Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman. Sissi Merz

Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman - Sissi Merz


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Schlange gebissen worden. Buhla hat es gesehen, konnte es aber nicht verhindern.«

      Julia trat an den OP-Tisch, auf dem das Baby der Köchin lag. Der Kleine war mit einem Herzfehler auf die Welt gekommen, Dr. Kennedy hatte ihn operiert und gerettet. Aus Dankbarkeit hatte Buhla ihrem Kind den Namen Tom gegeben.

      »Wie ist sein Zustand?« wollte Julia knapp wissen.

      »Kritisch. Arme und Beine sind bereits taub, die Atmung stockt.« Der Schotte spritzte dem Kind ein Gegengift, während seine Kollegin bemüht war, den Kreislauf zu stimulieren. Die Köchin stand fassungslos neben ihnen und murmelte immer wieder: »Ich begreife nicht, wie das passieren konnte. Ich begreife es einfach nicht…«

      »Der Blutdruck sackt ab, Herztöne unregelmäßig.« Dr. Bruckner zog eine neue Spritze auf. »Wir müssen ihn stabil kriegen.«

      »Seien Sie nicht zu großzügig mit dem Analeptikum, es wird durch das Gegengift in seiner Wirkung verstärkt.«

      »Das weiß ich selbst«, murmelte Julia abweisend. Sie massierte das Herz des Babys, dessen Schlag allmählich wieder gleichmäßiger wurde. Tom Kennedy warf ihr einen schwer zu deutenden Blick zu. Es dauerte noch eine Weile, dann ging es dem kleinen Patienten allmählich besser. Doch die Gefahr war noch nicht völlig gebannt. Dr. Bruckner beschloß, beim kleinen Tom zu wachen. Sein großer Namensvetter beruhigte Buhla und schickte sie schlafen. Die Köchin ging nur widerwillig, viel lieber wäre sie doch bei ihrem Baby geblieben.

      »Wir sagen Ihnen sofort Bescheid, wenn sich etwas ändert«, versprach der schottische Arzt freundlich.

      »Wieso lassen Sie sie nicht hier? Sind Sie um Ihr Frühstück besorgt?« fragte Julia ironisch, nachdem Buhla gegangen war.

      »Ich finde es sinnlos, wenn sie sich auch die Nacht um die Ohren schlägt. Reicht es nicht, daß wir beide das tun?«

      »Ich brauche keine Gesellschaft. Von mir aus können Sie auch schlafen gehen«, erwiderte Julia unfreundlich.

      »Wollen Sie nicht endlich aufhören, mich für Ihre eigene Entscheidung zu bestrafen?« fragte er da direkt. »Ich habe Sie nicht entführt, Sie haben Wildenberg freiwillig verlassen. Und ich finde es nicht sehr anständig von Ihnen, mich jetzt zum Sündenbock zu machen. Ihr schlechtes Gewissen Max Brinkmeier gegenüber ist einzig und allein Ihre eigene Angelegenheit.«

      »Sie machen es sich leicht. Ich habe nix anderes erwartet.«

      »Julia, nun hören Sie mir mal zu. Ich habe es mir noch nie im Leben leicht gemacht. Als ich von Schottland weg bin, da habe ich schon ein wenig das Gefühl gehabt, als würde ich fliehen. Und vielleicht stimmt das auch. Aber Holy Spirit ist nicht der Ort, an dem man sich vor dem Leben verstecken kann; im Gegenteil. Und ich gebe zu, daß ich schon ein wenig stolz darauf bin, Sie wieder hierher zurückgeholt zu haben. Sie gehören auf diese Station, ohne Sie ist das kein besonderer Ort. Aber mit Ihnen…«

      »Reden Sie keinen Schmarrn.« Sie erhob sich und trat an die Wiege, in der der kleine Patient schlief. »Die Temperatur fällt weiter. Scheint so, als hätten wir es geschafft.« Sie setzte sich wieder zu Tom Kennedy und gab zu: »Sie haben Recht, das weiß ich selbst. Auf die Dauer hätte ich ohne meine Arbeit hier nicht leben und glücklich werden können. Sicher, ich habe auch gerne mit Max zusammengearbeitet. Aber das hier ist etwas anderes. Ich hatte nur versucht, es zu vergessen.«

      »Und ich habe Sie daran gehindert.«

      »Das haben Sie, allerdings.« Sie schaute ihn nachdenklich an. »Sieht so aus, als ob unsere Zusammenarbeit doch von längerer Dauer sein wird.«

      »Das hoffe ich sehr.«

      »Grete hat mir übrigens mal wieder ein Friedensangebot gemacht. Sie behauptet, daß Sie von nun an kollegial mit uns zusammenarbeiten will. Aber ich traue ihr nicht.«

      »Vielleicht meint sie es ehrlich. Die Erfahrung, auf dieser Station ganz auf sich selbst gestellt zu sein, scheint noch nachzuwirken.«

