Parodontologie von A bis Z. Peter Eickholz
Oberflächen der marginalen Gingiva und besteht aus vier Schichten: Stratum basale (Basalzellschicht), Stratum spinosum (Stachelzellschicht), Stratum granulosum (Körnerzellschicht) und Stratum corneum (Hornschicht).
Das Saumepithel bildet den von außen nicht sichtbaren epithelialen Teil der freien Gingiva und umschließt den Zahnhals wie eine ringförmige Manschette und bildet den Epithelansatz, bzw. das epitheliale Attachment am Zahn aus. Der Epithelansatz stellt den koronalen Anteil der dentogingivalen Verbindung dar, also der Zone, in der sich extraalveoläre Zahnoberfläche und Gingiva berühren3. Der apikal gelegene Anteil der dentogingivalen Verbindung wird von gingivalen Bindegewebsfasern ausgeformt, die in supraalveoläre Anteile des azellulären Fremdfaserzements einstrahlen und somit ein bindegewebiges Attachment bilden (Abb. 4)3. Der supraalveoläre Faserapparat sorgt dafür, dass die Gingiva wie eine straffe Manschette um den Zahn herum anliegt und sichert sie gegen Abscherkräfte. Beim Sondieren der Sulkustiefe mit einer definierten Kraft verhindern diese Fasern das tiefere Vordringen der Sonde nach apikal. Infolge der entzündlichen Abwehrreaktionen des Körpers auf die bakterielle Plaque werden Kollagenfasern des Faserapparats abgebaut und die Sonde kann beim Sondieren, trotz gleicher Kraft, tiefer in das Bindegewebe eindringen.
Abb. 4 Die Verbindung der Gingiva besteht aus zwei Anteilen: dem Saumepithel, als epithelialen Anteil, und dem supraalveolären Faserapparat, als bindegewebigen Teil. Zusammen mit dem Sulkus bilden diese Teile den sogenannten dentogingivalen Komplex. Das epitheliale und bindegewebige Attachment der Gingiva ohne den Sulkus bezeichnet man als suprakrestales Attachment (früher „biologische Breite“).
Im Idealfall liegt die Grenze zwischen epithelialem und bindegewebigem Attachment auf Höhe der Schmelz-Zement-Grenze (SZG). Es werden jedoch bei intaktem, klinisch gesundem Parodont Lokalisationen dieser Epithel-Bindegewebe-Grenze von etwa 1 mm koronal bzw. apikal der SZG gefunden3. Das Saumepithel entwickelt sich während des Zahndurchbruchs aus dem reduzierten Schmelzepithel, kann sich aber de novo nach vollständiger Entfernung, z. B. im Zuge einer Gingivektomie, aus jedem Typ oralen Plattenepithels differenzieren. Es erreicht eine koronoapikale Ausdehnung von bis zu 2 mm, ist etwa 100 µm dick und verjüngt sich in koronoapikaler Richtung: 15 bis 30 Zellen an der koronalen, etwa 3 an der apikalen Begrenzung3.
Im Unterschied zu anderen mehrschichtigen Plattenepithelien in der Mundhöhle besteht es nur aus zwei Schichten, dem mitotisch aktiven (teilungsfähigen) Stratum basale und dem mitotisch inaktiven Stratum suprabasale (Tochterzellen) (Abb. 5). Das Saumepithel ist über Hemidesmosomen und eine Basallamina (externe Basallamina) mit dem subepithelialen Bindegewebe verbunden. Die Epithel-Bindegewebsgrenzfläche weist normalerweise einen geraden Verlauf auf. Eine Verzahnung über Retezapfen findet sich nicht. Zum Zahn sind die Zellen über die interne Basallamina abgegrenzt. Das epitheliale Attachment an der Zahnoberfläche beruht auf dem biologischen Prinzip, dass Epithelzellen, die mit einem nichtepithelialen Substrat in Kontakt geraten, eine Basallamina bilden und sich dieser über Hemidesmosomen anheften. Bei Krafteinwirkung auf den Gingivarand oder Einführung einer Parodontalsonde kommt es eher zu Zerreißungen und Spalten im Saumepithel als zu einer Ablösung von der Zahnoberfläche3.
Abb. 5 Das Saumepithel besteht aus zwei Schichten, dem teilungsfähigen Stratum basale und dem Stratum suprabasale. Zum Zahn sind die Zellen über die interne und zum Bindegewebe über die externe Basallamina abgegrenzt. Das gesunde Saumepithel ist mit dem angrenzenden Bindegewebe nicht verzahnt und die Epithel-Bindegewebsgrenzfläche weist normalerweise einen geraden Verlauf auf.
