Herrschaft der Angst. Imad Mustafa
Faschismus jener Vorgang ist, bei dem männlich private Ansichten zu politischem Programm aufsteigen, dann ist die Hausvaterschaft in die Politik zurück eingeführt. Donald Trump ist da nur die flamboyantere Erscheinung. Sebastian Kurz schaut nur nicht so unappetitlich aus.
Das Regierungsprogramm der ÖVP/FPÖ Koalition 2017 fasste Frauen ausschließlich als zu Rettende auf, die vor »fremden Männern« geschützt werden müssten. Die Regierung trat so als der beschützende Hausvater auf, der seiner Verpflichtung zum Schutz seines Besitzes nachkommt. Wenn Schutz notwendig ist, dann wird Gefahr vorausgesetzt. Gefahr löst Angst aus. Das Auftreten des Staats als Hausvater braucht diese Gefahr und stellt sie selber her, um Angst auslösen zu können. Die zu Schützenden müssen dazu gebracht werden, an die Gefahr zu glauben und den Schutz davor zu verlangen. Die sorgfältig Geängstigten werden dann dem Schutz unterstellt. Der Schutz ermöglicht dann Sonderregelungen. Dafür müssen Grundrechte ausgesetzt werden. Der Schutz vor der deklarierten Gefahr verlangt die vollkommene Übergabe der Person an die Herrschaft. An den Staat. Dass Frauen nicht gleichberechtigt gesehen werden ist daran zu erkennen, dass es diese Sonderpolitik für Frauen geben muss. Wie in Österreich die Versorgung der Frau und des Kinds für die allererste Zeit aufgrund rechter Politik vom Staat übernommen wird. Der Staat wird so selbst zum Kindsvater. Wir könnten verschiedene historische Erklärungen dafür anwenden. Aber. Dass die demokratischen Grundrechte für keine Person mitgedacht sind, das lässt sich an der Selbstverständlichkeit ablesen, wie die österreichische Regierung in der COVID-19-Krise gegen die Verfassung regiert. Denn. Diese Grundrechte sind nicht kulturell durchgesetzt. Es gibt kein Bewusstsein für die je eigene Berechtigtheit. Das kann historisch abgeleitet werden. In einer Krise führt das zum Rückfall in die transgenerationell vererbte Untertanenschaft.
»You don’t have to live next to me.
Just give me equality.«
Nun. Der Kosmos der Pflege. Da, wo gelebt wird. Machiavelli führt diesen Kosmos unter der Bezeichnung »Bürger« als das, was der Macht zur Disposition steht und wie die Macht in verschiedenen Herrschaftsformen über das gesamte Leben der Bürger ausgeübt werden kann. Machiavelli spricht dann auch schon über mich oder uns als Mitglieder einer Stadtgesellschaft, derer sich der Fürst allerdings damals jederzeit vergewissern musste. Die Ethik der Verstellung, wie Machiavelli sie aufstellt. Diese Ethik ist dann schon der Bericht von der Propaganda, wie sie der Riss zwischen Kirche als spirituelle Herrschaft und der jeweiligen staatlichen Herrschaft in der Moderne ermöglichte. Die Ethik der Verstellung kommt in jeder Einseitigkeit der Politiker zur Anwendung. Die Ethik der Verstellung leugnet den Kosmos der Pflege in der Einseitigkeit der propagierten Gefühle. Machiavelli meinte, die Ethik der Verstellung könne jederzeit angewandt werden, und seit wir nicht mehr die Gefühle irgendeines Fürsten beobachten müssen, um auf die Politik schließen zu können. Seit es eine in Medien ausgedrückte öffentliche Meinung gibt. Die Verstellung ist zur Grundform der Kommunikation zwischen Herrschaft und Beherrschten geworden. Die Lüge ist permanente Grundlage der Kommunikation. Die Verstellung ist dem System notwendig in der vermittelten Selbstdarstellung der Herrscher in der autoritären Demokratie. Deshalb sehen wir den Bundeskanzler immer gleich angezogen mit den immer gleichen Bewegungen immer gleiche vage Zukunftsprognosen bezüglich der Pandemie abgeben. Die Wahrheit wäre ja, dass nichts zur Zukunft gesagt werden kann. Aber. In der zwänglichen Vorstellung, es müsse Führung vorgeführt werden, darf die Herrschaft nicht in die Sprache des Kosmos der Pflege verfallen. Denn. Wie in den USA durch Trump. Es geht darum, nicht in die Nähe der Pandemie zu kommen, die ja zuallererst den Kosmos der Pflege betrifft. Leben und sterben. Lieben und trauern. Die Sprache des Kosmos der Pflege ist empathisch und notwendig vieldeutig. Herrschaft in der Moderne. In der pervertierten Erinnerung an ein liberales gemeinsames Richtiges. In der Dissoziation der Herrschaft von der Sprache des Kosmos der Pflege wird der hausväterlichen Männlichkeit nachgekommen. Hausväterliche Männlichkeit in Führung umgegossen wird als Schutz gegen die Vernichtungsängste eingesetzt. Gegen jene Vernichtungsängste, die schon die Abhängigkeit des Kosmos der Pflege von der Herrschaft hergestellt haben. Herrschaft bleibt das Zirkelargument natürlich gemachten Glaubens davon, was die Wirklichkeit ist.