      »Ja, mag sein. Trotzdem werde ich zu ihr auf Distanz bleiben. Ich möchte nicht noch einmal so überreagieren. Was aus ihrer letzten Intrige alles erwachsen ist, überblicke ich im Moment noch nicht einmal. Da ist viel Porzellan zerschlagen worden, wie man so schön sagt. Und ich habe keine Ahnung, ob es überhaupt möglich sein wird, den Schaden wiedergutzumachen.«

      Tom Kennedy schaute Julia bedrückt an. »Max Brinkmeier liebt Sie, das sollten Sie wissen. Wenn Sie ihm Zeit geben, wird sich zwischen Ihnen wieder alles einrenken, davon bin ich überzeugt.«

      »Das klingt so, als ob Sie es mir wünschen.«

      »Nun, das habe ich nicht gesagt. Aber ich kenne Ihr Sweetheart jetzt und kann mir vorstellen, wie es zwischen Ihnen beiden aussieht. Und ich bin ganz ehrlich: Ich beneide diesen Mann…«

      *

      Einige Tage vergingen für Max Brinkmeier in angenehmer Gleichförmigkeit. Der junge Mediziner stand morgens zeitig auf, denn er wußte, daß die Sonnenaufgänge in den Bergen besonders eindrucksvoll waren. Die Mahlzeiten nahm er weiterhin auf dem Eggerer-Hof ein, außer wenn er eine längere Wandertour vorhatte. Dann aß er seine Wegzehrung in der freien Natur, was ihn an die Kinderzeit und die Schulausflüge damals erinnerte.

      Nach und nach entspannte Max sich und spürte, wie seine Seele zur Ruhe kam. Noch immer war ihm das Herz schwer, wenn er an Julia dachte. Doch Wut und Verbitterung wichen allmählich einem Gefühl des Hinnehmens. Er konnte nichts an seiner Lage ändern, er mußte einfach hoffen, daß die Dinge sich irgendwann wieder in seinem Sinne wandelten. Und bis dahin mußte er abwarten.

      Die tiefe Liebe, die Max für Julia im Herzen trug, gewann wieder die Oberhand. Und schließlich schaffte er es, ohne Verbitterung an sie zu denken.

      Die erste Woche von Max’ Aufenthalt in Wimbach neigte sich ihrem Ende zu. Er dachte daran, seinen Vater anzurufen, verwarf diesen Einfall dann aber wieder. Immerhin war er hier, um mal abzuschalten und Abstand zu gewinnen. Und dazu gehörte auch eine gewisse Isolation, fand der junge Landarzt. Zudem gefiel es ihm, lange Stunden allein in der schönen, sommerlichen Natur zu verbringen. Doch er sollte nicht mehr sehr lange allein bleiben, auch wenn Max dies noch nicht ahnte…

      Am Samstag hatte der junge Mann eine Kraxeltour eingeplant und sich deshalb gleich nach dem Frühstück auf dem Erbhof mit einer Wegzehrung zurück zu seiner Sennhütte begeben. Wie stutzte er aber, als er die Tür offen fand. Und das nicht etwa, weil er vergessen hatte, sie zu schließen. Denn drinnen wartete jemand auf ihn, mit dem Max ganz und gar nicht gerechnet hatte.

      »Ja, Anna, wo kommst denn du her? Ich glaub’, ich träume!«

      Anna Stadler, die schöne Apothekerin von Wildenberg, lachte fröhlich auf. »Ich hab’ dich überraschen wollen. Hoffentlich bist mir net bös’. Aber ich dachte mir, wenn du es dir hier so gut gehen läßt, dann sperre ich meine Apotheke eben mal für ein paar Tage zu und tue es dir gleich. Schlimm?«

      »Überhaupt net, im Gegenteil. Ich freue mich über deine Gesellschaft. Allerdings gibt es hier nicht viel Komfort. Vielleicht solltest dich lieber auf dem Eggerer-Hof einmieten, da hättest ein großes Bad, ein bequemes Bett…«

      »Du willst mich wohl los werden«, beschwerte Anna sich. »Wenn ich dir net hier Gesellschaft leisten darf, dann fahre ich eben wieder heim.«

      »Schon gut, ich freue mich, wennst bleibst. Aber ich will net schuld an Rückenschmerzen oder einem knurrenden Magen sein.«

      Anna lachte. »Keine Angst, ich bin überhaupt nicht anspruchsvoll. Was hast denn heut vor? Wollen wir kraxeln gehen?« Sie schaute ihn offen an. »Oder willst lieber allein sein? Noch hab’ ich mein Sackerl net ausgepackt…«

      »Ich freue mich, daß du da bist, Anna. Ganz ehrlich. Und wennst Lust hast, gehen wir wirklich kraxeln.«

      Sie strahlte. »Ich zieh’ mich rasch um, dann kann es auch schon losgehen.«

      Wenig später machten die beiden sich dann auf den Weg. Max hatte bereits eine Felswand ausgeguckt, die sich von einem geübten Kletterer leicht bezwingen ließ. Anna schaute sich immer wieder um und stellte


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