Claudias. Hände, die nicht durch knotige Gelenke entstellt, durch Arthritis gekrümmt waren.
Claudias Fingernägel waren nicht allzu lang, aber perfekt gepflegt und mit einem farblosen Lack überzogen, der leicht rosig schimmerte. Ich hatte Mühe, mir diese Hände nicht auf meiner Haut vorzustellen. Immer wieder drifteten meine Gedanken in diese Richtung ab. Wie sie wohl in halterlosen Nylons aussehen würde? Oder in Netzstrümpfen? Bei diesen langen Beinen sicher atemberaubend! Ich muss gestehen, dass ich ein Fußfetischist bin. Ich liebe schön geformte Frauenfüße, ich küsse sie gern – mit und ohne Nylons – und sauge an den Zehen. Bei dem Gedanken, dass mir Claudias Füße in schwarzen Strümpfen meinen Schwanz massierten, wurde ich schon wieder ganz hart.
Die zwei Stunden gingen viel zu schnell vorbei, und ich brachte sie zu ihrem Auto, das in einer Tiefgarage stand.
»Sehen wir uns wieder?«, fragte ich sie und hielt ihre Hände fest.
»Willst du denn?«, fragte sie zurück. Statt einer Antwort zog ich sie zu mir heran und küsste sie auf den Mund. Ihre Lippen waren genauso, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Weich und süß. Sie schmeckte gut. Sie schmeckte nach mehr. Wir knutschten wie zwei Teenager und meine Erektion schmerzte. Es schien ihr genauso zu gefallen wie mir; sie war durchaus nicht schüchtern, sondern legte schnell ihre anfängliche Zurückhaltung ab. Es schien ihr auch egal zu sein, ob uns jemand sah.
»Lass uns ins Auto gehen!«, schlug ich vor.
Als ich endlich neben ihr auf dem Beifahrersitz ihres Autos saß, ließ ich meine Hand auf ihrem Bein höher wandern. Leider trug sie eine Strumpfhose, was mein Vorgehen erschwerte. Doch ich fühlte durch den Stoff hindurch die Form ihrer Möse, und nachdem ich sie eine Weile gestreichelt hatte, durchdrang ihre Feuchtigkeit die dünnen Stoffschichten. Während ich sie bearbeitete, übte sie mit ihrer Hand Druck auf mein steifes Glied aus. Ich stand kurz vor der Explosion.
Leider musste ich mich losreißen, ich wäre sonst zu spät zum Dienst gekommen.
»Du riechst gut«, sagte ich, nachdem ich an meinen Fingern geschnuppert hatte. Sie wurde wieder rot. »Ich hoffe, wir können das fortsetzen«, sagte ich. »Ich will auch wissen, wie du schmeckst.«
Sie blieb mir eine Antwort schuldig.
Bevor ich meinen Dienst antreten konnte, musste ich mir auf dem Klo Erleichterung verschaffen. Dabei hatte ich die langen Beine Claudias vor Augen, die sich öffneten und mir unbeschreibliche Wonnen bescherten.
Ich musste diese Frau haben!
Tagebuch Claudia
Unsere Fummeleien im Dunkel der Tiefgarage, das hatte schon was. Irgendwie pubertär. So heimlich, so verschämt. Und dann immer die Angst, jemand könnte kommen und unser Spiel sehen. Das erinnert mich an meine Träume, in denen ich genau solche Situationen erlebt habe. Sex in der Öffentlichkeit, die Angst vorm Entdeckt-werden.
Seine Küsse waren zärtlich und fordernd zugleich. Seine Hände kräftig zupackend. Jetzt, da ich hier sitze und schreibe, stelle ich mir vor, wie sie mich an allen Stellen meines Körpers berühren, ins Zentrum meiner Lust vorstoßen und mich endlich wieder auf einen Gipfel hinauftreiben, auf dem ich schon so lange nicht mehr gestanden habe.
Wenige Stunden später hatte ich auf WhatsApp eine Nachricht von ihm: »Danke für die schönen Stunden. Ich will mehr von dir! Beim Gedanken an deine Lippen, deinen Duft, wird mir gerade meine Hose wieder zu eng.«
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Ich weiß noch immer nicht, wohin dieser Weg führen wird, wenn ich mich entschließe, ihn zu gehen. Aber eins weiß ich: Ich will diesen Mann wiedersehen. Nicht nur an seinem Arbeitsplatz, an dem ich ihn gestern überraschte.
