Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman. Sissi Merz

Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman - Sissi Merz


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das werfe ich net einfach fort. Außerdem müssen wir an die Kinder denken. Der Seppl wird irgendwann der Jungbauer hier sein. Und die Liesel hat dann ein Anrecht auf die Hälfte des Hofes. Na, Schatzerl, es hat keinen Sinn, wegzulaufen. Wir müßten einfach zuviel aufgeben. Im Grunde unser ganzes Leben.«

      »Ja, ich weiß.« Monika seufzte schwer. »Aber dein Vater wird immer schlimmer. Es ist ganz unmöglich, mit ihm auszukommen. Außerdem ertrage ich es nicht, wenn er dich so mies behandelt. Dann kann ich net ruhig bleiben.«

      »Ist schon recht, Liebes. Ich verstehe dich, für mich ist es ja net anders. Aber ich mag trotzdem nicht fortgehen. Der Hof ist schließlich unser Daheim.«

      »Ich wünschte, er wäre es wirklich, nicht bloß ein Ort, an dem man sich immer so fühlt, als wäre man bloß geduldet…«

      *

      Valerie Eggerer fühlte sich auf dem Einöd-Hof schon seit einer Weile nicht mehr wirklich wohl. Obwohl sie hier geboren und aufgewachsen war, hatte sie doch manchmal das Gefühl, nicht mehr hierher zu gehören. Und das aus einem ganz bestimmten Grund.

      Das hübsche Madel mit den blonden Locken und den tiefblauen Augen hatte sein Herz vor einer Weile verschenkt. Doch der Bursch, dem Valerie gut war, würde niemals die Billigung des Vaters finden, das wußte die Hoftochter sehr genau. Denn Toni Preisler war der Großknecht auf dem Einöd-Hof. Und Valentin hatte bereits des öfteren angedeutet, daß für seine Tochter nur eine gute Partie in Frage kam. Was er sich darunter vorstellte, war klar: Ein Jungbauer aus Wimbach oder der Umgebung, der ein ordentliches Erbe vorzuweisen hatte. Da kam ein Knecht, der nur auf seiner eigenen Hände Arbeit stolz sein konnte, überhaupt nicht in Betracht. Valerie wußte es genau, denn vor ein paar Tagen hatte sie gewisse Andeutungen gemacht und damit nur Hohn und Spott geerntet. »Du willst dir einen Burschen zum Heiraten selbst aussuchen? Daß ich net lache! Dazu bist doch viel zu dumm«, hatte Valentin behauptete. »Gewiß wirst dir einen Gigolo anlachen, der sich hier auf dem Hof einnisten und den lieben Gott einen guten Mann sein lassen will. Aber net mit mir! Deinen Bräutigam suche ich aus, Ende der Diskussion!«

      Sie hatte versucht, vernünftig mit ihrem Vater zu reden, aber das hatte sich wieder einmal als unmöglich erwiesen. Ganz mutlos war Valerie, als sie nun den Hof verließ und

      hinauf zum Sennhüttel stieg, wo sie sich mit Toni verabredet hatte. Es dauerte nicht lange, dann erschien der Bursch. Auch ihm ging die Heimlichtuerei zuwider, Valerie sah es ihm gleich an. Zwar schenkte er ihr zur Begrüßung ein zärtliches Busserl, doch seine markante Miene drückte deutlich aus, daß er sich nicht wirklich wohl fühlte. Hand in Hand spazierte das junge Paar über den schmalen Steig, der vom Hüttel noch weiter hinauf zu einem Aussichtspunkt führte. Hier hatte man einen herrlichen Rundblick auf die malerische Umgebung des Königssees, das Tennengebirge und auch den Zauberwald. In der Ferne konnte man Berchtesgaden erkennen. Und an einem klaren Sommertag wie diesem ging der Blick noch viel weiter bis hinein in die verblauende Ferne. Ganz wehmütig wurde es Valerie mit einem Mal ums Herz, und die sprach spontan aus, was sie dachte: »Wir werden wohl irgendwann von hier fortgehen müssen, Toni, net wahr?«

      Der Bursch schaute seine Liebste ernst an. »Wie kommst denn auf den Gedanken? Du bist hier daheim.«

      »Das ist mir nimmer so wichtig. Freilich ist der Hof mein Zuhause. Und ich hab’s früher für selbstverständlich genommen. Aber seit wir uns lieb haben, da hat sich halt vieles geändert. Es ist mir nimmer so wichtig, wo ich bin. Hauptsache, wir sind beisammen. Und auf die Dauer kann man doch mit dem Vater nimmer auskommen. Er wird immer schlimmer, läßt überhaupt nicht mehr vernünftig mit sich reden. Daß der Thomas und ich längst erwachsen sind, das scheint er völlig übersehen zu haben.«

      »Dein Vater ist ein harter Mensch. Er läßt nix gelten, das stimmt schon. Aber ich glaube, wenn wir zwei fest zusammenstehen und ihm klar machen, daß er uns net trennen kann, dann wird er es irgendwann hinnehmen.«

      »Mei, Toni, ich wünschte, ich könnte auch so denken.« Valerie lehnte den Kopf an die Schulter des Burschen, der einen Arm um sie gelegt hatte. »Ich hab’ dich so lieb. Und es gibt nix, was ich mir mehr wünsche, als endlich ganz ohne Versteckspiel mit dir beisammen sein zu können. Aber es geht einfach net.«

      »Und warum nicht?« Er blieb stehen, schaute sie offen an und entschied: »Ich werde mit dem Bauern reden. Mehr als nein sagen kann er schließlich net.«

      »Und dann? Was soll hernach werden? Wenn er dich vielleicht vom Hof wirft?« Sie blickte unsicher zu ihm auf.

