Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman. Sissi Merz

Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman - Sissi Merz


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in den Flieger nach Kigali gesetzt?«

      »Habe ich das behauptet?« Sie stürzte die übelschmeckende Pillenbrühe herunter und murmelte: »Lassen Sie mich bitte in Ruhe, Tom. Ich habe zu tun.«

      »Was denn? An Max denken?« Sie wollte ihm heftig widersprechen, doch er meinte lässig: »An dem Krankenblatt sitzen Sie jetzt seit einer Stunde. Schützen Sie keine Arbeit vor, wenn Sie nicht mit mir reden wollen. Seien Sie ehrlich.«

      »Also gut. Verschwinden Sie!« Julia schüttelte den Kopf. »Ich hasse Sie, Tom! Sie sind daran schuld, daß meine Beziehung in die Brüche gegangen ist. Und das werde ich Ihnen niemals verzeihen. Max bedeutet mir mehr als alles andere.«

      »Und warum sind Sie dann nicht in Wildenberg geblieben?«

      Sie atmete tief durch und schaute ihn mit undurchdringlicher Miene an. »Sie haben sich in unglaublicher Weise in mein Leben eingemischt. Sie haben mich in eine haltlose Lage gebracht und auch nicht davor zurückgeschreckt, sich mit Max zu raufen. Was hätte ich denn tun sollen?«

      »Das jedenfalls nicht. Versuchen Sie nicht, mir den Schwarzen Peter zuzuschieben. Es war Ihre Entscheidung, hierher zurückzukommen.« Er wandte sich zum Gehen, da gab sie leise zu: »Ja, vielleicht stimmt das. Ich fühle mich für die Menschen hier verantwortlich. Ich weiß, daß sie die Station brauchen. Und ich muß Ihnen net sagen, wieviel sie mir bedeutet. Aber es war trotzdem falsch. Ich hätte Max nicht einfach so verlassen dürfen. Das wird er mir nie und nimmer verzeihen.« Damit stand sie auf und schob sich an Dr. Kennedy vorbei nach draußen.

      »Ich bin trotzdem froh, daß Sie hier sind«, sagte er in ihrem Rücken, und dabei klang seine Stimme ganz sanft.

      Julia schaute sich nicht um, sie ging hinüber in den Trakt der Station, wo die Nonnen ihre Zellen hatten. Oberschwester Mary, die sich im Laufe der Jahre zu ihrer rechten Hand entwickelt hatte, konnte momentan nicht arbeiten, sie hatte sich den Fuß gebrochen. Dieses Malheur war für Julia ausschlaggebend gewesen, Wildenberg zu verlassen und nach Afrika zurückzukehren. Allein auf sich gestellt war Dr. Sörensen nahe daran gewesen, aufzugeben. Denn ohne Marys Hilfe konnte die junge Ärztin nicht arbeiten. Als Dr. Bruckner nun den karg eingerichteten Raum der einheimischen Ordensschwester betrat, monierte diese: »Sie müssen bei mir keinen Hausbesuch machen, Frau Doktor. Ich komme schon zurecht. Wenn ich nur bald den Gehgips kriege und ein klein wenig mobiler bin…«

      »Der Gehgips bedeutet net, daß sie gleich wieder herumspringen sollen. Sie müssen sich noch eine Weile schonen, Mary, das ist Ihnen doch sicher klar.«

      »Schon, aber ich werde gebraucht. Und ich habe ein ganz schlechtes Gewissen Ihnen gegenüber. Das wird nicht besser, wenn ich nur faul herumsitze.«

      »Ein schlechtes Gewissen? Ich verstehe nicht…«

      »Na ja, eigentlich ist es meine ›Schuld‹, daß Sie wieder hier sind. Nachdem Sie die Station verlassen hatten, ist immer deutlicher geworden, daß Dr. Kennedy und diese Dänin nicht miteinander auskommen. Sie hat keinen Respekt vor ihm, sie hat einfach gemacht, was sie wollte, tagelang krank gespielt und auf dem Sofa gelegen. Sie weiß sehr genau, wie sie den roten Riesen zur Weißglut bringen kann. Und es hat ihr offenbar richtig gut gefallen, ihn zum Narren zu halten. Die Situation war weitaus bedrohlicher als die Zeit, in der Dr. Kennedy weg gewesen ist. Er wollte alles hinschmeißen, wir wußten uns alle keinen Rat mehr. Und da habe ich ihm den Vorschlag gemacht, Sie wieder zurückzuholen. Glauben Sie nicht, daß mir das leicht gefallen wäre. Ich weiß schließlich, daß Sie in Wildenberg glücklich gewesen sind. Aber es war die einzige Möglichkeit, die Station zu retten. Deshalb habe ich ihm diesen Ratschlag gegeben.«

      Julia hatte der Nonne aufmerksam zugehört, nun stellte sie aufrichtig fest: »Es war die richtige Entscheidung, Mary. Ich habe das längst eingesehen. Eigentlich hätte ich Holy Spirit nie verlassen dürfen. Es war eine sinnlose Flucht, denn vor seiner Berufung kann kein Mensch fliehen. Das wissen Sie ja auch.«