Zunächst beschäftigte mich die Frage, was ich anziehen sollte. Die Menschen, die ins Casino gingen, waren sicherlich sehr festlich angezogen. Da musste ich mithalten. Schließlich wollte ich, dass er mich im besten Licht sieht. In meinem Kleiderschrank befand sich, geschützt von einer Plastikhülle, ein schwarzes Paillettenkleid, das ich mir vor Jahren einmal für einen Opernbesuch geleistet hatte. Seitdem hatte ich es nicht wieder getragen. Ob ich überhaupt noch hineinpasste?
Der Stoff war dehnbar, und so schmiegte er sich um meine Brüste, die ich mit einem Push-Up betonte und endete zwei Handbreit über meinem Knie. War das nicht zu kurz? Nein, entschied ich, und suchte meine höchsten Absatzschuhe heraus. Dass meine Beine immer noch – zumindest in blickdichten Strumpfhosen – ansehnlich waren, wusste ich.
Die Haare föhnte ich über eine große Rundbürste, so dass sie mir weich auf die Schultern fielen. Ein bisschen Make-Up – der Lippenstift durfte diesmal auch ein wenig auffälliger sein – und zum Schluss noch mein neues Parfüm hinter die Ohren gespritzt. Als ich mich im großen Innenspiegel des Kleiderschranks betrachtete, war ich zufrieden. Man sah mir meine fünfzig Lenze nicht an. Wie alt Sascha wohl ist? Ich werde ihn bitten, mir sein Alter nicht zu verraten. Ich will nicht wissen, dass er zehn Jahre oder noch mehr jünger ist als ich. Das würde mich nur verunsichern.
Wieviel Geld wollte ich umtauschen? Wieviel war ich bereit, notfalls zu verlieren? Ich setzte mir ein Limit von hundert Euro.
Im hiesigen Casino war ich noch nie. Ich bin zwar oft im Kurpark und gehe dann auch meist am Casino und am Kaiserbrunnen vorbei, ohne es jedoch groß zu beachten. Ohnehin ist das gelbe Gebäude mit den Rundbogenfenstern und dem goldenen Gitter um den Anbau eher unspektakulär. Nicht zu vergleichen mit dem in Baden-Baden, das die Säulen des Kurhauses nebenan aufnimmt und wo ich einmal mit Kollegen zum Spielen war.
Ich parkte im zugehörigen Parkhaus, damit ich bequem mit meinen hohen Absätzen in den Casinobereich kam.
Wie in Baden-Baden musste ich meinen Ausweis vorzeigen; der Mitarbeiter trug etwas in seinen PC ein. Dann gab ich meinen Mantel an der Garderobe ab. Ein Angestellter hielt mir die linke Seite der doppelflügeligen Tür auf, und ich stand bereits im nicht allzu großen Spielsaal. Links standen drei Roulettetische, an zweien wurde gespielt, rechts zwei, wovon einer besetzt war. Hauptsächlich Männer liefen zwischen den Tischen hin und her, setzten mal hier und mal dort. Ich stand unschlüssig herum und fühlte mich nicht wohl. Deshalb ging ich erstmal aufs Klo. Ich durchquerte den Spielsaal, kam durch einen kleinen Raum, in dem ebenfalls Spieltische standen, wie es aussah Black-Jack und Poker, linkerhand schien die Bar zu sein, und bevor es durch eine weitere Glastür ging, sah ich die abwärts zu den Toiletten führende Treppe.
Ich ging die Marmorstufen hinunter und öffnete die Tür, auf der eine Frauenfigur aus Messing angebracht war. Der Vorraum der Toiletten war mit roten Lederhockern ausgestattet und in der Luft hing der Geruch eines Sprühduftes.
Die Kassen waren hinter der Bar vor dem Zugang zum Automatenspiel. Ich wechselte einen Hunderteuroschein. Vor mir standen zwei alte Männer, von denen der eine zweitausend Euro wechselte, der andere zweihundertfünfzig. Ich kam mir fast ein wenig schäbig vor mit meinem Hunderter. Aber der Mann, der hinter der Kasse stand, war nett und versuchte sogar, ein wenig mit mir zu flirten. Das meiste wechselte ich in Zwei-Euro-Jetons, das war die kleinste Einheit.