Die Legende der Star Runner. Jens I. Wagner

Die Legende der Star Runner - Jens I. Wagner


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umhersurrenden Bienen traf, wirkte der Garten ganz verwunschen.

      Marvin war begeistert: „Wie hier alles wächst. Wie im Dschungel. Bestimmt voller Tiere.“ Seine Augen strahlten: „Spinnen, Grashüpfer, Raupen. Vielleicht sogar Frösche.“

      „Da sind bestimmt keine Spinnen drin!“, zischte Lilli.

      „Warum? Ich mag Spinnen. Die tun dir nichts. Die haben viel mehr Angst vor dir als du vor denen.“

      „Das sollten sie auch“, knurrte Lilli.

      Das Gras wurde auf der Rückseite des Hauses immer höher, es reichte schon bald bis zum Bauchnabel.

      „Passt auf, wo ihr hintretet!“ sagte Marvin besorgt. „Nicht, dass ihr aus Versehen auf eine Schnecke stampft.“

      Er fing an, auf Zehnspitzen durch das Gras zu staksen. Irgendwie sah ich mich genötigt, es ihm gleichzutun, während Lilli weiter vorpreschte.

      „Oh Mann, Lilli, pass doch auf, wo du hintrittst!“, rief Marvin ihr nach.

      „Nerv nur weiter, dann merkst du gleich, wo ich hintrete!“, fauchte Lilli. Sie ging noch ein paar Schritte, blieb dann abrupt stehen, wendete sich Marvin zu und ergänzte: „Nämlich in deinen Hintern!“

      Marvin entschied, nicht weiter darauf einzugehen.

      „Ah, ein freies Fleckchen. Ich bleib kurz auf dem Brett hier. Kleine Pause von dem Gras.“ Er schaute mich mit großen Augen an.

      Lilli bog um die Ecke in Richtung Vorderseite.

      „Hier gibt’s alles, bloß keinen Rasenmäher“, murmelte er und wippte auf dem Brett hoch und runter. Auch wenn er sich unwohl fühlte, begann er auf und ab zu wippen.

      „Lilli macht sich nur Sorgen. Sie meint es nicht so“, flüsterte ich.

      Just in dem Moment kam sie auch schon wieder zurück: „Da ist auch nichts.“

      Plötzlich hörten wir ein lautes Krachen. Das Brett unter Marvins wippenden Füßen brach ein und er verschwand mit einem Mal im Boden.

      Lilli und ich eilten zu dem Loch und starrten in die Finsternis.

      „Hey Marvin, alles OK?“

      Wir hörten es rumoren, doch es war zu dunkel, um etwas zu erkennen.

      Dann hustete Marvin und krächzte: „Ich bin da. Alles gut.“

      Wir steckten unsere Köpfe in das Loch. Langsam gewöhnten sich unsere Augen an die Dunkelheit und die Umrisse von Marvin zeichneten sich ab. Er lag rücklinks auf einem Haufen Heizkohle.

      „Oh Mann, hier gibt’s bestimmt Mäuse oder Ratten!“, freute sich Marvin.

      „Glückwunsch, du hast einen Eingang gefunden“, sagte ich. „Wir kommen runter.“

      „Hör endlich auf, meinen Opa zu beleidigen. Er hat keine Ratten in seinem Keller und sein Gras ist nicht voller Spinnen!“, rief Lilli und ließ sich an der Wand hinab auf den Kohlehaufen gleiten.

      Marvin lag noch immer auf dem Rücken und reichte Lilli die Hand. „Ich wollte deinen Opa nicht beleidigen, Lilli“.

      Sie schnaubte nur verächtlich und ließ ihn liegen.

      „Sie wird schnell sauer“, stellte Marvin fest, als ich ihm auf die Beine half.

      Kurz darauf gingen wir im Haus von Zimmer zu Zimmer, während Lilli immer wieder besorgt nach ihrem Opa rief. In der Küche hielt sie plötzlich inne: „Eines wissen wir zumindest jetzt. Bis vor kurzem war auf jeden Fall noch jemand hier.“

      „Was? Woher weißt du das?“, fragte ich.