»Why don’t you see it.
Why don’t you feel it.
I don’t know.
I don’t know.«
Herrschaft ist eine traurige Angelegenheit. Herrschaft ist zwänglich darin, dass sie sich einmal eingeführt, selbst erzwingt und nur besiegt zu Ende gehen kann. Herrschaft bedeutet steten Kampf des eigenen Erhalts. Herrschaft, wie wir sie aus unserer Geschichte der Habsburger Monarchie kennen, führt sich auf römisches Recht zurück, das sich durch die katholische Kirche die Macht als gottgewollt bestätigen lässt. Das ist nur unser Beispiel der Vereinbarung, die die Eliten miteinander schließen, sich die Herrschaft zu teilen.
Machiavelli leitet seine Lehrsätze von der Herrschaft am Beispiel des römischen Reichs her. Aus der Geschichte der Sklaverei wissen wir sehr genau, wie diese Herrschaft beschaffen war. Und. Wie diese Herrschaft sich wiederum in die Christlichkeit einträgt, in der die Sklaverei nie explizit abgeschafft wurde. Die Herrschaftsformen wurden »milder«. So steht es auf Wikipedia. Hörigkeit und Leibeigentum sind dann die sprachliche Anpassung von Sklaverei an die jeweiligen Umstände. Hörigkeit und Leibeigenschaft versetzen die Herrschaft wie die Sklaverei in den Besitz der Körper der Beherrschten. Wie Angst sich in einer solchen Situation anordnet, ist schwierig nachzuvollziehen. Wir können nur aus der Lyrik des Barocks ein wenig darauf schließen, wie sich Personen fühlen, die nicht über den Besitz ihres Körpers verfügen. Aus der Geschichte der Sklaverei erfahren wir, dass es sich bei diesen Herrschaftsbeziehungen um Nachstellungen familialer Beziehungsmuster handelte. Ganz sicher aber können wir annehmen, dass es Gefühle der Ausgeliefertheit geben muss. Das wird sich ähnlich der Auslieferung an die ewige Verdammnis fühlen, mit der die katholische Kirche das kleine Kind immer noch, bzw. in Bewegungen wie dem Loretto-Kreis neuerdings wieder, durch die Erbsünde belastet sieht. Diese spirituelle Herrschaft verbirgt sich ja in den Rettungsangeboten vor der ewigen Verdammnis. Gehorsam erzwingt sich durch erpresserische Versprechungen einer Rettung. Die Angst vor ewigen Höllenqualen blieb in Österreich die angststilbildende Formel. Aller Anspruch auf eine Selbstbestimmung in spirituellen Fragen wurde in der Gegenreformation unterbunden. Die katholische Kirche in Österreich verlangte vollkommene Selbstübergabe an die Anleitung durch den Priester. Das priesterliche Monopol, mit Gott sprechen zu dürfen oder zu können. Daraus leitete sich die Herrschaft über das Leben selbst ab. Mit der Taufe begann diese Herrschaft und blieb bis zum Tod bestehen. Eine Person war über die Herrschaft der katholischen Kirche im Kosmos der Pflege insgesamt und in allen einzelnen Lebensschritten als Objekt der beider Herrschaften definiert. Monarchie und Kirche. Ein eigenes Selbst. In Österreich.
Der Bürger braucht das ganze 19. Jahrhundert, sich in die Nähe einer Subjekt-Konstruktion hinzumühen. In protestantischen Kulturen ist dieser Weg viel früher offen und beschert uns die kulturelle Hegemonie des deutschen Sturm und Drangs, dessen Werke wiederum in den österreichischen Schulen heute als selbstverständlich Eigenes ein kulturelles Deutschtum herstellen. Das deutsche Kaiserreich wird uns als eigene Kultur vorgeführt. Vorspiegelung falscher Tatsachen in aller Selbstverständlichkeit war das. Und. Das könnte Vielfältigkeit bedeuten. Aber. Im Vergessen der österreichischen Geistesgeschichte bleibt die geistige Mühsal des 19. Jahrhunderts unberichtet. Immer wieder wird Österreich als Kulturnation ausgerufen, während es doch bis heute keine klare Sicht auf die weiterhin kulturell wirksame katholische Restauration der Vorstellung von Herrschaft gibt. Die chauvinistische österreichische Alltagskultur bleibt sich so selbst gewiß. Den Kampf gegen Feudalität und Kirchen übernimmt man weiterhin als eigene deutschsprachige Kultur und kann sich so das Männlich-Elitäre nie überwundener Herrschaftsformen im Österreichischen privat erhalten, während öffentlich und rechtlich Demokratie behauptet wird. Zu einer emanzipierten Form österreichischer Männlichkeit ist es nie gekommen. Der Hausvater ist zum freundlicheren Herrscher umgebaut weiterhin absoluter Herrscher geblieben, der über Ein- und Ausschluss in sein Reich entscheidet. Die politische Rechte formuliert das ganz offen. Die politische Mitte bemüht sich noch um christliche Argumentationen einer gottgegebenen Geschlechterdichotomie.
Es sind nur diskretere