Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman. Sissi Merz

Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman - Sissi Merz


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ich kann es ja selbst kaum glauben. Aber ich habe mein Gedächtnis verloren.«

      »Ach herrje. Wie ist das passiert? Sie hatten einen Unfall, vermutlich einen Sturz mit einer starken Gehirnerschütterung. So etwas kann eine zeitweise Amnesie auslösen.«

      »Sind Sie Ärztin?«, fragte er verblüfft.

      Sie mußte schmunzeln. »Ich bin die Bäuerin auf dem Erbhof drunten. Aber ich bin auch ausgebildete Krankenschwester und kenne mich deshalb ein bissel aus. Sie müssen zum Doktor.«

      »Hätte denn das einen Sinn? Gibt es eine Behandlung, die mir mein Gedächtnis wiederbringt?«

      »Na ja, das direkt net. Aber der Sturz kann noch andere Verletzungen verursacht haben, die Sie im Moment vielleicht gar net spüren. Mit so was ist net zu scherzen. Wenn es Ihnen recht ist, gebe ich meinem Schwager Bescheid. Er ist der Landarzt von Wildenberg und kann Ihnen sicher helfen.«

      »Bitte, Frau Brinkmeier, warten Sie.« Etwas mühsam kam der junge Mann auf die Beine. Er wankte leicht, als er auf Tina zuging. Und hätte sie nicht geistesgegenwärtig reagiert, wäre er gestürzt. Sie fing ihn auf und half ihm, sich zu setzen. Eine feine Röte stieg in seine Wangen, er senkte den Blick und bat: »Entschuldigen Sie, das ist mir peinlich. Ich habe Sie eigentlich nur um etwas bitten wollen.«

      »Es muss Ihnen net peinlich sein, ich bin Schwester, mir ist nix Menschliches fremd. Und nun raus mit der Bitte«, bat sie burschikos, denn der hilflose junge Mann tat ihr leid.

      »Ja, also, net, dass Sie schlecht von mir denken. Aber es wäre mir einfach lieber, wenn Sie Ihrem Schwager noch nichts von mir sagen. Ich weiß überhaupt nicht, wie ich hierher gekommen bin, wer ich bin, was mir zugestoßen ist. Und in dem Zustand möchte ich mit niemandem reden, verstehen Sie das?«

      Tina zögerte kurz. »Schon, nur möchte ich nix versäumen. Wissen Sie denn, wie lange Sie schon im Hüttel sind?«

      »Ich glaube, erst seit gestern. Ich bin in der Nähe auf einem Geröllfeld zu mir gekommen.«

      »Dann waren Sie kraxeln?«

      »Wohl eher Bergwandern, weil ich keine Steigeisen oder ähnliches bei mir hatte. Ich fühlte mich sehr schlecht, hatte Schmerzen, mir war übel. Nur sehr mühsam habe ich mich bis hierher schleppen können und bin dann wieder bewusstlos geworden. Bei Sonnenaufgang kam ich zu mir, habe die Läden geöffnet und etwas gegessen. Und dann haben Sie mich gefunden…«

      Die junge Bäuerin schaute den Fremden etwas ratlos an. Sie hatte das Gefühl, ihm vertrauen zu können. Er wirkte eigentlich nicht wie ein Mann, der etwas zu verbergen hatte. Doch konnte sie da sicher sein? Es wäre wohl das Vernünftigste gewesen, Lukas zu informieren, oder besser gleich Anderl Stumpf, den Gendarmen von Wildenberg. Aber der Fremde dauerte sie, und sie wollte ihn nicht vor aller Welt bloßstellen.

      »Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, meinte sie schließlich zögernd. »Sie bleiben hier, ruhen sich ein paar Tage aus. Ich schicke Ihnen einmal am Tag eine Magd auffi, die Sie mit allem versorgt. Sollte es Ihnen schlechter gehen, muss ich aber den Doktor verständigen. Und wenn Ihr Gedächtnis sich net meldet, dann müssen wir eine andere Lösung finden. Denn ewig können Sie fei net hier im Hüttel bleiben.«

      Tina sah die Dankbarkeit in den klaren Augen des jungen Mannes leuchten und meinte, das Richtige getan zu haben.

      »Das ist sehr nett und großzügig von Ihnen. Ich werde Sie später natürlich bezahlen. Aber im Moment habe ich weder Geld noch Papiere bei mir…«

      »Schmarrn, dafür nehme ich kein Geld, das ist reine Christenpflicht. Und jetzt legen Sie sich wieder hin, ruhen Sie sich aus. Die Lissy, unsere Magd, wird am Abend nach Ihnen sehen und dann auch etwas zum Essen mitbringen.«

      »Vielen Dank, Frau Brinkmeier. Sind denn alle Menschen hier so nett und hilfsbereit?«

      »Die Wildenberger sind schon ganz in Ordnung«, meinte sie lächelnd.

