Im Rhythmus des Laufens. Florian Jäger

Im Rhythmus des Laufens - Florian Jäger


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      FLORIAN JÄGER

       IM

       RHYTHMUS

       DES

       LAUFENS

      Impressum

      1. Auflage

      © egoth Verlag GmbH

      Alle Rechte vorbehalten. Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Rechteinhabers.

      ISBN: 978-3-903183-32-2

      ISBN E-Book: 978-3-903183-88-9

      Lektorat: Dr. Rosemarie Konrad

      Covergestaltung: Dipl. Ing. (FH) Ing. Clemens Toscani

      Fotos: Privatarchiv Florian Jäger, außer anders angegeben

      Grafische Gestaltung und Satz: Dipl. Ing. (FH) Ing. Clemens Toscani

      Printed in the EU

      Gesamtherstellung:

      egoth Verlag GmbH

      Untere Weißgerberstr. 63/12

      1030 Wien

      Österreich

       www.egoth.at

      FLORIAN JÄGER

       IM

       RHYTHMUS

       DES

       LAUFENS

      EINE ENTDECKUNGSREISE AN DIE GRENZEN DES ALLTAGS

       INHALT

       EIN ANFANG

       DAS TROSTVOLLE KNACKEN DES MÖHRENBRUCHS

       ZWISCHENLÄUFE I

       IM BRATWURSTDUNST

       ZWISCHEN ALLTAG UND BETON

       I’M STILL LEARNING HOW TO WALK

       TRAININGSTAGEBUCH

       ZWISCHENLÄUFE II

       DIE MAGISCHE MARKE

       VON NUN AN WIRD ES HART

       ZWISCHENLÄUFE III

       DIE WUNDERSAME WELT DES MARATHONS I

       GOTTA LOVE YOUR FEET

       DER ABSTURZ

       DIE WUNDERSAME WELT DES MARATHONS II

       ZWISCHENLÄUFE IV

       IM RHYTHMUS DES LAUFENS

       MEIN SCHATTEN

       WARUM LÄUFT NIEMAND IN NEAPEL?

       WIE SICH DIE ZEIT BEIM LAUFEN VERMEHRT

Ein Anfang image

      „You won’t return the same person.“ Lässig winkt mich der glatzköpfige Hostelangestellte heran, zwinkert mir zu, steht da in Kranichmusterkimono und Ledersandalen, aus denen blanke Zehen lugen. „Are you sure you want to do this?“

      Ich zucke mit den Schultern, woher soll ich das wissen.

      Er kramt kurz, reicht mir zwei Wanderstöcke, Quechua, Eigenmarke Decathlon. „Take these at least then.“

      Wieder zucke ich mit den Schultern, nicke ihm zu, nehme die Stöcke und lege sie auf den Boden neben das Doppelstockbett. Lege sie zu meinen anderen Utensilien für die Besteigung: eine Packung Cranberries für die schnelle Kohlenhydratversorgung, eine salzige Nussmischung für Fette und Mineralien, eine Wasserflasche und die Plastikpackung Udon-Nudeln vom 7-Eleven um die Ecke für das Mittagessen auf dem Gipfel.

      Der Wecker ist auf 4 Uhr gestellt. Um 23 Uhr lege ich mich in die untere Ebene des Doppelstockbetts. Obwohl ich allein im Achterzimmer bin, ziehe ich den am Bett über mir befestigten dunkelblauen Vorhang zu. Wie immer, wenn ich weiß, wenig Schlaf liegt vor mir, habe ich eine unruhige Nacht.

      Am Morgen stecke ich mir Kopfhörer in die Ohren und höre einen Radiobeitrag vom Deutschlandfunk, den ich mir vor zwei Tagen heruntergeladen habe, als ich beschloss, von Tokyo aus zum Fuji zu reisen.

      „Mögen unsere sechs Sinne gereinigt und möge das Wetter an diesem ehrenwerten Berg schön sein“, klingt es beschwörend aus dem Lautsprecherwagen, der die Prozession zur alljährlichen Gipfeleröffnung des Fuji anführt.

      Ich frühstücke hastig, Toastbrot, Tofu und salzig eingelegte Ume-Früchte, schnappe meinen Rucksack, trete aus der Hosteltür. Ich blinzle, als ein frischer Windhauch mich berührt.

      Der Morgen ist verheißungsvoll: Über dem erst matt beleuchteten Himmel sind kaum Schleier zu erkennen. Der Fuji steht fest, klar sichtbar. Dabei heißt es, der Fuji sei schüchtern, lieber bedecke er sein Gesicht hinter Dunst und Wolken. Folgt man dem Bild – der Fuji-san als empfindsames Wesen –, gibt er sich heute offenherzig. „Komm“, sagt er, „worauf wartest du?“

      Das Wetter ist schön.

      44 Kilometer, 3000 Meter aufwärts, 3000 Meter abwärts. Zahlen, die ich vor mich hin wiederhole, um ihre Bedeutung zu erfassen. Normalerweise begeht man den Fuji von hier aus in zwei Tagen, am ersten bis zu einer der Unterkünfte an den oberen Bergstationen, am zweiten die letzten Meter zum Gipfel und wieder bergab. Ich nehme mir nur diesen einen Tag, mein Reisegepäck lasse ich im Hostel liegen. Vor mir der lächelnde Berg, unverrückbar.

      Ich mache die ersten Schritte. Bald schon merke ich: Auf zwei leichte, wie verflogene, folgt ein schwerer, hinkender. Etwas hängt noch an mir, bedrückt mich. Aus dem Alltag ist es mir bis an den Fuß des Fuji gefolgt: Die Arbeit an meiner Dissertation drückt auf meine Schultern; sie ist ein Ungeheuer, übergroß und wabernd, ich bekomme es nicht zu fassen; nicht zu zähmen, nicht abzuwerfen.

      Es wird nicht leichter dadurch, dass ich es selbst gewählt habe. Motiviert hatte mich das Ziel, durch meine Forschung einen Unterschied zu machen.


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