Colours of Life 2: Rosengrau. Anna Lane

Colours of Life 2: Rosengrau - Anna Lane


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Art, mir das zu zeigen.« Wut steigt aus meiner Seele empor und sickert wie Gift in alle Fasern meines Körpers, setzt sich fest in meinen Atemzügen. Da ist sie – die Rage, auf die ich so lange gewartet habe. »Ich war hier«, beginne ich. Cam erwidert nichts, und ich betone jedes einzelne Wort »und habe gewartet. Tage. Wochen. Aber du hast dich nie blicken lassen. Und wenn du da warst, warst du verdammt nochmal damit beschäftigt, wieder zu verschwinden!«

      Die letzten Worte kommen lauter als erwartet, Tränen tropfen von meinen Augen auf meine Wangen. Ich versuche nicht einmal mehr, sie zurückzuhalten. Was als fragile Romanze in den tödlichen Wäldern Englands begonnen hat, scheint nun eher eine morsche Brücke zu sein, von der man nicht weiß, ob sie das eigene Gewicht tragen kann.

      »Es tut mir leid.« Cam sieht mich an, sein Blick ehrlich, genau wie seine Stimme. Jetzt, jetzt bedauert er plötzlich? Darauf kann ich verzichten. Für einen Moment überlege ich ernsthaft, ihm den feuchten Spülschwamm ins Gesicht zu werfen. Doch als dieser Augenblick vorbei ist, verlässt mich plötzlich alle Kraft.

      »Du hast mich alleingelassen. Mich ignoriert.« So laut meine Stimme vorher war, so leise ist sie jetzt. Ich zittere am ganzen Körper, und mein Herz ist so schwer. Ich habe Angst, dass es aus meiner Brust auf den Boden sackt. Wo es hingehört. Damit er weiter darauf herumtrampeln kann.

      »Crys.« Cam tritt einen Schritt näher, bis wir nur noch eine halbe Armlänge voneinander entfernt sind. Mit einer sanften Geste streicht er mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Ich will seine Hand wegschlagen, doch die Erschöpfung paralysiert mich.

      »Ich soll mich von dir fernzuhalten. Carter hatte Angst, du könntest mich ablenken. Das war ein Befehl, aber …« Er schüttelt den Kopf, dann kommt er noch einen Schritt näher. Sein vertrauter Duft steigt mir in die Nase, und ich kann seine Wärme spüren.

      »Was aber?«, krächze ich und sehe nach oben. Täusche ich mich? Ich denke, dass ich tatsächlich das Aufblitzen eines Sterns in seinen Augen erkannt habe.

      »Aber ich bin ungehorsam. Nein, lass es mich so ausdrücken: Ich kann und werde diesen Befehl nicht mehr befolgen.«

      Ich nicke, und langsam streckt er die Arme aus, sein Blick ist fragend, als würde er auf meine Erlaubnis warten. Ich weiche seinem Blick nicht aus, und Cam schließt mich in seine Arme, doch ich kann ihn nicht zurück umarmen. Starr stehe ich da, während er sein Kinn an meine Stirn lehnt und mir sanft über den Rücken streicht.

      Ich erinnere mich an das Gespräch, das ich belauscht habe, und an genau diese Momente auf der Flucht, in denen mich Cam in seinen Armen hielt. Die Gefühle, die ich hatte. Entfernt ähneln sie jenen, die sich gerade in meinem Innersten einen erbitterten Krieg liefern. Doch ich bin nicht mehr dieselbe. Und ich weiß nicht, ob ich Cam noch vertrauen kann.

      »Hättest du Lust, heute Abend auszugehen? Ohne jegliche Erinnerungen und Vorgeschichten. Nur du und ein Typ, der ein wunderschönes Mädchen ausführen darf?«

      »Carter hat gesagt, wir dürfen nicht raus.«

      »Heute Abend ist er im Trainingscenter. Außerdem bist du mit mir unterwegs. Dir wird also nichts passieren.«

      Die Spannung weicht aus meinem Körper, ich trete zurück, Cameron lässt mich. »Willst du das wirklich?«, frage ich ihn, dabei weiß ich nicht mal, ob ich das eigentlich will. Ich kann nicht einfach von wütend zu gekränkt wechseln und dann zu ruhig. Unmöglich. Ich sollte ihn anschreien, ihm bestenfalls eine reinhauen.

      »Ja, wirklich. Und du?«

      Ich atme ein, die Wut und die Anspannung nur mehr ein lockerer Knoten in meinem Bauch. Ich antworte nicht.

      »Natürlich, wenn du nicht möchtest …« Cams Kiefer arbeitet.