      Etwas in der Küche beweist Lillis Beobachtung. Aber was?

       Brauchst du einen Tipp?

      KAPITEL 03

      Das Rätsel

      LILLI HATTE DIE SCHAUMBLASEN in der Küchenspüle entdeckt. Irgendjemand musste bis vor nicht allzu langer Zeit noch das Geschirr gespült haben.

      Ich flüsterte: „Aber wenn er hier ist, warum hat er dann nicht aufgemacht? Hat er uns nicht gehört? Und jemand hat Kaffee gemacht. Aber dein Opa trinkt nur Tee, richtig? Oder trinkt er auch Kaffee?“

      Lilli blickte zu der halb vollen Kaffeetasse und dann zu mir. Langsam schüttelte sie den Kopf.

      „Glaubt ihr, es ist noch jemand anderes hier?“, stammelte Marvin.

      Ich bekam eine Gänsehaut.

      Auf einmal gab es einen heftigen Schlag, als ob jemand etwas Schweres hingeworfen hätte. Wir zuckten zusammen. Das kam von irgendwo über uns. Wir alle schauten nach oben zur Decke. Marvin rückte ein Stück näher zu mir. Wieder ein heftiger Schlag!

      „Was ist hier los?“, fragte Marvin mit zitternder Stimme.

      „Das finden wir raus!“, sagte Lilli entschlossen und ging Richtung Treppenaufgang im Flur.

      „Nein, Lilli!“, flüsterte Marvin eindringlich. Sie schaute über die Schulter und warf uns ein „Angsthasen!“ zu, als sie den Raum verließ.

      Nervös fummelte ich mein Asthmaspray aus der Hosentasche und nahm einen kräftigen Zug. Immer wenn ich mich aufregte, bekam ich schlecht Luft und dann musste ich das Spray einatmen.

      Marvin sah mich mitleidig an: „Geht’s dir gut?“

      „Ja, ja, geht schon. Los jetzt, komm.“

      Gerade wollte Lilli die erste Stufe der Treppe zum ersten Stock betreten, da flüsterte ich: „Halt, warte!“

      Lilli hielt inne.

      „Knarren denn die Stufen nicht? Vielleicht hört man uns.“

      Lilli beantwortete meine Frage, indem sie fest auf die erste Stufe stampfte. Sie knarrte laut.

      „Ja, schätze sie knarren“, sagte Lilli.

      „Ja, knarren“, bestätigte Marvin.

      Ich rollte meine Augen und Lilli stürmte die Treppe empor.

      „Da seht mal, die Leiter zum Dachboden ist unten!“

      Sie rannte weiter und wir hinterher.

      Wir kletterten die Leiter hoch und landeten im obersten Raum des Hauses. Direkt unter dem Dach. Wir trauten unseren Augen nicht. Überall standen antike Gegenstände herum. Wie in einem Museum, nur sehr viel unaufgeräumter. Alte Statuen, Vasen, sogar eine Ritterrüstung und etwas wie eine Schatztruhe. Und mittendrin saß Lillis Opa, vertieft in einen kleinen beschrifteten Zettel.

      „Opa!“, rief Lilli und rannte auf ihn zu.

      „Oh, Lilli!“, rief der alte Mann überrascht, als sie in seine Arme sprang und ihn fest drückte. „Wie viel Uhr ist es? Schon 10?“

      Das laute Geräusch gerade eben wurde wohl von dem schweren Truhendeckel verursacht, erklärte er uns. Dieser war ihm zweimal zugefallen. Er suchte schon den ganzen Morgen verzweifelt einen alten Schlüssel, der sich hier auf dem Dachboden befinden müsse.

      „Ich habe ihn hier oben versteckt. Leider kann ich mich nicht erinnern, wo genau. Da ich so etwas schon befürchtet hatte, weil ich mein schusseliges Hirn lange genug kenne, habe ich mir das Versteck notiert. Allerdings in Form eines Rätsels, um auf Nummer sicher zu gehen. Doch jetzt weiß ich nicht mehr, was die Zeilen bedeuten.“

      „Na dann lass uns doch mal schauen“, murmelte Lilli und las vor.

      


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