Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman. Sissi Merz

Dr. Brinkmeier Staffel 3 – Arztroman - Sissi Merz


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auch dem Kind gegenüber. Wäre ich stabiler gewesen, vielleicht wäre es nicht zu der Fehlgeburt gekommen.«

      »Sie sind durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen.«

      »Ja, das stimmt. Aber ich durfte auch erleben, dass Chris immer zu mir gestanden hat. Wir haben uns gegenseitig Kraft gegeben. Deshalb glaube ich, dass ich die Fehlgeburt auch ohne Therapie verarbeiten kann. Zusammen können Chris und ich es schaffen.«

      »Ich wünsche es Ihnen von Herzen«, versicherte Max Brinkmeier ehrlich. »Aber wenn Sie wieder Probleme haben, kommen Sie zu mir. Wir überlegen dann gemeinsam, was getan werden kann.«

      »Danke für alles, Herr Doktor. Ich möchte allerdings erst wieder zu Ihnen kommen, wenn ich wieder in der Hoffnung stehe. Ich hoffe, unser Leben wird sich bald normalisieren. Das hilft mir nämlich am allermeisten.«

      Max lächelte ihr aufmunternd zu. »Sie werden es schaffen. Sie sind schon sehr viel stabiler geworden…«

      *

      Ein paar Tage später durfte Sabine Neumann das Spital in Berchtesgaden verlassen. Ihr Mann holte sie ab, er hatte sich freigenommen, wofür der Direktor durchaus Verständnis zeigte. Während sich das Leben der Neumanns ganz allmählich wieder normalisierte, machte Peggy Andersen mit den wenig angenehmen Folgen ihrer Handlungsweise Bekanntschaft.

      Peggys Eltern waren von Dr. Binder informiert worden und umgehend angereist. Das Mädchen bekam eine Standpauke von seinem Vater zu hören wie noch nie zuvor im Leben. Die Andersens waren fest entschlossen, ihre Tochter auf eine andere Schule zu schicken. So sehr das Mädchen sich auch sträubte, es schien keinen anderen Ausweg zu geben. Der Direktor stellte die Entscheidung den Eltern anheim, und diese blieben unnachgiebig. Bevor Peggy das Internat verließ, bat sie, noch einmal mit Christian Neumann sprechen zu dürfen. Der junge Lehrer zögerte, erklärte sich aber schließlich doch dazu bereit. Als Peggy dann vor ihm stand, wurde Christian klar, dass sie sich wirklich verändert hatte. Was geschehen war, hatte auch sie sehr mitgenommen. Und es schien nun offensichtlich, dass sie die Folgen ihrer Handlungsweise überhaupt nicht hatte abschätzen können. Mit gesenktem Blick und leiser Stimme bat Peggy den Lehrer: »Sagen Sie Ihrer Frau, dass es mir sehr leid tut. Ich habe das nicht gewollt. Und ich bereue auch, dass ich Ihnen solche Schwierigkeiten gemacht habe. Vielleicht werden Sie mich irgendwann nicht mehr hassen, dann bin ich schon zufrieden.«

      »Ich war sehr wütend auf dich, Peggy«, gab der junge Mann da offen zu. »Und ich habe dich mehr als einmal verwünscht. Aber du sollst nicht denken, dass ich dich hasse. Du hast einen schlimmen Fehler begangen und Schuld auf dich geladen. Ich wünsche dir, dass du es schaffst, damit umzugehen. Leicht wird das nicht.«

      »Ich weiß.« Sie biss sich auf die Lippen, murmelte mit brüchiger Stimme: »Ich wünschte, ich könnte alles ungeschehen machen. Leider geht das nicht. Aber ich will mich nie wieder so gehen lassen, das habe ich mir fest vorgenommen.«

      Nachdem Peggy mit ihren Eltern das Internat verlassen hatte, versicherte Dr. Binder dem jungen Lehrer: »Ich habe keine Sekunde an Ihnen gezweifelt, Herr Neumann. Aber man ist doch froh, dass die Dinge nun geklärt sind, net wahr?«

      Christian lächelte schmal, schenkt sich aber einen Kommentar. In den vergangenen Wochen hatte er seine Mitmenschen richtig kennengelernt. Und dass er ohne allzu große Verbitterung an das denken konnte, was hinter ihm lag, verdankte er hauptsächlich Max Brinkmeier, das war Christian Neumann nur allzu klar. Wenig später fuhr er heim und fand Sabine im Garten. Sie werkelte bereits wieder in den Beeten des Nutzgartens.

      »Du sollst dich doch noch schonen«, mahnte er sie.

