Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон

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in schönem Lichte erscheinen; andererseits erleichtert sie Unglück und Mißgeschick durch Theilnahme und Mitgefühl; b) während alle anderen äußeren Güter nur einzelnen Zwecken dienen, verbreitet sich die Freundschaft über die meisten Lebensverhältnisse und ist immer angenehm und nothwendig (Kap. VI.); c) die Freundschaft erfüllt uns auch für die Zukunft mit freudiger Hoffnung und läßt den Muth nicht sinken (VII, 23); indem Lälius von dem engeren Begriffe der Freundschaft zu dem allgemeineren des Wohlwollens (zu der politischen Freundschaft) übergeht, führt er als Vortheil derselben die Eintracht der Staaten an (Kap. VII, 24.).

      B. Zweiter Theil: über den Grund der Freundschaft. Der Grund wahrer Freundschaft ist die auf Tugend beruhende Liebe, nicht die Hülfsbedürftigkeit. Dieser unmittelbare Trieb der Natur zeigt sich schon bei den Thieren, aber ungleich deutlicher bei den Menschen, und zwar zuerst in der Liebe zwischen Aeltern und Kindern, sodann in der Liebe zu einem uns geistig und sittlich verwandten Menschen, in dem wir ein Vorbild der Rechtschaffenheit und Tugend zu erkennen glauben. Denn die Tugend übt den mächtigsten Einfluß auf unser Gemüth (Kap. VIII.). Wird diese auf Tugend beruhende Liebe durch gegenseitige Dienstleistungen, durch persönliche Zuneigung und durch näheren Umgang befestigt; so erreicht sie ihre wahre Vollkommenheit. – Widerlegung der Ansicht, daß die Freundschaft ihren Ursprung in der Hülfsbedürftigkeit habe. – Liegt der Grund der Freundschaft in der Natur (d. h. in der höchsten Vernunft), so ist die Freundschaft ewig, da die Natur unwandelbar ist (Kap. IX.).

      C. Dritter Theil: die Pflichten der Freundschaft, und zwar zuerst der edlen Freundschaft. Vorerst werden vom Standpunkte des praktischen Lebens aus, namentlich des Römischen Staatslebens, die Gefahren aufgezählt, die den Bestand der Freundschaft bedrohen: a) die Verschiedenheit der Vortheile oder der politischen Ansichten; b) Aenderung des Charakters in Folge widriger Ereignisse oder in Folge des vorrückenden Alters; c) Zumuthungen von Dingen, die der Tugend und Sittlichkeit widerstreben (Kap. X.).

      Indem sich nun Lälius zunächst gegen den letzten Punkt wendet, wirft er die Frage auf: » Wie weit darf die Liebe in der Freundschaft gehen?« und beantwortet sie auf folgende Weise: a) Wir dürfen weder von dem Freunde etwas Unsittliches verlangen, noch dem Freunde gewähren. Denn der Grund der Freundschaft muß die Tugend sein; wird man also der Tugend abtrünnig, so kann die Freundschaft nicht fortbestehen. Das Unsittliche wird insbesondere im Sinne des Römischen Staatsmannes als das dem Staate Nachtheilige aufgefaßt. Ist aber ein Gutgesinnter ohne sein Wissen der Freund eines Mannes geworden, der feindselige Gesinnungen gegen sein Vaterland hegt, so ist es Pflicht eine solche Freundschaft sofort wieder aufzulösen (Kap. XI, XII.). b) Wenn also als erstes Gesetz der Freundschaft gilt, daß wir von Freunden nur Sittlichgutes erbitten und um der Freunde willen nur Sittlichgutes thun; so ist es unsere Pflicht auch unaufgefordert im Sinne der Tugend dem Freunde Dienste zu leisten und ihm mit Rath und That zur Seite zu stehen, sowie auch dessen wohlmeinenden Ermahnungen Folge zu leisten. Widerlegung derjenigen Ansichten der Epikureer und Cyrenaiker, welche dem Begriffe einer auf sittlichem Boden beruhenden, opferungsfähigen Freundschaft widerstreben. Unverträglich mit der Freundschaft ist auch das Leben eines Gewaltherrschers, sowie auch die Gesinnung der nach Macht und äußerer Ehre Strebenden (XIII–XV). c) Genauere Bestimmung der obigen Frage, d. h. der Gränzen der Liebe. Nach Verwerfung der gewöhnlich über dieselben aufgestellten egoistischen Ansichten (Kap. XVI.), wird die Bestimmung getroffen: zwischen sittlichguten Freunden muß die Gemeinschaft aller Angelegenheiten, Entwürfe und Wünsche ohne irgend eine Ausnahme stattfinden; selbst minder gerechte Wünsche der Freunde müssen in gefährlichen Lagen derselben von uns insoweit unterstützt werden, als wir uns dadurch nicht selbst allzu sehr erniedrigen (XVII, 61).

