Auf eigenen Füßen. Susanne Ahrndt
4: Immer mehr Gründerinnen
2.4 Das Gründerprofil im Test
Bevor Sie mit der Praxisgründung starten, sollten Sie deshalb unbedingt Ihre eigene Persönlichkeit und Ihre persönlichen Voraussetzungen und Qualifikationen kritisch auf den Prüfstand stellen.
Siehe Checkliste: Gründerprofil
Sich objektiv selbst einzuschätzen, ist keine einfache Aufgabe. Bitten Sie daher auch die Familie sowie Freunde oder gute Bekannte, Sie ebenfalls zu beurteilen. Es kann für Ihr weiteres Vorgehen nur von Nutzen sein zu wissen, in welchen Punkten Selbst- und Fremdeinschätzung voneinander abweichen und wie Sie von anderen gesehen werden. Wenn andere ein anderes Bild von Ihnen als Sie selbst haben, was könnten die Gründe dafür sein? Sprechen Sie diese Punkte an.
2.5 Das Scheitern von Gründungen
Einer der bedeutendsten Erfolgsfaktoren ist die Person des Gründers. Die Persönlichkeit des Gründers trägt entscheidend zum Gelingen einer erfolgreichen Existenzgründung bei. Daneben gibt es aber auch eine Reihe von Stolpersteinen und Fallstricken auf dem Weg zum eigenen Unternehmen zu überwinden. Das fängt bereits mit persönlichen Befürchtungen an, im Falle eines Scheiterns gesellschaftlich, im privaten Bereich oder auch von Kreditgebern als „gescheitert“ diskriminiert zu werden. Die Angst vor dem Scheitern in Deutschland ist tatsächlich ein vergleichsweise häufiges Gründungshemmnis. Das geht aus dem Global Entrepreneurship Monitor (GEM) Länderbericht Deutschland 2017/18 hervor, für den das RKW Kompetenzzentrum in Deutschland gemeinsam mit dem Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz-Universität Hannover Daten erhoben und ausgewertet hat. Demnach gaben rund 42 % der 18- bis 64-Jährigen hierzulande die Angst vor dem Scheitern als einen Grund an, die sie vor einer Unternehmensgründung abhalte. Bezüglich dieses Faktors befindet sich Deutschland im Mittelfeld der 24 analysierten, strukturell vergleichbaren Länder. Am häufigsten haben nach dem GEM die Menschen in Griechenland Angst davor, dass ihr Weg in die Selbstständigkeit nicht funktioniert (70,2 %). „Noch immer machen sich in Deutschland vergleichsweise wenig Menschen mit einem eigenen Unternehmen selbstständig“, kommentiert Dr. Natalia Gorynia-Pfeffer, Projektleiterin des RKW Kompetenzzentrums, die Analyse und fährt fort: „Die Angst vor dem Scheitern spielt dabei sicher eine große Rolle, denn viele Menschen haben nicht nur Angst davor, aus finanzieller Sicht zu scheitern, sondern dadurch auch ihren gesellschaftlichen Status einbüßen zu müssen. Daher ist es zwingend notwendig, in Deutschland eine fehlerfreundliche Unternehmenskultur zu etablieren – die sogenannte Kultur der zweiten Chance.“ Die Daten des GEM zeigen aber auch, dass 58 % der 18- bis 64-jährigen Deutschen die Angst vor dem Scheitern nicht von einer Gründung abhalten würde.
Darüber hinaus stellt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) im Gründerreport 2018 fest, dass viele Gründer mittlerweile ihr Gründungsvorhaben besser vorbreitet starten und sich in IHK-Gründungsseminaren und Einstiegsgesprächen das nötige Rüstzeug aneignen. Doch ist der Prozentsatz der Existenzgründer, die in punkto Gründung Wissenslücken aufweisen, immer noch beachtlich. So haben 38 % Defizite im kaufmännischen Bereich: Preiskalkulation, Kostenrechnung, Betriebswirtschaft. Offenbar besteht häufig z. B. auch Unklarheit darüber, was die Geschäftsidee besonders auszeichnet. So haben sich 35 % der angehenden Unternehmer zu wenig Gedanken über den Kundennutzen gemacht und 32 % haben nur ungenaue Vorstellungen darüber, welche Zielgruppen sie überhaupt erreichen wollen. Um kritische Situationen oder gar ein Scheitern der Gründung vorzubeugen, gilt deshalb nach wie vor, dass sich jeder Gründer die typischen Pleite-Ursachen bewusst machen sollte:
Finanzierungsmängel: Der Gründer hat den kurzfristigen Kapitalbedarf falsch eingeschätzt. Ist aber zu wenig Geld vorhanden, um laufende Rechnungen zu bezahlen, sind Zahlungsschwierigkeiten vorprogrammiert.
