Gärten des Jahres 2021. Konstanze Neubauer

Gärten des Jahres 2021 - Konstanze Neubauer


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      AUSFÜHRUNG

      Gaerten von Hoerschelmann GmbH

      FOTOGRAFIE

      Ferdinand Graf Luckner

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      „Die größte Herausforderung war, das Bild Frankreichs wachzurufen, ohne manieristisch zu werden. Der Garten soll nach Norddeutschland und zum Wohnhaus passen, aber Frankreich subtil anklingen lassen.“

      SOEREN VON HOERSCHELMANN

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      PLAN

       1Wohnhaus

       2Wasserbecken

       3Pflanzenzimmer

       4Wasserbecken Burgpreppacher Sandstein

       5Stahlmuschel mit weißer Glyzine

      Büro Volker Püschel

      Mehr als ein Garten

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       Im Wohngarten: Der Bodenbelag ist aus holländischem Straßenklinker – eine Reminiszenz an den Architekten des Hauses.

      Es ist ein ungewöhnliches Haus mit einem Grundriss, den man erst versteht, wenn man dessen Geschichte kennt. Ebenso ungewöhnlich ist der dazugehörige Garten, der, genau genommen, aus fünf kleinen Höfen besteht, die aber mehr Lebendigkeit und Vielfalt beherbergen als so manch großer Garten. Hier leben und arbeiten die beiden Landschaftsarchitekten Volker und Helgard Püschel seit bald 50 Jahren. Gerade während der Corona-Zeit bedeutet ihnen ihr eigener Garten pure Lebensqualität.

       Laudatio

      Das Motto „Viele kleine Höfe ergeben auch einen ganzen Garten“ impliziert die Frage: Was macht einen „ganzen“ Garten aus? Die Schöpfer dieses Ensembles Haus und Garten haben überzeugende Antworten gefunden.

      Auf einem 1000 m2 großen Grundstück finden Wohnen und Arbeiten zueinander und sind doch so voneinander separiert, dass sich die unterschiedlichen Nutzungen neben- und miteinander ergänzen. Dies gelingt durch die Struktur von Haus- und Gartengrundriss, die zusammen entwickelt zu einem schlüssigen Gesamtkonzept führt. Die „vielen kleinen Höfe“ vom Wohn-, einem Kräuter-, einem Büro- und einem Mietergarten bis zu einem Saunahof sind alle üppig bepflanzt und schaffen so beschützte eigene Räume, die sich in ihrer Nutzungsvielfalt zu einem schlüssigen „Ganzen“ fügen.

      Die Fenster aus dem Obergeschoss luken zwischen Blauregen und Schlingpflanzen unter einem Rasendach hervor und verstärken so den Eindruck eines Hauses, das mit der Natur eine enge Verbindung eingegangen ist. Auch über die Giebelseiten des Hauses und das im Erdgeschoss vorspringende Dach ranken sich Pflanzen und schaffen eine enge Verbindung zu den darunterliegenden Loggien.

      Der Weg zum Hauseingang ist mit Granit-Mosaiksteinen und einem Rahmen aus Betonplatten in Form einzelner „Teppich“-Abschnitte gepflastert, welche die Raumabfolge akzentuieren. Auch an dieser Seite des Hauses schaffen Pflanzen mit einem schmalen Beet an der Fassade und einer üppigen Rabatte an der Grundstücksgrenze einen als Garten gestalteten Hauszugang.

      Die in den Gartenhöfen ausgelegten Klinkerbeläge fügen sich durch die kleinen Formate gut in die Dimensionen des Hauses und der Höfe mit ihrer differenzierten Gestaltung ein. Die langen Blütenstiele mit ihren gelben Tellern akzentuieren die einzelnen Gartenhöfe und weisen nach außen auf ein vielfältiges Gartenensemble hin.

      Irene Burkhardt

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       Das ungewöhnliche Haus – eingehüllt in seinen schützenden Pflanzenmantel.

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       Dem Büro ist dieser Innenhof angegliedert. Links davon schließt sich der Innenhof mit dem Hochbeet an.

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       Im Küchen- und Saunahof lassen sich die Spatzen an der Vogelfutter-Menagerie beobachten.

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       Kräutergarten mit Hochbeet – die Hainbuchenhecke blieb erhalten und erinnert an die alte Gartenstruktur.

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       Ein einheitlich gestalteter Weg führt zu den vier Haustüren.

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       Neue Pflanzen kommen in Ermangelung noch freier Pflanzflächen in Tröge und Töpfe und bereichern die Hofflächen – wie hier z. B. den Werkstatthof.

      Die räumliche Gliederung in fünf Höfe ist eine Besonderheit, die der außergewöhnlichen Architektur geschuldet ist. Denn das Grundstück mit seinen 1000 m2 ist mit einem Einfamilienhaus und drei Mini-Reihenhäusern bebaut. Als Familie Püschel das Grundstück erwarb, gab es dort vier Wohneinheiten mit entsprechend vielen Eingängen und dazugehörigen Gartenanteilen. „Die drei 'Reihenhäuser' konnten bald bautechnisch in Angriff genommen werden. Größte Maßnahme und somit Mehrgewinn an Wohnfläche war die einseitige Aufstockung des Giebeldaches. Daraus resultierte ein Flachdach und eine große Fensterfront an der Südseite“, berichtet Volker Püschel. Das Dach wurde zunächst mit Sedum bepflanzt, die Fassade dank vertikalem Grün mit dem Garten verbunden. „Für mich haben Pflanzen am und im Haus nur Vorteile. Schon damals Mitte der 70er-Jahre handelten wir nach dem Motto, dass das horizontale und vertikale Grün in Architektur und Stadtlandschaft ein wesentlicher Beitrag zur Umweltverbesserung ist“, betont Volker Püschel. Im Laufe der Zeit wurde aus dem Sedum auf dem Flachdach durch Sukzession eine 70 m2 große Rasenfläche. Sie funktioniert seit 35 Jahren, ist mittlerweile zu einem 20 cm dicken Pflanzenpolster angewachsen – Biomasse als perfekte Dachdämmung. Auch der Pflegeaufwand hält sich in Grenzen: 1 x im Jahr werden die Gräser geschnitten – fertig. Dem Dach schadet der Bewuchs, wie oft vermutet wird, ebenso wenig wie die vertikale Begrünung, die dafür sorgt, dass sich das Haus, insbesondere die Südseite mit der großen Fensterfront, nicht allzu sehr aufheizt. In Zeiten des Klimawandels mit heißen Sommertagen ein weiteres Plus! 25 m2 vertikale Vegetation wächst in 12 Meter langen Pflanzkästen an der Hausfassade empor und kann ohne viel Aufwand bewässert werden. Zum großen Teil stammt die Bepflanzung aus Fingerstrauch (Potentilla), Mittelmeer-Schneeball (Viburnum tinus), Essigbaum (Rhus), Heiligenkraut (Santolina) und Steinkraut (Alyssum) noch aus der Erstbepflanzung. Eine Glyzine (Wisteria) umrankt auf etwa 20 m die ganze Länge des Hauses. Ost- und Westgiebel des Langhauses sind komplett mit Efeu (Hedera helix) berankt, in den sich Wilder Wein eingeflochten hat. Der dicke Efeu-Pelz hält Sonne, Wind und Wetter ab, dämmt das Haus gegen Hitze und Kälte. Die Blüte im Spätherbst liefert eine hervorragende Honigweide, und das Astwerk mit den dichten Blättern bietet Vögeln Nistmöglichkeiten.

      Ein einheitlich gestalteter Weg, über 20 m lang, führt zu den vier


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