      Die farbige Ordensfrau lächelte verständnisvoll. »O ja, das stimmt. Ich glaube, daß jeder Mensch eine bestimmte Aufgabe in seinem Leben zu erfüllen hat, das steht alles in Gottes Buch geschrieben. Wenn man sich dagegen wehrt, dann wird man nicht glücklich, das geht einfach nicht. Aber ist die Station denn wirklich Ihre Berufung? Sind Sie da ganz sicher? Sie und Dr. Brinkmeier, Sie sind das ideale Paar. Und sie lieben sich aufrichtig, von Herzen. Das ist etwas sehr Kostbares.«

      »Ja, ich weiß. Trotzdem habe ich in Wildenberg gespürt, daß meine ›Flucht‹ nicht das richtige Mittel gewesen ist. Ich glaube, ich hätte auf Dauer nicht glücklich werden können mit Max, wenn das so ganz auf Kosten der Station gegangen wäre. Tom hatte da schon recht, man sollte sich nicht drücken.«

      »Aber Sie mußten zu viel zurücklassen. Denken Sie denn, daß es für Dr. Brinkmeier und Sie doch noch eine vernünftige Lösung geben kann?« hakte Mary mitfühlend nach.

      Julia mußte sie enttäuschen. »Ich hatte nicht den Mut, Max ins Gesicht zu sagen, daß ich wieder nach Afrika gehen, statt dessen habe ich ihm einen Brief geschrieben. Und ich bin überzeugt, er nimmt mir das sehr übel.«

      »Dann… ist es aus? Das kann ich nicht glauben.«

      Die schöne Ärztin lächelte traurig. »Ich habe noch Hoffnung, denn ich kann Max niemals vergessen und auch unsere Liebe nicht einfach in den Wind schreiben. Aber ich fürchte, vor mir liegen einsame Wochen und Monate. Wenn es überhaupt wieder eine Annäherung zwischen uns geben kann, dann braucht sie Zeit.«

      *

      »Valerie, du kommst nachher mit mir zum Sennhüttel. Wir haben wieder einen Logiergast. Und das Hüttel muß hergerichtet werden.« Valentin Eggerer wartete gar nicht auf eine Antwort seiner Tochter, er hatte die Küche bereits wieder verlassen.

      Maria warf Valerie einen fragenden Blick zu. »Stimmt was net, Tschapperl? Hast Kummer?«

      »Ach, weißt, Mama, beim Hüttel treff’ ich mich fei immer mit dem Toni. Wenn da jetzt einer wohnt, geht das ja auch nimmer. Ich weiß wirklich net, was noch werden soll.« Dem Madel traten Tränen in die Augen, die Bäuerin setzte sich kurz zu Valerie, legte einen Arm um ihre Schultern und riet ihr: »Mach dir net zu viele Sorgen. Der Toni steht zu dir, so wie man es sich wünscht. Ich bin überzeugt, daß es für euch beide noch einen glücklichen Ausgang geben wird. Schließlich ist dein Liebster fleißig und net auf den Kopf gefallen. Der bringt es überall zu was.«

      Die Hoftochter wischte sich über die Augen und lächelte tapfer. Doch sie hatte natürlich nur zu gut verstanden, was die Mutter ihr mit diesen Worten sagen wollte. »Wenn der Vater net nachgibt, werden wir von hier fortgehen müssen. Davor hab’ ich Angst. Freilich kann der Toni schaffen. Und ich bin ja auch net dumm, als Hauserin kann ich mich leicht verdingen. Aber der Hof ist doch unser Daheim. Für den Toni bedeutet er fast mehr als für mich. Er hängt an dem Betrieb, und er versteht sich gut mit dem Thomas. Es könnte alles so einfach sein…«

      »Warte halt ab. Du darfst nur net den Mut verlieren«, meinte die Bäuerin mit Zweckoptimismus.

      Nach dem Mittagsmahl machte sich Valentin Eggerer auf den Weg zur alten Sennhütte, seine Tochter begleitete ihn. Das landschaftlich einmalig gelegene Häuschen war vor ein paar Jahren grundlegend renoviert worden. Es gab hier nun Strom und Wasser und alles war nach modernen Maßstäben eingerichtet. Valentin war ein wenig stolz auf seine »Touristenattraktion«, wie er die Sennhütte nannte. Und daß nun sogar ein Doktor dort absteigen wollte, gefiel ihm ganz besonders.

      »Der Dr. Brinkmeier wird die Mahlzeiten mit uns einnehmen. Daß du mir ja freundlich zu ihm bist. Wenn er ledig ist und net zu alt, könnte was daraus werden, hast mich?«

      Valerie bedachte ihren Vater mit einem Blick, der zwischen Resignation und kalter Wut schwankte. Und ihre Stimme war nicht fest, als sie ihm vorwarf: »Du hast überhaupt kein Herz, Vater. Sonst würdest net so was sagen, wo du ganz genau weißt, daß ich den Toni liebhab’ und keinen anderen!«

      »Was soll das Gerede? Ich dachte, ich hätte dir diese Sache verboten. Triffst dich vielleicht heimlich und hinter meinem Rücken mit dem Knechterl? Dann kannst aber was erleben, das verspreche ich dir. Ich hab’ es dem Toni schon gesagt. Freilich


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