Arbeits- und Organisationspsychologie. Annette Kluge
schlanken Produktion liegt. Dafür stehen bei der Lean Production, bedingt durch das JiT-Prinzip, die Partnerschaften mit den Zulieferern im Fokus, da das JiT Prinzip auf langfristigen Lieferpartnerschaften aufbaut (Petterson, 2009).
Die zentralen Prinzipien der Lean Production nach Forza (1996) sind ausschnittsweise in Tabelle 1.3 aufgezeigt (
Tab. 1.3: Prinzipien der Arbeitsgestaltung in der Lean Production (nach Forza, 1996, S. 50 f.; Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Emerald Publishing Limited).
VariableDefinition
Die grundsätzliche Idee der TAGs beinhaltet, dass Fließfertigung so gestaltet wird, dass die dysfunktionalen Wirkungen von Arbeitsteilung wie Verausgabung, Monotonie und systematische Dequalifizierung vermieden werden.
Bungard (1995) kritisiert jedoch, dass die Lean Production eine zweite Taylorismus-Welle mit lediglich verändertem Antlitz sei. Es sähe zwar so aus, als würde mit der Lean Production der Taylorismus beerdigt und stattdessen Gestaltungsprinzipien der dezentralen Ganzheitlichkeit und der partiellen organisatorischen Autonomie gelebt, die Realität sähe aber anders aus. Bungard (1995) berichtet von einem japanischen Nissan-Werk in England: »Unter Ausschaltung der englischen Gewerkschaften (no units!), in einem Umfeld mit extrem hoher Arbeitslosenquote arbeiten dort junge Mitarbeiter (Durchschnittsalter ca. 22 Jahre) an Fließbändern, mit einer Geschwindigkeit, die man bislang nicht für möglich gehalten hat. Die Taktzeit ist extrem niedrig, der Grad der Arbeitsteilung extrem hoch, die Positionsmacht der Meister außerordentlich stark. Der Unterschied zu früher besteht darin, dass zahlreiche indirekte Tätigkeiten in die Produktion (zurück-)integriert wurden. Ansonsten aber – und das ist der Punkt, der hier hervorgehoben werden soll – ist partiell der Taylorismus sozusagen auf die Spitze getrieben worden.« (Bungard, 1995, S. XII-XIII)
Verwaltungslehre und bürokratische Strukturen nach Weber
Die Geschichte der Bürokratie reicht bis ins absolutistische Frankreich zurück, als der einen Verwaltungsapparat zum Eintreiben der Steuern errichtete. Im 19 Jhd. wurden die Organisationsprinzipien der Bürokratie und Verwaltung auch in weiteren Teilen Europas ausgebaut, zogen in die Verwaltungen der sich entwickelnden Industrieunternehmen ein und wurden nach dem Vorbild der öffentlichen Verwaltung gestaltet. Häufig waren die »Beamten« in der industriellen Verwaltung vorher in der staatlichen Verwaltung tätig, deren Prinzipien sie auf die Unternehmen übertrugen (Kieser, 1999c/2014a).
Historische Voraussetzungen der Bürokratie
Die historischen Voraussetzungen der Bürokratie liegen in der Entwicklung der Geldwirtschaft und der Herausbildung eines Steuersystems. Durch beides wurde eine feste monetäre Entlohnung der Beamt/innen erst möglich. Die Ausweitung der Verwaltungsaufgaben wurde zudem durch die steigenden Ansprüche an den Staat befördert, wie z. B. Schutz und Ordnung (Polizei), Erziehung (Schulen) und Infrastruktur (Eisenbahnen, Telegraphen/Post).
Max Weber (1864–1920) befasste sich intensiv mit den Fragen der Wirkung von bürokratischen Strukturen. Er stellte die Bürokratie in dem Zusammenhang mit dem Prozess der »Rationalisierung« in dem Sinne, dass Menschen zunehmend als fähig erachtet wurden, sich mit der natürlichen und sozialen Umwelt geistig auseinanderzusetzen und gestaltend in sie einzugreifen (Kieser, 1999c/2014a). Nach Kieser (1999c, S. 39) war Weber nicht nur ein Begründer der Soziologie, sondern seine Analysen zur Bürokratie machten ihn zum Wegbereiter der modernen Organisationstheorie.