Informationsdefizite: Aufgrund zu geringer Branchenkenntnisse hat der Gründer die Nachfrage und die Konkurrenz falsch eingeschätzt.
Qualifikationsmängel: Bei der fachlichen Qualifikation sind Gründer meistens gut gerüstet. Häufig kümmern sich Gründer zu wenig um das kaufmännische und unternehmerische Know-how.
Mängel in der Planung: Das Unternehmen gerät in Schwierigkeiten, weil der Gründer Gründung und Aufbau seines Unternehmens schlecht oder fehlerhaft geplant oder eine gute Planung nicht eingehalten hat.
Überschätzung der Betriebsleistung: Die Erwartungen des Gründers waren zu optimistisch, weil er den Markt falsch beurteilt hat. Oftmals stehen auch die erzielten Umsätze nicht im Verhältnis zu den Kosten und Investitionen.
Familienprobleme: Ein nicht zu unterschätzender Faktor für das Scheitern eines jungen Unternehmens sind Probleme in der Familie wie z. B. Trennung, Krankheit oder mangelnde Akzeptanz der Familie für die Existenzgründung.
Besonders kritisch sind, wie die Erfahrung zeigt, die ersten drei Jahre nach der Gründung! Ein umfassendes Bild über das Gründungsgeschehen in Deutschland vermittelt der alljährliche KfW-Gründungsmonitor, der auf Antworten von 50.000 zufällig ausgewählten, in Deutschland ansässigen Personen basiert, die im Rahmen einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung zum Thema Existenzgründung interviewt wurden. Hierbei wird das gesamte Gründerspektrum erfasst: Ob Voll- oder Nebenerwerb, ob Freiberufler oder Gewerbetreibender, ob Neugründung oder Übernahme. Wie bereits in vorausgegangenen Jahren gilt auch im KfW-Gründungsmonitor 2018 für die Abbruchrate von Existenzgründungen die 3-30-Faustregel: Danach beenden im Lauf von drei Geschäftsjahren rund 30 % der Gründer ihre Existenzgründung wieder.
„Der weitaus größte Teil der Existenzgründer“, so das Fazit des Gründungsmonitors, „bricht aus persönlichen Gründen ab, ohne unmittelbaren wirtschaftlichen Zwang.“ Gründe, die Existenzgründung wieder aufzugeben, sind für 33 % der Gründungsabbrecher z. B. familiäre Belastung, Stress, Krankheit oder Unzufriedenheit mit dem erzielten Einkommen. In 16 % der Fälle war eine bessere Jobalternative die Ursache. „Auch sind viele Gründungen von vornherein befristet geplant“, heißt es im Gründungsmonitor 2018, „insbesondere Nebenerwerbsgründungen.“
Dass die Ursachen, wenn ein junges Unternehmen freiwillig ohne Not geschlossen wird, häufig in der Persönlichkeit und der persönlichen Situation des Gründers zu suchen sind, zeigt zudem die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Auftrag gegebene Studie Ursachen für das Scheitern junger Unternehmen in den ersten fünf Jahren ihres Bestehens aus dem Jahr 2010. Auch hier lassen sich 42 % aller Marktaustritte junger Unternehmen auf persönliche und nicht auf wirtschaftliche oder finanzielle Gründe zurückzuführen. Mit 36 % sind enttäuschte Einkommenserwartungen der Hauptgrund, warum die Unternehmen freiwillig ohne wirtschaftlichen Zwang geschlossen wurden, gefolgt von Gründen, die in der Familie liegen (29 %), die stressbedingt (28 %) und auf die Gesundheit zurückzuführen sind (25 %). Außerdem war fast einem Viertel der Unternehmen (23 %) die persönliche Haftung zu groß. Knapp ein Fünftel der Unternehmer (19 %) schätzten ihre eigene Risikobereitschaft für zu gering ein. „Dies kann darauf hindeuten“, so folgern die Autoren der Studie, „dass sich Unternehmer ex ante nicht vollständig der großen Risiken bewusst sind, die sie auch ganz persönlich mit der Selbstständigkeit eingehen, bzw. dass diese falsch eingeschätzt wurden.“
Ohne Zweifel, der Dreh- und Angelpunkt bei einer Existenzgründung ist die Person des Gründers und sein Wissen und Können. Daneben gibt es aber auch Risiken, die ein Gründer nicht beeinflussen kann wie äußere Einflüsse. Das können plötzliche Änderungen im Kundenverhalten, Senkung der allgemeinen Kaufkraft, Änderung der Gesetze oder neue Vorschriften sein, wodurch sich die Einnahmen vermindern oder ausbleiben.
Fazit: Der Weg zur eigenen Fußpflegepraxis ist vergleichbar mit einem Parcours mit zahlreichen Stolperfallen und Hürden, die es zu meistern gilt. Die damit einhergehenden Belastungen und Anforderungen dürfen nicht unterschätzt werden.
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