      »Wenn das so ist, werde ich vielleicht hier bleiben, falls ich mein Gedächtnis nicht wiederfinde«, scherzte er trocken.

      Die Bäuerin weihte nach ihrer Rückkehr auf den Erbhof nur die Magd Lissy ein, die große Augen machte.

      »Mei, ein Fremder droben auf dem Hüttel? Wie aufregend! Und es soll außer uns niemand wissen, Bäuerin?«

      »Vorerst net. Der junge Mann weiß nicht, wer er ist. Und es ist ihm peinlich, in so einem hilflosen Zustand von Fremden abhängig zu sein. Kannst denn ein Geheimnis bewahren?«

      Die hübsche blonde Magd nickte eifrig. »Freilich, von mir erfährt keiner was. Und ich darf mich um ihn kümmern?«

      »Du steigst einmal am Tag zum Hüttel auffi und schaust nach dem rechten. Wenn es ihm schlechter geht, sagst mir Bescheid, dann muss sich der Doktor Brinkmeier um ihn kümmern.«

      Lissy seufzte leise. »Mei, ist das romantisch…«

      Die Bäuerin maß sie mit einem skeptischen Blick und fragte sich, ob sie da nicht die Falsche eingeweiht hatte. Doch nun war es zu spät, und sie konnte nur hoffen, dass alles gutging.

      »Und was wird jetzt aus dem Almkäse?«, fragte Lissy noch.

      »Ach, das habe ich ganz vergessen. Na, den können wir fürs erste abschreiben. Jetzt müssen wir zunächst mal diesem jungen Mann im Hüttel wieder auf die Beine helfen…«

      Lukas Brinkmeier sprach seine Frau beim Nachtmahl ebenfalls

      auf die alte Sennhütte an. »Und, habt’s was erreichen können droben? Oder ist das Hüttel zusammengebrochen?«

      »Mei, Lukas, musst mich net allerweil pflanzen. Es stimmt schon, dass dort droben nimmer viel steht. Aber die Idee mit dem Almkäse lass ich mir trotzdem net ausreden.«

      »Ist vielleicht net schlecht, dass nix daraus wird«, meinte Lukas. »Am End’ wärst dort droben noch dem Bankräuber begegnet.«

      »Was für einem Bankräuber denn? Wovon sprichst?«

      »Ja, mei, es war doch heut in den Nachrichten. In Berchtesgaden ist die Sparkasse überfallen worden. Drei Täter sollen es gewesen sein. Zwei haben sie schon geschnappt. Aber der Dritte soll sich in die Berge abgesetzt haben. Stell dir vor, du hockst ganz friedlich beim Käsen und urplötzlich steht der Kerl mit einer Pistole vor dir. Man muss sich ja net unnötig in Gefahr begeben, gelt?« Lukas warf Tina einen fragenden Blick zu, die blass geworden war. »Was hast denn? Stimmt was net?«

      »Na, es ist alles in Ordnung«, murmelte sie automatisch und erhob sich. »Ich schau’ mal nach dem Maxl, bin gleich wieder da.« Sie spürte, dass die Knie ihr ein wenig weich geworden waren, gab sich aber Mühe, sich nichts anmerken zu lassen. Erst nachdem sie das

      Esszimmer verlassen hatte, atmete Tina tief durch und überlegte zugleich fieberhaft, was sie tun sollte. Wenn der Mann ohne Gedächtnis im Sennhüttel nun der gesuchte Bankräuber war? Da hatte sie sich ja auf etwas Schönes eingelassen…

      *

      »Was hast denn, Chris? Bist schon den ganzen Abend so still. Hast vielleicht Ärger in der Schule gehabt?« Sabine Neumann schaute ihren Mann forschend an. »Du hast doch Kummer.«

      Er erwiderte ihren Blick fragend, war mit den Gedanken ganz woanders gewesen. Nun aber behauptete er: »Es ist alles in bester Ordnung, ich bin nur ein bissel müd’. Erzähl’ du mir lieber, was der Doktor Brinkmeier gesagt hat. Bist doch heut’ zur Untersuchung bei ihm gewesen, gelt?«

      Sabine zögerte mit einer Antwort, sie wurde den Eindruck nicht los, dass ihr Mann ihr etwas verheimlichte. Doch als er einen Arm um ihre Schultern legte und sie zart auf die Schläfe küsste, verscheuchte sie die trüben Gedanken. »Er sagt, es ist alles in Ordnung. Aber ich soll mich ein bissel schonen. Weißt, Chris, die dumme Sache von früher, die holt mich halt manchmal ein.«

      »Hast wieder Depressionen? Das musst mir aber sagen«, forderte er streng. »Ich will net, dass du versuchst, alles mit dir selbst abzumachen. Wir wissen doch beide, wohin das führt.«

      Sie schmiegte


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