Herrschaft der Angst. Imad Mustafa

Herrschaft der Angst - Imad Mustafa


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Versuchungen, Berlin 2018, S. 16 f.

      63 Otto Penz/ Birgit Sauer, Affektives Kapital. Die Ökonomisierung der Gefühle im Arbeitsleben, Frankfurt/M./New York 2016

      64 Ni una menos (Nicht eine weniger) ist eine in Lateinamerika entstandene, mittlerweile globale Bewegung, die den Kampf gegen Femizide mit einer Umgestaltung patriarchaler und kolonialer Gesellschaften verbindet. Ni una menos Österreich: https://osterreichnum.wordpress.com/

      65 Wendy Brown, In the Ruins of Neoliberalism. The Rise of Antidemocratic Politics in the West, New York 2019

      66 Ruth Wodak, The Politics of Fear, London 2015

      67 Heitmeyer 2018, S. 87

      68 Pierre Bourdieu, The Abdication of the State, in: Pierre Bourdieu et al. (Hg.): The Weight of the World: Social Suffering in Contemporary Society, Stanford 2020, S. 181−205

      69 Michel Foucault: Die Gouvernementalität, in: Ulrich Bröckling/Susanne Krasmann/Thomas Lemke (Hg.), Gouvernementalität der Gegenwart. Studien zur Ökonomisierung des Sozialen, Frankfurt/M. 2000, S. 41–67

      70 Michel Foucault, Subjekt und Macht 1982, in: Daniel Defert/Francois Ewald/Jacques Lagrange (Hg.): Schriften in vier Bänden. Dits et Ecrits, Bd. IV, Frankfurt/M. 1982, S. 269−294; Nikolas Rose, Governing by Numbers: Figuring out Democracy, in: Accounting, Organizations and Society, 16/7 (1991), S. 673−692.

      71 Michel Foucault, Was ist Kritik? Berlin 1990 [1978]

      72 Cornelia Klinger, Lebenssorge und geschlechtliche Arbeitsteilungen in sozialphilosophischer und kapitalismuskritischer Perspektive, in: Erna Appelt/Brigitte Aulenbacher/Angelika Wetterer (Hg.): Gesellschaft. Feministische Krisendiagnosen. Münster 2013, S. 82−104

      73 Michael Hardt/Antonio Negri: Empire. Die neue Weltordnung, Frankfurt/M./New York 2002

      74 Gabriele Winker, Care Revolution: Schritte in eine solidarische Gesellschaft, Bielefeld 2015

      Marlene Streeruwitz: Herrschaft ist Patriarchat ist alles und vor allem Angst

       »Don’t tell me.

      Das war 1964. Nina Simone sang alle Enttäuschung und Wut über die damalige Rassentrennungspolitik in den USA. Damals. Über die Bürgerrechtsbewegung waren im Fernsehen manchmal Bilder von Aufmärschen zu sehen. Die Kameras waren auf die marschierenden oder angesammelten black people wie Waffen gerichtet. Der Konflikt wurde mit diesen Bildern und den kargen Kommentaren unverständlich gemacht. Die Unzufriedenheit der Demonstrierenden aus einer Elternperspektive berichtet. Aber. Die Eltern hatten damals ausgespielt. Ihre Herrschaft war nicht mehr in den institutionellen Machtverhältnissen gespiegelt. Das hatte mehr mit der Wirtschaftssituation zu tun als mit politischer Freiheit. Aber. Die Angst, alles zu verlieren, wenn dem Vater nicht mehr zugestimmt wurde. Die sich entwickelnde Wirtschaft ließ die Zukunft rosig erscheinen. Die Zukunft machte keine Angst. Ich konnte nach der Matura aus dem Schulgebäude hinausgehen und denken, die Welt stünde mir offen. Ich forderte meine Gleichwertigkeit ein.

       »Don’t tell me.

       I tell you.«

      Diese 2 Sätze im Imperativ. Sie wären das gesamte Programm gegen alle Herrschaft. Und Herrschaft. Nach Max Weber wäre Herrschaft gegenseitige Bezogenheit der Herrschenden und der Beherrschten. Herrschaft fügte sich aus kompliziert verschlungenen Stillhalteabkommen und Fürsorgevereinbarungen und Übernahmeregelungen zwischen diesen beiden Gruppen zusammen. Immer würde den Interessenslagen entlang verhandelt. Aber. Das Erkennen der Interessenslagen wäre dann die Voraussetzung für ausgeglichene Strukturen. Sollte die Voraussetzung sein. Denn. Systemischerweise. Die Eliten sind sich ihrer Interessenslagen voll bewusst. Oder vielleicht ist es die Kenntnis der eigenen Interessenslage, die die Eliten herstellt. Systemischerweise sind die Eliten, also die Herrschenden, an der Verschleierung der Verhältnisse der Beherrschten interessiert. Eine Politik der Affekte wird zu diesem Zweck entwickelt. Die Erklärung der Umstände wird in Glaubensfragen umgemünzt. Die Glaubensfragen sind in Zirkelschlüssen angeordnet, in denen die Beherrschten sich fangen müssen. Herrschaft macht sich ausweglos.

       »The name of the tune is Mississippi Goddam

       And I mean every word of it.«

       »Can’t you see it.

       Can’t you feel it.

       It’s all in the air.

       I can’t stand the pressure much longer.

       Somebody say a prayer.«

      Die Verfolgten unter den Beherrschten sind eine negative Elite, die ihre Situation sehr genau kennen muss, um das Überleben zu bewerkstelligen. Ein Überleben ist das, das sich für Diskriminierte um ihre Nicht-Aufnahme in die Gesellschaft anordnet. Ganz in der Nachstellung der römischen Familie gibt es eine gesellschaftlich-väterliche Funktion, die Einschluss und Ausschluss reguliert. Die jeweilige Gesellschaft spricht in ihrer Kultur diese Zulassungen oder Ausschließungen aus. Hier. In Österreich. In einem Land, das nach einer demokratischen Verfassung organisiert sein sollte. Hier. In Österreich. Die Kultur als Sprache des Gesellschaftlichen. Die, der Kultur unterliegenden Affekte. Sie sind reaktionär restaurativ. Also patriarchal. Hier. In Österreich. Mittlerweile gibt es keinen Widerstand gegen diese reaktionäre Kultur. Und. Patriarchat beruht auf Angst. Hier. In Österreich. Es sind die basalsten Ängste vor der jeweils eigenen Vernichtung, die der Kultur unterliegen.

       »This is a show tune,

       But the show hasn’t been written for it, yet.«

      Herrschaft ist schon als Bedeutung unverrückbar gefestigt. So gefestigt, dass das Bedeutungsgegenteil von Herrschaft in allen Grammatiken mit »Gesinde, Untertan« angegeben wird. Die Grammatik bleibt so in der Herrschaft. Nun. Es ist ja im Wort Herrschaft schon die ständische Unterscheidung in der Hierarchie der Bezeichnungen männlicher Erscheinungsweisen enthalten. Der Herr. Die Herrschaft als Erweiterung des »Herrn« in Recht und Besitz. Der Herr. Das Wort führt sich auf das althochdeutsche herro zurück und bedeutet älter. Seniorität und Hausvaternschaft wird ausgedrückt. Das Althochdeutsche leitet sich aus der Entsprechung dem lateinischen senior entlang ab. Die althochdeutsche Anrede für die seniore Frau dagegen ist verloren gegangen. Frau. Das leitet sich aus


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