      Ehe ich die Kraft dazu aufbringen kann, ihm den Korb zu geben, den er verdient hätte, stürzen die Worte, die der noch immer verliebte Teil in mir geformt hat, aus mir heraus. »Ich will Zeit mit dir verbringen. Immer.«

      Ein Lächeln legt sich auf Cams Lippen. »Gut. Dann um neun.« Als er mit einem neckischen Zwinkern durch die Tür verschwindet, wandern meine Finger zu meinen Lippen. Manchmal spüre ich seine Küsse noch. Und wenn ich ehrlich bin, will ich nicht, dass dieses Gefühl nur in meiner Erinnerung existiert.

      Neptune

      »Das nennt ihr Musik?«, schimpfe ich mit dem Fernseher und zappe missmutig durch das Abendprogramm. Vorhersehbar wie immer. Ich rolle mich auf den Rücken und hänge mit dem Kopf nach unten über die Bettkante, als es an der Tür klopft.

      »Jaaaa?«, frage ich gedehnt und schalte auf den nächsten Sender. Wen zur Hölle interessiert ein Fahrrad fahrender Wellensittich? Oder aktuelle Kriegsmeldungen? Mann, die zerstören echt meine Vibes.

      »Sebastian?« Crys steckt den Kopf zur Tür herein, ihre feuchten Haare kringeln sich, und die Wangen sind gerötet.

      »Was gibt’s?«, frage ich und rolle mich auf den Bauch.

      Sie seufzt und öffnet die Tür einen Spalt weiter. Meine Augenbrauen heben sich vor Verwunderung, als sie eintritt und die Tür hinter sich schließt.

      »Du musst mir da bei etwas helfen.«

      »Wieso hast du das an?«, frage ich und deute auf das taubenblaue Kleid, das bis zur Mitte ihrer Oberschenkel reicht.

      Sie kommt ans Bett und setzt sich neben mich. Sind ihre Lider geschwollen? Ich rolle mit den Augen. Cam. Der Typ hat doch keine Ahnung, was er bei ihr anrichtet.

      »Cam will mit mir ausgehen.«

      »Hört, hört«, sage ich und setze mich in den Schneidersitz. Mein untrainierter Bauch – ich bin ein Rockstar, ein Sixpack brauchen nur Sportler – wirft kleine Röllchen. »Und das hat genau … was mit mir zu tun?«

      Crys legt zwei Stifte auf die Bettdecke und schiebt sie mit dem Finger zu mir. »Du könntest mir zeigen, wie man das benutzt.«

      Ich blinzle. »Du weißt nicht, wie man einen Lidstrich zieht?« Vor Empörung reiße ich meine Augen weit auf.

      Jetzt kommt wieder die sarkastische Crys zum Vorschein, die ich viel weniger mag als die normale Crys. »Wann hätte ich das deiner Meinung nach lernen sollen?«

      »Keine Ahnung? Spätestens bei deinem ersten Date hättest du dich mal mit dem Thema Wie-mache-ich-mich-selbst-ansehnlich-genug-für-das-andere-Geschlecht auseinandersetzen können.«

      Sie zuckt mit den Schultern, in dem seidigen Stoff zeichnet sich ihre Figur nur leicht ab, doch das Kleid steht ihr wahnsinnig gut. Natürlich, das habe auch ich ausgesucht. »Mache ich doch gerade.«

      Diese Information braucht einen Moment, bis sie ganz durchdringt. »Sag mir jetzt bitte nicht, dass du noch kein einziges Date hattest.«

      Ihre Wangen röten sich und sie wirft die Hände in die Höhe.

      »Hat es keinen Michael Stanley oder James Wolford gegeben, einfach einen netten Jungen von nebenan, den du beeindrucken wolltest? Dessen Namen du in deine Schulbücher gekritzelt hast? Den du später mal heiraten wolltest und dir dann anschließend vorgestellt hast, wie ihr …«

      »Nein«, seufzt sie noch einmal nachdrücklich.

      Ich höre auf zu quasseln und gebe mich mit dieser wahrlich schockierenden Erkenntnis zufrieden. »Gut. Ich werde dich schminken. Doch als Gegenleistung« – an dieser Stelle ernte ich einen Seufzer – »wirst du eine Woche lang kochen. Statt mir.«

      »Einverstanden. Und jetzt mach schon, wir haben nur eine halbe Stunde. Du hast mir diese Stifte eingeredet, jetzt kannst du mir auch zeigen, wie man sie benutzt.« Sie hält einen dieser Stifte in die Höhe und dreht ihn zwischen ihren Fingern.

      »Das ist Wimperntusche. Das tuscht man auf die Wimpern und kommt als letztes«, erkläre ich wie ein Visagist und rücke ein wenig näher an sie heran, lege meine Finger unter ihr Kinn, damit sie den Kopf ein bisschen hebt.

      Es wäre eindeutig Make-up vonnöten, die dunklen Schatten unter ihren Augen lassen sie unendlich müde aussehen. Dennoch, ich tue mein Bestes und beginne


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