Die interzellularen Spalten des Saumepithels ermöglichen eine auswärts wie einwärts gerichtete Diffusion. Die Erneuerungsrate (turn-over) des Saumepithels beträgt mit 4 bis 6 Tagen nur die Hälfte des oralen Gingivaepithels (ca. 6 bis 12 Tage). Die freie Oberfläche des Saumepithels findet sich am Boden des gingivalen Sulkus bzw. des interdentalen Cols. Nur dort findet die Abschilferung der Zellen statt (Exfoliationsfläche). Die Regenerationsfläche des Stratum basale ist aber wesentlich größer als diese Abschilferungsfläche. Dadurch findet am Sulkusboden eine intensive Exfoliation von Epithelzellen statt, was als unspezifischer Abwehrmechanismus das Eindringen von Bakterien und Schadstoffprodukten aus dem Sulkus erschwert und deren Abtransport aus dem Sulkus begünstigt. Darüber hinaus finden sich in den interzellulären Räumen neutrophile Granulozyten, Monozyten/Makrophagen und Lymphozyten. Auch bei klinisch normalen Verhältnissen findet eine ständige Migration neutrophiler Granulozyten von apikal nach koronal statt, deren Ausmaß bei Entzündung und mit deren Grad zunimmt. Damit kommt dem Saumepithel die Funktion der peripheren Abwehr parodontaler Infektionen zu. Passiv in das Saumepithel diffundierende Bakterien können so erkannt, opsoniert und phagozytiert werden.
Desmodont
Das Desmodont oder parodontale Ligament ist ein zellhaltiges, nichtmineralisiertes, überwiegend aus Kollagenfasern bestehendes Gewebe, das die Stabilisierung des Zahns im Kieferknochen vermittelt, indem es Wurzelzement auf der einen Seite und den eigentlichen Alveolarknochen auf der anderen Seite verbindet (Abb. 6). Das Desmodont stellt ein Reservoir von Zellen (Zementoblasten, Osteoblasten) dar, die für den Aufbau und die Aufrechterhaltung des Alveolarknochens und des Wurzelzements erforderlich sind. Zellen die diese mineralisierten Gewebe abbauen (Zementoklasten, Osteoklasten) finden sich ebenfalls im Desmodont. Sie spielen eine Rolle im stetigen Umbau dieser Gewebe oder bei der Remodellierung im Rahmen der Wundheilung. Das Desmodont ist ein Reservoir für Progenitorzellen für Wurzelzement und Alveolarknochen. Der Ursprung dieser Progenitorzellen wird in mesenchymalen Zellen vermutet, die Blutgefäße im Zentrum des Desmodonts umgeben. Wenn diese Progenitorzellen in Richtung Zement oder Knochen wandern, differenzieren sie sich zu Wurzelzement- oder Knochenzellen1. Das Desmodont, nicht aber Gingiva, Zement oder Alveolarknochen, beherbergt auch Propriozeptoren, die Tiefensensibilität (Informationen über Bewegungen und Positionen) vermitteln. Die Zellkörper der sensorischen Nerven befinden sich im Ganglion semilunare und gehören dem sensorischen Anteil des N. trigeminus an. Die propriozeptiven Nerven haben ihr trophisches Zentrum im mehr zentral gelegenen Nucleus mesencephalicus. Der hohe Zellgehalt und die relativ hohe Umsatzrate seiner Bestandteile ermöglichen dem Desmodont einen schnellen Umbau. Dies ist die Grundlage für normale prä- und posteruptive wie auch orthodontische Zahnbewegungen2.
Abb. 6 Das Desmodont ist ein zellhaltiges, nichtmineralisiertes, überwiegend aus Kollagenfasern bestehendes Gewebe, welches das Wurzelzement auf der einen Seite und den eigentlichen Alveolarknochen auf der anderen Seite verbindet. Es stellt ein Reservoir von Zellen (Fibroblasten, Zementoblasten, Osteoblasten) dar.
Wurzelzement
Das Wurzelzement, das nahezu die gesamte nicht von Schmelz bedeckte Dentinoberfläche überzieht, verbindet das parodontale Ligament mit dem Zahn. Es lassen sich fünf Typen von Wurzelzement beim Menschen unterscheiden4 (Abb. 7):
Abb. 7 Das Wurzelzement verbindet das parodontale Ligament mit dem Zahn. Es lassen sich fünf Typen von Wurzelzement beim Menschen unterscheiden.
1 Das azelluläre afibrilläre Zement stellt eine homogene Matrix dar, die weder Fasern noch Zellen enthält. Es findet sich auf dem zervikalen Schmelz. Seine Funktion ist unbekannt5.
2 Das