      »Würdest mit mir gehen? Ich meine, ganz woanders hin, neu anfangen? Ich weiß, ich mute dir da viel zu, aber…«

      Valerie lächelte, als sie versprach: »Ich würde überall mit dir hingehen, darauf kannst dich verlassen. Aber ich hab’ Angst, daß der Vater uns irgendwie auseinanderbringt. Du kennst ihn doch. Er kann sehr hart und rücksichtslos sein.«

      »Freilich, da hast recht. Trotzdem möchte ich heut noch mit ihm reden. Das ewige Versteckspiel geht mir total zuwider. Kommst mit? Oder meinst, es ist besser, ich geh’ allein?«

      Valerie mußte nicht lange nachdenken. »Freilich komme ich mit, es betrifft doch uns beide.« Sie schob ihre Hand in seine und lächelte tapfer. Aber ihr Herz, das klopfte zum Zerspringen…

      Toni Preisler hatte sich einen schlechten Zeitpunkt ausgesucht, um mit dem Einöd-Bauern zu reden, denn dieser hatte gerade Streit mit seinem Sohn. Es ging um die Anschaffung eines neuen Traktors, die Valentin Eggerer als Verschwendung betrachtete. Und das sagte er Thomas auch ganz offen. Die beiden schrien sich gerade an, als Valerie und Toni auftauchten. Der Altbauer fuhr den Großknecht an: »Was willst denn du da, Toni? Ich hab’ jetzt keine Zeit. Wennst was zu besprechen hast, komm halt morgen in der Früh’, so wie immer.«

      »Es geht aber um was Privates«, stellte der Bursch klar und straffte sich ein wenig. »Bauer, ich hab’ dir was zu sagen. Die Valerie und ich, wir haben uns lieb und wollen heiraten.«

      Valentin starrte den Großknecht an, als halte er ihn für übergeschnappt. Thomas sagte: »Ich freu’ mich für dich, Valerie. Und ich wünsche euch alles Gute.« Er warf seinem Vater einen schrägen Blick zu. »Ihr werdet es brauchen können…«

      »Thomas, laß uns allein. Und du auch, Madel!« Der Altbauer warf seiner Tochter einen knappen, unfreundlichen Blick zu. Doch Valerie wollte nicht gehen. Sie schob ihre Hand in Tonis Rechte und schaute den Vater trotzig an.

      Dieser zischte: »Schleich di, oder muß ich erst grob werden?«

      »Ich will net! Es geht schließlich auch um meine Zukunft«, kam es entschieden von ihr, doch ihre Stimme klang sehr unsicher.

      »Geh nur, Valerie, ich erzähle dir später alles«, versprach der Bursch da begütigend. Nur widerwillig verließ sie die Stube. Valentin wurde nicht laut, man hörte draußen nichts von dem nun folgenden Gespräch zwischen Bauern und Knecht. Es dauerte eine ganze Weile, dann erschien Toni wieder. Er war eine Spur blasser als sonst, wirkte aber gefaßt. Valerie wollte sofort wissen, was los gewesen sei. »Sag es halt! Was habt’s ausgemacht?«

      Toni nahm ihre Hand und verließ mit ihr zusammen das Haus. Im Wirtschaftshof blieb er stehen und ließ Valerie wissen: »Er gibt es net zu, daß wir heiraten. Wenn ich dich nicht in Ruhe lasse, will er mich aussi schmeißen. Es ist, wie wir vermutet haben; er läßt einfach net mit sich reden. Sackerl Zement!«

      »Und was soll nun werden?« Valerie sank der Mut, sie fühlte sich ganz niedergeschlagen. Da wurde im Arbeitszimmer des Bauern das Fenster geöffnet, und Valentin Eggerer forderte streng: »Komm eini, Madel, ich dulde es net, daß du dich mit dem Knechterl draußen umeinant treibst.«

      Sie hatte eine heftige Erwiderung auf der Zunge, aber Toni mahnte Valerie: »Das hat doch keinen Sinn. Geh nur, auf die Weise erreichen wir nix.«

      »Aber, Toni, was sollen wir denn bloß tun?« kam es da zutiefst verzweifelt von dem Madel. »Bitte, sag es mir!«

      »Im Moment geht gar nix. Wir müssen halt abwarten.«

      »Gehen wir fort! Ich komme mit dir, wohin du willst. Der Hof ist mir verhaßt, ich mag das alles hier nimmer


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