Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman. Sissi Merz

Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman - Sissi Merz


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Krankenwagens, den Patienten stabil zu halten. Der Kollege aus der Stadt lobte

      die Vorarbeit, er wirkte sichtlich beeindruckt. »Sie haben dem Mann das Leben gerettet, Kollege. Respekt.«

      Max wollte davon nichts hören. »Ich habe nur meine Arbeit gemacht«, stellte der bescheidene Mediziner klar. »Hoffentlich wird er durchkommen.«

      »Ich danke Ihnen von Herzen, Herr Doktor«, sagte Maria Eggerer da mit tränenschwerer Stimme. »Wäre der Valentin nur net immer so unvernünftig. Wenn er auf Sie gehört hätte…«

      »Keiner hat ahnen können, daß so etwas geschieht, Frau Eggerer. Machen Sie sich jetzt net zu viele Gedanken. Ihr Mann kommt schon wieder auf die Beine.«

      »Wir fahren ins Spital«, beschloß Thomas. »Mama, du bleibst lieber da, das ist zu anstrengend für dich. Monika, kümmere dich bitt’ schön um die Mama. Die Valerie und ich bleiben im Spital, bis wir etwas erfahren. Dann bis später.«

      Nachdem die Geschwister die Stube verlassen hatten, stellte die Jungbäuerin lakonisch fest: »Manchmal hat der Thomas direkt was von seinem Vater. Ich hoffe sehr, das wird bei ihm net zur Gewohnheit werden…«

      Obwohl Max Brinkmeiers Erstversorgung dem Kranken das Leben gerettet hatte, zog sich die Behandlung im Spital doch sehr lange hin. Valentin Eggerer wurde operiert, zwei Stents wurden in die betroffenen Herzkranzgefäße eingesetzt, um zu verhindern, daß diese wieder verklebten und einen weiteren Infarkt auslösten. Der Eingriff dauerte länger als zwei Stunden.

      Für Valerie war es schwer, dies zu ertragen. Sie zeigte sich überaus erleichtert, als Toni im Spital eintraf. Hilfesuchend schmiegte sie sich in die Arme des geliebten Burschen und murmelte: »Ich fürchte, es ist alles meine Schuld. Mit meinem sturen Beharren hab’ ich den Vater zur Weißglut gereizt. Und jetzt hab’ ich ihn vielleicht sogar auf dem Gewissen.«

      »Schmarrn, keiner trägt die Schuld an dem, was passiert ist. Außer vielleicht deinem Vater. Wir haben ihm schließlich nix schlimmes antun wollen. Daß er sich dermaßen aufregt, war falsch und total überflüssig.«

      »Ja, das weiß ich natürlich. Trotzdem hab’ ich ein schlechtes Gewissen. Er wird es mir gewiß nachtragen und hernach noch strenger zu mir sein. Ach, Toni, ich wünschte, wir hätten geschwiegen. Den ewigen Unfried halte ich nimmer aus. Und daß der Vater jetzt auch noch so krank ist…«

      »Wir können uns doch net auf ewig verstecken«, hielt er ihr ärgerlich entgegen. »Jetzt machst aber mal einen Punkt. Dein Vater hat sich alles selbst zuzuschreiben.«

      »So kann ich net denken, trotz allem. Er kann halt nicht anders, das ist seine Art, daß er allerweil alles bestimmen will. Und das haben wir schließlich gewußt«, murmelte sie matt.

      Toni stand auf und wandte sich ärgerlich von seiner Liebsten ab. Daß diese sich nicht nur alles von ihrem Vater gefallen ließ, sondern diesen nun auch noch in Schutz nahm, ging ihm zuwider. Er ärgerte sich, daß er Valerie nicht von Anfang an vor die Wahl gestellt hatte, sich zueinander zu bekennen oder gemeinsam den Hof zu verlassen. Nun war die Situation nicht gerade einfacher geworden…

      Endlich erschien ein Arzt. Er wandte sich an Thomas und ließ ihn wissen: »Es geht Ihrem Vater den Umständen entsprechend. Wir konnten ihn stabilisieren, allerdings nur auf niedrigem Niveau.«

      »Und was bedeutet das?« fragte der Jungbauer ratlos.

      »Es kommt jetzt darauf an, wie Ihr Vater sich von dem Eingriff erholt. Wir mußten ihm mehrere Stents setzen, der Infarkt war mittelschwer. Es ist möglich, daß er fürs Erste auf der Intensivstation bleiben muß. Aber das hängt natürlich davon ab, wie sein Zustand sich weiter stabilisiert. Momentan kann ich Ihnen net mehr sagen. Sie müssen einfach abwarten.«

      Der Jungbauer bedankte sich und wandte sich an seine Schwester. »Ich rufe rasch die Mama an, damit sie Bescheid weiß. Hernach fahren wir heim. Oder magst noch länger bleiben?«

      Valerie schaute zu Toni, der hinter einem Fenster stand und nach draußen blickte. Er wirkte noch immer verärgert. »Ich fahre mit dem Toni zurück. Wir haben noch was zu besprechen.«

      »Ist recht.« Thomas warf seiner Schwester einen ernsten Blick zu und mahnte sie: »Du solltest weder dir noch dem Toni Vorwürfe machen. Was geschehen ist, war wirklich nur die Schuld vom Vater. Er muß endlich einsehen, daß wir erwachsen sind und er mit Brüllen gar nix erreichen kann. Vielleicht geht er ja jetzt mal in sich, Zeit wird er dazu genug haben…«

      *

      Toni wunderte sich, als Valerie neben ihn trat.