Weber beschreibt die Bürokratie als reinste Form der legalen Herrschaft (die legitim ist durch ihren rationalen Charakter), die von der charismatischen (
Merkmale rationaler Herrschaft in moderner bürokratischer Verwaltung sind
• spezialisierte Aufgabenerfüllung (Arbeitsteilung),
• streng hierarchischer Aufbau (Amtshierarchie),
• Amtsführung durch Beamte nach technischen Regeln und Normen,
• Aktenmäßigkeit der Verwaltung.
Bei der Bürokratie handelt es sich um eine spezielle Form des Verwaltungsstabes. Weber vergleicht die Bürokratie mit Formen der Verwaltung aus früheren Jahrhunderten, in denen die Fürsten Gebiete für den König verwalteten, die dann wiederum die Verwaltung kleinerer Gebiete zur Verwaltung an niedrigere Adlige übertrugen.
Wie waren die Zeiten vor der Bürokratie?
Auf jeder Verwaltungsstufe der Jahrhunderte vor der Bürokratie entlohnten sich die Herrscher nach eigenem Ermessen, z. B. nach den Steuereinnahmen, und Beamte früherer Zeiten konnten die ihnen übertragenen Rechte mehr oder weniger frei interpretieren und sich bedienen (Kieser, 1999c). Im späten 18. Jhd. sprachen die Gutsherren Recht und vielleicht kennen Sie die Redewendung, dass jemand »nach Gutsherren-Manier entscheidet«. Damals gab es nur für wenige Beamtenlaufbahnen so etwas wie Eingangsprüfungen oder Eingangsvoraussetzungen, und wenn es sie gab, waren diese bei adligen Personen nicht anzuwenden (Kieser, 1999c). Die Beamten bezogen neben dem Gehalt weitere »Naturalzahlungen«. »Gebühren« waren regelmäßige Einkünfte der Beamten mit Publikumsverkehr (also in den Amtsstätten), was in der Konsequenz zu Korruption und Willkür führte. Die Zahlung von »Handsalben« galt als normales Mittel der Bürger/innen, um Interessen durchzusetzen (Kieser, 1999c).
In der Bürokratie sind heute hauptberufliche und mit festen Gehältern entlohnte Beamt/innen tätig. Die Beamt/innen sind nicht mehr aufgrund einer Erbmonarchie in ihren Positionen, sondern auf der Basis eines Kontraktes. Sie werden aufgrund ihrer Fachqualifikation ausgewählt, mit festen Gehältern bezahlt und haben eine langfristige Zukunftssicherung. Das ihnen zugewiesene Amt ist der Hauptberuf der Beamt/innen, den sie in festgelegten Zeiten in eigens dafür eingerichteten Amtsstätten auszuüben haben. Die Beamt/innen haben kein Eigentum an dem Amts- und Betriebsvermögen, haben eine vorgezeichnete Laufbahn und sind einer einheitlichen Amtsdisziplin und Kontrolle unterworfen (Weber 1972 n. Kieser, 1999c, S. 47).
Die bürokratische Verwaltung beschreibt Weber wie folgt (Weber 1972 n. Kieser, 1999c):
• Jedes Mitglied hat feste Zuständigkeiten, einen abgegrenzten Bereich von Leistungspflichten (ein Amt, eine Stelle oder einen Aufgabenbereich) und die zur Ausübung der Stelle notwendige Befehlsgewalt (Weisungsbefugnis).
• Die Kompetenzen basieren auf Regeln (Gesetze oder Verwaltungsreglements), sind personenunabhängig und generell festgelegt (zur Zeit der Gutsherren wurden die Aufgaben eher an die Personen angepasst).
• Es werden Personen gesucht und eingestellt, die geeignet sind, einen derartigen Aufgabenbereich zu übernehmen.
• Es entsteht eine Struktur, in der Personen ausgetauscht werden können, ohne dass sich die Struktur ändert oder geändert werden muss.
• Die Amtshierarchie ist ein festgeordnetes System von Über- und Unterordnung, um eine Abstimmung zwischen den Aufgabenbereichen zu ermöglichen (der »Dienstweg«).
• Die Amtsführung (die Aufgabenerfüllung) erfolgt nach generellen, festgelegten und erlernbaren Regeln in Form von technischen Regeln oder Normen.
• Die Aufgabenerfüllung beruht auf Schriftstücken (Akten). Neben der schriftlichen Fixierung der Regeln (z. B. in Verfahren oder Amtsblättern oder Verkündungen) wird in der Bürokratie die »Aktenmäßigkeit« der Vorgänge betont. Die Kommunikation