      In Beziehung auf die zweite den Bestand der Freundschaft bedrohende Gefahr, die sich auf den Charakter der Freunde bezieht, wird die Frage über den Charakter der Freunde behandelt. Die Sorglosigkeit der Menschen bei der Wahl der Freunde ist häufig der Grund zur Auflösung der Freundschaft. Die Eigenschaften des Freundes, die ein dauerndes Verhältniß begründen, sind folgende: Charakterfestigkeit, Treue und die mit dieser zusammenhängenden Eigenschaften: Aufrichtigkeit, Umgänglichkeit, Gleichheit der Gesinnung. Zu diesen Eigenschaften muß aber auch eine gewisse Liebenswürdigkeit des Wesens als Würze der Freundschaft hinzutreten (XVII. 62–64; XVIII). Hieran wird die Frage gereiht: Wie haben wir uns bei der Aufnahme neuer Freunde zu verhalten? und so beantwortet: die durch die Länge der Zeit bewährten Freundschaften müssen uns die theuersten sein, die neuen aber sind, wenn sie zu schönen Hoffnungen berechtigen, nicht zu verschmähen (Kap. XIX, 67. 68). – Wie muß aber das Verhältniß zwischen ungleichen Freunden sein? Bei Ungleichheit der Freunde muß Gleichheit hergestellt werden, indem es für die Höherstehenden Pflicht ist sich zu den Niedrigeren herabzulassen und sich ihnen gleichzustellen, für diese dagegen sich moralisch zu erheben und über die Vorzüge jener nicht verdrießlich zu werden (XX, 71–73). – Schließlich werden zwei aus dem Gesagten sich ergebende Bemerkungen hinzugefügt: a) die Freundschaft kann nur unter Männern bestehen, in denen der Charakter zur Reife gediehen ist; b) man soll sich hüten, daß nicht übertriebenes Wohlwollen wesentlichen Vortheilen der Freundschaft hinderlich sei (XX. 74. 75).

      D. Die Pflichten der gewöhnlichen Freundschaft. a) Wenn an den Freunden Fehler hervorbrechen, die sich gegen ihre eigenen Freunde oder gegen Fremde, deren Schimpf auf die Freunde zurückfällt, äußern; so ist es Pflicht solche Freundschaften aufzulösen; – b) Ist eine Veränderung in dem Charakter und den Neigungen oder eine Mißhelligkeit unter den Parteien des Staates eingetreten, so muß man sich hüten, daß es nicht scheine, als ob man nicht allein die Freundschaft aufgegeben, sondern sogar Feindschaft begonnen habe. – c) Besonders muß man sich hüten, daß sich nicht Freundschaften in Feindschaften umwandeln. – Zur Vermeidung der angegebenen Fehler ist Vorsicht in der Wahl der Freunde nothwendig. Würdig der Wahl sind nur diejenigen, in welchen selbst der Grund liegt, warum man sie liebe. Nicht des Vortheiles wegen, sondern um ihrer selbst willen ist die Freundschaft wünschenswerth (XXI.). – d) Man darf vom Freunde nicht verlangen, was man selbst nicht sein und leisten kann. Sei zuerst selbst gut, sodann suche einen dir Aehnlichen; beherrsche also die Begierden, denen Andere fröhnen; habe Freude an Billigkeit und Gerechtigkeit; sei bereit für deinen Freund Alles zu übernehmen; verlange von ihm nur, was sittlichgut ist; die Freunde sollen sich nicht allein ehren und lieben, sondern auch Hochachtung vor einander hegen. Die Freundschaft ist dem Menschen von der Natur nicht als Gefährtin zum Laster, sondern als Gehülfin der Tugend gegeben. Die Tugend in Gemeinschaft mit der Freundschaft ist fähig das höchste Ziel zu erreichen, das heißt die auf Vernünftigkeit und Sittlichkeit beruhende Glückseligkeit. Darum müssen wir uns der Tugend befleißigen, ohne die weder Freundschaft noch irgend ein wünschenswerthes Gut erreicht werden kann (Kap. XXII.). Die Sorglosigkeit aber, mit der häufig Freundschaften geknüpft und gelöst werden, ist um so tadelnswerther, als der Nutzen der Freundschaft unter den menschlichen Dingen einstimmig anerkannt wird, indem Alle urtheilen, ohne Freundschaft sei das Leben kein Leben, wenn man nur einigermaßen mit Anstand leben wolle. Denn sie erstreckt sich über alles Leben und alle Lebensverhältnisse (Kap. XXIII.). Am Schlusse werden noch einige Vorschriften für die Erhaltung der Freundschaft hinzugefügt: Vermeide oder beseitige oder ertrage Veranlassungen zu Mißtrauen und Beleidigungen; mußt du den Freund zurechtweisen oder tadeln, so thue es ohne Bitterkeit und ohne Beschimpfung; den wohlwollenden Tadel des Freundes nimm freundlich auf; vor Allem hüte dich vor Schmeichelei und Liebedienerei. Bemerkungen über den Grund des Wohlgefallens an Schmeicheleien und über die selbst für gesinnungsvolle Männer nöthige Vorsicht sich nicht durch schlaue Schmeichelei berücken zu lassen (Kap. XXIV–XXVI.).

      III. Schluß. Kurze Wiederholung des Grundgedankens der Abhandlung: der Grund der wahren Freundschaft ist die Tugend, welche die Freundschaften schließt und erhält. Denn auf ihr beruht die Uebereinstimmung in allen Dingen, die Beharrlichkeit und Charakterfestigkeit. Das schöne Bild der edlen Freundschaft, in welcher Lälius und Scipio gelebt haben, und deren Erinnerung auch nach Scipio's Tode Lälius' Gemüth mit Dank und erhebenden Empfindungen erfüllt hat, bildet einen würdigen Schluß des ganzen Gespräches (Kap. XXVII.).

       Inhaltsverzeichnis


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