Craving Rose. Nicole Jacquelyn

Craving Rose - Nicole Jacquelyn


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jemals wieder aus diesem Keller herauszukommen.

      „Es muss dir nicht leidtun“, sagte er schmerzerfüllt und zerrte an dem Klebeband, mit dem seine Arme an die Stuhllehnen gefesselt waren. „Ich hasse, dass ich dich nicht halten kann.“

      „Glaubst du, dass sie kommen?“, flüsterte ich und suchte seinen Blick. „Warum sind sie noch nicht hier?“

      „Ich weiß es nicht“, sagte er seufzend und zuckte zusammen, als er auf dem Stuhl herumrückte. Seine Hand sah wie rohes Hackfleisch aus, und die Vorderseite seines Shirts war steif vor getrocknetem Blut. Ich konnte nicht sehen, wo sie ihn geschnitten hatten, aber es musste schlimm sein, wenn er so stark geblutet hatte. Ich biss mir in die Innenseite der Wange, weil Hysterie in mir aufstieg. „Casper und Hulk sind unten im Süden“, sagte er so leise, dass ich es von seinen Lippen lesen musste. „Vielleicht warten sie auf Verstärkung.“

      „Das ergibt keinen Sinn“, schnaufte ich. „Ihnen fehlen nur zwei Männer. Das ist nichts.“

      Er sah mich mit sanftem Blick an. „Wir wissen nicht, was das hier ist, Rose“, murmelte er. „Diese Irren könnten Teil von etwas viel Größerem sein, was wir von diesem verdammten Keller aus nicht erkennen.“

      „Ich kann hier nicht mehr einfach so rumsitzen“, sagte ich, und mein Unglück verwandelte sich in Frustration. „Ich kann nicht zusehen, wie sie dir wehtun.“

      „Das wirst du“, sagte er fest.

      „Nein.“ Ich schüttelte wild den Kopf. „Ich kann nicht.“

      „Du wirst.“

      „Ich sage ihnen, wer ich …“

      „Ich schwöre bei Gott“, unterbrach er mich zischend und stemmte sich so heftig gegen seine Fesseln, dass seine Hände purpurn anliefen. „Du sagst kein verdammtes Wort. Nicht ein einziges verfluchtes Wort, Rose.“

      „Aber vielleicht …“

      „Ich sterbe lieber, als zuzulassen, dass sie dich anrühren“, sagte er, und sein Gesicht wurde völlig ausdruckslos. „Hast du mich verstanden? Ist es das, was du willst?“

      „Sag so etwas nicht.“

      „Ich werde alles tun, was nötig ist, damit du sicher bist“, brachte er hervor. „Einfach alles.“

      „Du würdest mich mit ihnen allein lassen?“, fragte ich, und mein Herzschlag dröhnte mir in den Ohren.

      „Ich würde die Arschgesichter mitnehmen“, antwortete er ausdruckslos. „Einer von uns muss hier rauskommen. Und wenn ich wählen muss, bist es du.“

      Ich schloss die Augen ganz fest und erschauderte. Alles in mir wurde still.

      „Sie braucht dich.“

      „Sie braucht eine Mutter“, antwortete er rau.

      „Es ist nur eine Frage der Zeit“, flüsterte ich und sprach damit aus, was wir beide seit Tagen dachten. „Du weißt, dass es kommt.“ Ich öffnete die Augen und starrte in seine. „Es ist egal, ob ich den Mund halte oder nicht.“

      Sein Kopf fiel zurück, als er niedergeschlagen auf dem Stuhl zusammensank. Wir wussten beide, dass sie irgendwann genug davon haben würden, zu versuchen, Informationen von ihm zu bekommen. Und dann würden sie begreifen, dass ich ein viel besseres Ziel war.

      Ich starrte auf seinen Hals und erinnerte mich an die vielen Male, als ich Küsse darauf verteilt hatte. Ich war keine sonderlich anschmiegsame Frau, war es nie gewesen, aber bei ihm schien ich mich nicht zurückhalten zu können. Ich wollte ihn ständig berühren. Ich hatte Stunden damit verbracht, Muster auf jedes Stückchen seiner Haut zu küssen, das ich erreichen konnte. Ich fuhr mit den Fingerspitzen über seine Wimpern, wenn er schlief und rieb die Nase an der weichen Haut seines Ohrs, wenn wir zusammen im Bett lagen.

      „Steh auf“, sagte er plötzlich und sah zum Türeingang hinüber.

      „Was?“, flüsterte ich verwirrt.