      »Mir war im Haus fad.« Sie schaute ihn forschend an. »Ist alles wieder in Ordnung, Chris? Du schaust aus, als wäre endlich eine große Last von dir genommen.«

      Er legte einen Arm um ihre Schultern, gemeinsam gingen sie zurück zum Haus. »Ja, es ist alles wieder in Ordnung. Ich bin doch froh, dass diese Peggy fort ist. Was geschehen ist, was sehr schlimm. Und sie hätte mich immer daran erinnert.«

      »Es ist gut, dass sie fort ist.« Sabine lehnte den Kopf an Christians Schulter. »Und wir wollen auch nimmer über sie reden. Der Sommer ist noch lang. Vielleicht verreisen wir in den Ferien? Ein Tapetenwechsel könnte uns beiden net schaden.«

      »Keine schlechte Idee. Und wer soll die Kirschen ernten?«

      Die junge Frau musste lachen. »Hast recht, wir müssen unser kleines Paradies in Ordnung halten.«

      »Ist es das denn noch? Unser Paradies?« Er schaute sie aufmerksam an. »Kannst es tragen, Liebes? Sei ehrlich.«

      »Freilich, wennst bei mir bist, Chris, dann ist alles gut. Und ich will nie wieder Angst haben, das verspreche ich dir. Wir haben soviel zusammen ausgestanden, dass uns nix mehr passieren kann. Und wenn doch, dann stehen wir auch das noch durch.«

      »Mein Engerl, ich hab’ dich lieb«, verriet er ihr da innig, und dann tauschten sie ein langes Busserl, das ihnen beiden das Herz ganz leicht und weit machte vor Glück.

      *

      Die Magd Lissy war weniger glücklich. Als Stefan Wilsinger ein paar Tage später seine Sachen packte, um heimzufahren, hielt sie sich von ihm fern. Sie versteckte sich in der Remise, wollte dem drohenden Abschied unter allen Umständen entgehen. Und nachdem er abgefahren war, schloss sie sich in ihre Kammer ein und weinte lange. Die Bäuerin ahnte freilich, was in Lissy vorging. Sie klopfte an ihre Kammertür und bat: »Lass mich nur eini, ich hab’ hier was für dich vom Stefan.«

      Gewiss ein dummes Abschiedsgeschenk, dachte sie und rief: »Ich komme gleich in die Kuchel, Bäuerin, nur noch einen kurzen Moment!«

      »Lissy, jetzt sei net stur und schließ’ bitte die Tür auf.« Tina betrat die Kammer und schüttelte leicht den Kopf. »Was bist nur für ein Dickschädel. Der Stefan hat eine geschlagene Stunde auf dich gewartet, bevor er abgefahren ist. Und weil du dich net hast blicken lassen, musste er dir einen Brief schreiben. Da.« Sie legte den verschlossenen Umschlag in Lissys Schoß und mahnte: »In einer halben Stunde brauch’ ich dich drüben in der Kuchel. Bis dahin wirst ja hier fertig sein.«

      Die Magd nickte nur, starrte dabei unsicher auf den Brief. Was mochte Stefan ihr geschrieben haben? Hieß das vielleicht, dass sie ihm doch etwas bedeutete? Mit zitternden Fingern schlitzte sie den Umschlag auf und nahm einen Bogen Papier heraus. Das Herz pochte ihr unruhig im Brustkasten, während sie die Zeilen überflog, dann noch einmal gründlich las.

      Liebe Lissy, stand da geschrieben. Ich hoffe, Du bist mir nicht böse, dass ich jetzt abreise. Es fällt mir ja auch nicht leicht, mich von Dir zu trennen, aber ich muss heim, alles regeln. Diese ganze Geschichte, die hat mein Leben ziemlich durcheinander gebracht. Aber sie hat mir auch gezeigt, wohin ich gehöre und wo mein Herz ist. Das möchte ich Dir aber lieber von Angesicht zu Angesicht sagen. Deshalb bitte ich Dich, noch ein wenig Geduld zu haben. In einer Woche komme ich wieder nach Wildenberg. Und dann reden wir über alles, einverstanden?

      Lissy ließ den Brief sinken und lächelte versonnen. Sollte sich ihre heimliche Sehnsucht am Ende doch noch erfüllen?

      Die Bäuerin wunderte sich nicht, als ihre Magd wenig später summend in der Küche erschien. »Ich dank’ dir für den Brief, Bäuerin«, sagte sie leise. »Jetzt geht’s mir wieder gut!«

      »Nix zu danken, ich war ja nur die Überbringerin.« Tina legte ein wenig den Kopf schief. »Kann es sein, dass mein Gefühl richtig ist, und ich bald nach einer neuen Magd Ausschau halten muss? Das wäre mir dann allerdings leid, weil ich dich schon zu schätzen weiß, Lissy.«

      »Dank schön, Bäuerin. Deshalb hast mich auch als einzige eingeweiht in die Geschicht’ mit dem Stefan, gelt?« Sie musste kichern. »Und das war ja wirklich mein Glück.«

      »Des einen Glück, des anderen Leid. Und den Almkäse können wir uns auch abschminken. In dieser Saison wird es kaum noch klappen«, sinnierte die Bäuerin.

      Lissy nickte, dann wurde sie auf einen Schlag ernst. »Der Stefan ist doch Lehrer. Was meinst, bin ich net zu dumm für ihn? Er schreibt, dass er mich gern hat. Aber kann das funktionieren?«

      »Dumm


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