      »Ich dachte, du bist mit deinem Bruder heimgefahren.«

      »Ich wollte mich erst bei dir entschuldigen, Toni. Du hast ja Recht, mit allem. Das weiß ich freilich ganz genau. Aber die Situation ist für mich so schwierig. So lange ich zurückdenken kann, hat der Vater über mein Leben bestimmt. Ich will net sagen, daß ich das gut gefunden hätte; im Gegenteil. Aber ich bin es eben so gewöhnt. Es fällt mir schwer, mich von dieser Vorstellung zu lösen.«

      »Aber das mußt, du bist erwachsen. Ich will net sagen, daß du zwischen mir und ihm wählen sollst. Es wäre nicht recht, dich dazu zu zwingen. Aber du mußt vor deinem Vater zu mir stehen, ohne wenn und aber. Nur dann können wir uns durchsetzen. Er glaubt doch, wenn er nur laut genug brüllt, wirst wieder kneifen und er hat gewonnen. Ich wette, dieses Spiel, das spielt er schon, solange du denken kannst und einen eigenen Willen hast.«

      Sie konnte ihm nicht widersprechen. Bekümmert stahl Valerie sich in die Arme ihres Liebsten und bat: »Sag du mir, was ich tun soll, ich vertraue dir, Toni.«

      »Das wäre auch net recht. Du mußt selbst entscheiden. Wennst mich liebhast, dann steh’ zu mir. Dann werden wir es irgendwann auch schaffen, uns gegen deinen Vater durchzusetzen. Aber du mußt es wirklich wollen. Nur dann können wir es schaffen.«

      Das Madel nickte, doch das Herz war Valerie sehr schwer. Nun begriff sie erst, wie weit die Herrschaft des Vaters über ihr Leben ging. Sie hatte sich immer von ihm unterdrückt, ja geknechtet gefühlt. Daß sie aber durch den ständigen Druck verlernt hatte, für ihre eigenen Wünsche einzustehen, das war arg. Und sie fragte sich bedrückt, ob es ihr tatsächlich wieder gelingen konnte, etwas gegen den Vater durchzusetzen…

      Freilich konnte davon zunächst einmal keine Rede sein. Einige Tage vergingen, an denen Valentin Eggerer noch keinen Besuch haben durfte.

      Max Brinkmeier und Anna Stadler fuhren ins Spital von Berchtesgaden, bevor sie sich auf dem Heimweg nach Wildenberg machten. Sie sprachen mit dem behandelnden Arzt und konnten die Eggerers danach beruhigen.

      »Der Zustand Ihres Mannes bessert sich langsam aber nachhaltig«, erzählte Max der Bäuerin. »Sie müssen sich net sorgen, in spätestens drei Tagen darf der Patient auch Besuch haben. Dann können Sie selbst mit ihm reden.«

      »Ich danke Ihnen von Herzen, Herr Doktor. Was Sie getan haben, werden wir Ihnen fei nie vergessen. Möchten Sie denn net noch ein bissel bleiben? Wir würden Ihnen gerne eine kostenlose Woche droben im Hüttel schenken, sozusagen als kleines Dankeschön.«

      »Das ist wirklich sehr nett von Ihnen, Frau Eggerer, aber ich muß wieder zurück zu meiner Praxis. Ich wünsche Ihrem Mann alles Gute. Und achten Sie darauf, daß er sich in Zukunft mehr schont. Nach einem Infarkt kann er fei nimmer so mitarbeiten wie bisher. Aber wie ich die Sache sehe, ist die Nachfolge auf Ihrem Hof ja bereits aufs beste geregelt.«

      Maria Eggerer seufzte leise. »Ja, das wäre sie schon seit einer Weile gewesen. Wenn der Valentin nur net so ein schlimmer Sturschädel wäre. Ich hoffe sehr, der Herzkasper hat ihn von seiner sturen Haltung geheilt…«

      Doch der Wunsch der Bäuerin sollte sich nicht erfüllen, zumindest nicht auf Anhieb. Als Maria ihren Mann einige Tage später das erste Mal im Spital besuchen durfte, gab dieser sich knurrig und griesgrämig wie eh und je.

      »Was wollt’s denn alle da? Man kann ja ersticken bei der Menschenmenge«, beschwerte er sich. »Ihr spekuliert wohl schon darauf, mich zu beerben, gelt? Aber da geht nix, ich werde hundert Jahre alt, das hab’ ich mir


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