      „Hoch, Baby. Und sei leise, ja?“

      Ich starrte ihn verständnislos an, kam aber trotzdem unbeholfen auf die Füße, wobei ich mich mit den hinter dem Rücken zusammengeklebten Händen an der Wand abstützte.

      „Wie viel Spiel hast du um die Fußknöchel herum?“, fragte er leise und beobachtete, wie ich die Füße ein wenig hin und her schob.

      „Nicht viel“, flüsterte ich. Ich wollte mich auf ihn zu bewegen, erstarrte aber, als er den Kopf schüttelte.

      „Der Billardtisch“, sagte er und wies mit dem Kopf darauf. „So leise du kannst, Baby.“

      Ich sah hinüber und mir drehte sich der Magen um, als ich begriff, was ich tun sollte. Auf der Tischkante lag die blutige Gartenschere, die der Entführer dort hingeworfen hatte, bevor er ging. Das war keine Zange. Ich drängte das Erbrochene zurück, das in meiner Kehle aufzusteigen drohte. Es war eine schwere, gebogene Schere.

      Ich hielt den Atem an, schob die Füße nacheinander zentimeterweise voran und bemühte mich, nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Als ich selbstsicherer wurde, bewegte ich mich etwas schneller. Und da stolperte ich und fiel hart auf die Knie. Ich unterdrückte ein Stöhnen und atmete keuchend, bis der Schmerz nachließ.

      Ich schaukelte ein paar Mal vor und zurück und versuchte, genug Schwung zu bekommen, um wieder aufzustehen. Aber es hatte keinen Sinn. Ich weigerte mich jedoch, aufzugeben und schob mich auf Knien voran. Ich war froh, dass er schwieg, während ich mich schnaufend abmühte. Ein kleines, ermutigendes Wort, und ich wäre komplett durchgedreht.

      Ich brauchte Ewigkeiten, bis ich den Tisch erreichte, und als ich da war, ließ ich den Kopf gegen das breite Bein sinken. Dann drehte ich mich auf die Hüfte und nutzte jedes Quäntchen Energie, das ich noch hatte, um mich an den Tisch zu klammern und hochzuziehen.

      Ich starrte entsetzt auf die Haut und das Blut, die die Schere bedeckten.

      Wie sollte ich sie hochheben?

      Oben polterte etwas, und ich fuhr zusammen.

      „Dreh dich um und lehn dich mit dem Hintern gegen den Tisch“, erklangen ruhige Worte hinter mir. „Dann fass nach hinten und schnapp sie dir.“

      Ich nickte, straffte die Schultern und wandte den Blick von dem Blut ab, bevor ich tat, was er gesagt hatte. Die Schere war glitschig, und ich ließ sie fast fallen, als ich vom Tisch wegtrat.

      „Was jetzt?“, fragte ich mit rasendem Herzschlag.

      „Komm zu mir.“

      Ich sackte vor Erleichterung zusammen. Ich hatte ihn so lange nicht mehr berührt, und die drei Meter zwischen seinem Stuhl und meinem Platz an der Wand schienen immer mehr zu werden, je länger wir voneinander getrennt waren. Ich hasste ihn ein bisschen dafür, dass er mich gezwungen hatte, zu bleiben, wohin sie mich geschoben hatten. Aber ich liebte ihn auch dafür. Er war so entschlossen, mich zu beschützen, dass er mich nicht das Risiko eingehen ließ, da erwischt zu werden, wo ich nicht sein sollte, auch wenn wir beide darunter gelitten hätten.

      Vorsichtig, um nicht zu stolpern, schob ich mich auf ihn zu. Ich ließ mir den Moment nicht dadurch verderben, wie viel schlimmer seine Verletzungen aus der Nähe aussahen, denn ich hatte schon befürchtet, in diesem Keller zu sterben, ohne ihn noch einmal berühren zu dürfen.

      „Mein Liebster“, flüsterte ich tränenblind. Die Worte erklangen leise zwischen uns, als ich mich zu ihm herabbeugte. Ich benutzte diese Worte nur in den dunkelsten, stillsten Stunden der Nacht. Die Empfindung war zu intim und zerbrechlich, um damit gedankenlos um sich zu werfen. Sein Blick wurde sanfter, wie es dann immer der Fall war.

      „Dir vollkommen verfallen“, erwiderte er und beugte den Kopf zurück, damit sich unsere Lippen treffen konnten.

      Alles um uns herum verschwand für diesen kurzen Moment, und ich spürte, wie Hoffnung in meiner Brust aufkeimte. Vielleicht kamen wir hier raus. Vielleicht, nur vielleicht, konnten wir diesen Albtraum hinter uns lassen.


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