Zeige deine Wunde. Rüdiger Sünner

Zeige deine Wunde - Rüdiger Sünner


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       ZEIGE DEINE WUNDE

       KUNST UND SPIRITUALITÄT BEI JOSEPH BEUYS

       Eine Spurensuche von Rüdiger Sünner

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      1. eBook-Ausgabe 2021

      © 2021 Europa Verlag in Europa Verlage GmbH, München

      Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich, unter Verwendung eines Motivs von: © IMAGNO/Franz Hubmann/Süddeutsche Zeitung Photo Bildnachweis: S. 145 (mit freundlicher Genehmigung des Autors): © Bernd Klüser, München; S. 8, S. 9, S. 22, S. 56, S. 60, S. 76, S. 77, S. 97, S. 104, S. 113, S. 119, S. 120, S. 122, S. 135, S. 145, S. 152, S. 181: © VG Bild-Kunst, Bonn 2015; S. 76, S. 77: © WDR, Köln Fotonachweis: S. 56, S. 120, S. 153: © Eva Beuys/VG Bild-Kunst, Bonn 2015; S. 8, S. 9, S. 76, S. 77, S. 97, S. 104, S. 113, S. 119, S. 122, S. 130, S. 131, S. 135, S. 145, S. 163, S. 181: © Rüdiger Sünner, Berlin

      Satz: BuchHaus Robert Gigler, München

      Gesetzt aus de Minion Pro und der Plak Black Extra Condensed

      Konvertierung: Bookwire

      ePub-ISBN: 978-3-95890-396-8

      Alle Rechte vorbehalten.

       www.europa-verlag.com

       INHALTSVERZEICHNIS

       Das Rudel

       Winterschädelerlebnis

       Erbe und Sohn Lohengrins

       Dionysos in Weimar

       Das Wesen der Künste

       Die Botschaft der Sibyllen

       Ätherschwanenfigur

       Tiere sind Engelwesen

       Der Alchemist

       Das Prinzip Auschwitz

       Schrecken und Transzendenz

       Zeige deine Wunde

       Wärmezeitmaschinen

       Celtic Spirit

       Die Intelligenz der Bäume

       Jeder Mensch ein Künstler

       Anmerkungen

       Literaturauswahl

       Abbildungsverzeichnis

       DAS RUDEL

      Als ich 16 war, hatte ich einmal früher Schulschluss als sonst und ging, da ich noch keine Lust auf Zuhause hatte, in eine Ausstellung der Kölner Kunsthalle. Dort sah ich in einem abgedunkelten Raum eine seltsame Plastik, die mich sofort in ihren Bann zog. Aus einem alten, verwitterten VW-Bus kamen zahlreiche Schlitten heraus, die sich wie lebendige Objekte auf dem Boden verteilten und auf denen mit medizinischen Gurten jeweils eine große Taschenlampe, ein Stück Fett und eine eingerollte Filzdecke befestigt waren. Es war die Installation »Das Rudel« von Joseph Beuys.

      Lange stand ich in dem Raum, um die vielen Empfindungen in mir zu ordnen. Ich war plötzlich nicht mehr in Köln, sondern in einer fernen Landschaft, wo es dunkel und kalt war und ich diffuse Ängste verspürte, als befände ich mich in einer extremen Notlage. Kein Mensch war zu sehen, kein Laut zu hören, aber langsam kroch die Dämmerung herauf und mit ihr unbekannte Gefahren. War es in den Eiswüsten des Nordens, in kahlen Landschaften Schottlands oder Skandinaviens? Der VW-Bus sah rostig und ramponiert aus. Er wirkte schwach und beschädigt, als könne er seinen Insassen nicht mehr weiterhelfen, wie ein schon lange in der Wildnis stehendes verfallenes Gefährt. Er löste Assoziationen mit einem Unfall aus, rief in mir Gefühle von Schrecken, Ohnmacht, Mitleid hervor. Ein ganzer Film entstand in meinem Kopf und hielt mich lange in dem Raum. Was war hier geschehen? Handelte es sich um eine ganz normale Autopanne, einen Überfall mit schrecklichen Folgen? Verlassen wirkte das Ganze und doch eigenartig belebt. Die Schlitten waren irgendwie in Bewegung oder zumindest in einer erstarrten Bewegung.

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       DAS RUDEL, 1969

      Aber sie hatten nichts Fröhliches wie auf einer winterlichen Rodelpartie. Den Schlitten war der Schrecken in die Glieder gefahren, sie strebten fast panikartig von dem Bus weg in eine unbekannte Richtung. Die auf ihnen befestigten Taschenlampen waren nicht eingeschaltet, aber ihre funkelnden Glasscheiben lösten in mir vieldeutige Empfindungen aus. Waren es Augen von Tieren, vielleicht von Wölfen, die uns verfolgten, oder Lichtquellen, die uns in der Nacht Sicht gaben? Ich meinte, die Fettkuchen riechen zu können, die auf den Schlitten wie ein Stück armseliger Restnahrung klebten. Stellte mir vor, wie sie schmeckten bzw. was passierte, wenn man sie erwärmte. Die Filzdecken und die medizinischen Gurte, mit denen sie befestigt waren, erinnerten an Krankenhäuser und Unfallwagen. Als Kind hatte ich einmal bei einem Brand in der Nähe unserer Wohnung die Feuerwehr bei ihren Rettungsaktionen beobachten können: Sanitäter brachten Menschen aus dem brennenden Haus auf Tragen heraus, an denen solche Gurte befestigt waren. Eine


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