Evolution ohne uns. Jay Tuck
Kinder und Container
ABWEHR – David gegen Googliath
Der Gangster und die Menschenrechte
INTELLIGENZ – Wenn Maschinen uns überholen
Das Gleichgewicht des Schreckens
Gewissen in der Grundforschung
EINLEITUNG
„Künstliche Intelligenz kann die großartigste Errungenschaft der Menschheit werden. Bedauerlicherweise kann sie auch die letzte sein.“
Stephen Hawking, Astrophysiker
Wir sind zu doof dafür.
Und deswegen werden wir die Bedrohung durch Künstliche Intelligenz wahrscheinlich erst erkennen, wenn es zu spät ist. Künstliche Intelligenz wächst nämlich mit exponentieller Geschwindigkeit. Ein menschliches Hirn kann exponentielles Wachstum nicht begreifen. Nicht wirklich. Lineares Wachstum, also x Prozent im Jahr, können wir nachvollziehen. Aber Größen, die sich ständig vervielfachen, sind schnell jenseits unserer kognitiven Vorstellungskraft.
Exponentielles Wachstum kennt man in der Mathematik. So wollte Sissa ibn Dahir, Erfinder des Schachspiels, wissen, wie viel Reis auf ein Schachbrett passt, wenn man die Zahl der Körner mit jedem Feld verdoppelt. Auf das erste Feld sollte ein Korn gelegt werden, auf das zweite Feld zwei Körner, dann vier, dann acht und bis zum 64. Feld immer wieder das Doppelte.
Auf dem letzten Feld, so sein Rechenexempel, würden 9,22 x 1018 Körner liegen – mehr als 9 Trillionen Körner (9.220.000.000.000.000.000) mit einem Gesamtgewicht von 270 Millionen Tonnen. Diese Reismenge würde ganz Deutschland in einer Höhe von 2 cm abdecken.
Es erzeugt Größenordnungen, die für den Intellekt eines normalen Menschen kaum begreiflich sind. Deswegen verstanden wir es nicht, als sich die IT-Industrie mit exponentieller Geschwindigkeit entwickelte. Die Tragweite solchen Wachstums sprengt unsere Vorstellungskraft. Unbemerkt ist der weltweit verfügbare Speicherplatz der Menschheit faktisch ins Unermessliche gewachsen.
Mit jedem Schritt hat sich die Speicherkapazität von Heimcomputern vertausendfacht – von Kilobyte-Floppy auf Megabyte-Diskette, von Gigabyte-Speicherkarte auf Terabyte-Festplatte. Heute wird sie in den Serverparks von Nachrichtendiensten und Wirtschaftsunternehmen schon in Petabytes gemessen. Die mathematischen Fachbegriffe, die auf uns noch zukommen, stellen weitere Quantensprünge um das Tausendfache dar: Exobytes, Zettabytes, Yottabytes, Brontobytes und Geopbytes – Größenordnungen, die unser Gehirn nicht erfassen kann.
Big Data kann man sich vorstellen als die Möglichkeit, unbegrenzt menschliche Informationen aller Art zu speichern. Wir haben sie nicht kommen sehen und die Folgen für unsere Demokratie nicht erkannt. Erst Medienberichte über Julian Assange und Edward Snowden machten uns klar, dass staatliche Überwachung allgegenwärtig ist, dass unsere Telefonate, E-Mails und SMS-Texte flächendeckend mitgeschnitten und für ewige Zeiten festgehalten werden. Unser demokratischer Staat wurde von den Folgen von Big Data überrumpelt. Datenschutz wird ignoriert, Grundrechte außer Kraft gesetzt, Völkerrecht umgangen.
Überwachung ist aber keineswegs auf Geheimdienste beschränkt; das Ausmaß ist erst in der Privatwirtschaft erkennbar. Facebook sammelt unsere Gesichter, Apple unsere Fingerabdrücke, Amazon unsere Vorlieben. Und Google eigentlich alles. Überwachung ist Alltag. Und wächst auch exponentiell.
Zwischen der Entstehung des Homo sapiens vor zwei Millionen Jahren und dem Jahr 2020 hat die gesamte Menschheit geschätzte 295 Exobytes an Information produziert. Heute wird diese Datenmenge alle zwei Jahre erzeugt.
Das sind Massen, die nur durch Maschinen beherrschbar sind. Eine Erfassung, Verwaltung oder Auswertung durch die kognitiven Fähigkeiten von Menschen ist undenkbar. Auch die Software, die Menschen schreiben, kann dies nicht bewältigen. Supercomputer mit autarker Supersoftware sind die einzige Lösung. Sie müssen lernfähig sein, ihre Updates und Erweiterungen selbst schreiben. Um die Künstliche Intelligenz sinnvoll zu nutzen, müssen wir umdenken.
Die Definition von Bildung zum Beispiel hat sich durch zwei Worte verändert: „Googel es!“ Das Wissen ist da. Wir müssen es uns nicht im Rahmen eines langwierigen Bildungsweges mühsam aneignen. Wir müssen nur den Zugang schaffen. Das