Jüdische Altertümer. Flavius Josephus
aber alles, was zum Opfer gehörte, mit Ausnahme des Opfertieres. Als nun Isak, der fünfundzwanzig Jahre zählte, den Altar herrichtete und zugleich frug, was Abram denn opfern wolle, da doch kein Opfertier da sei, sagte dieser, Gott werde es ihnen gewähren, der den Menschen spenden könne, was ihnen fehle, und nehmen könne, was sie besäßen, wenn sie auf ihn ihr Vertrauen setzten. Er werde ihnen also auch ein Opfertier geben, wenn er an seinem Opfer Gefallen habe.
3. Nachdem nun der Altar errichtet, das Holz darauf gelegt und alles vorbereitet war, redete Abram seinen Sohn also an: »O Sohn, mit tausend Bitten habe ich deine Geburt von Gott erfleht und dich mit größter Sorgfalt erzogen, seit du in dieses Leben eingetreten bist, und ich kannte kein größeres Glück, als dich in deiner Manneskraft zu erblicken und dich bei meinem Tode als Erben meiner Herrschaft zu hinterlassen. Aber weil ich durch Gottes Willen dein Vater geworden bin, und er jetzt von mir fordert, deiner zu entsagen, so ertrage starkmütig deine eigene Opferung. Denn ich trete dich an Gott ab, da er dies zu seiner Ehre verlangt und stets mein gnädiger Helfer und Beschützer gewesen ist. Wie du nicht dem gewöhnlichen Lauf der Dinge gemäß geboren wurdest, so sollst du auch aus dem Leben scheiden auf besondere Weise, nämlich von deinem eigenen Vater Gott, dem Erzeuger aller Dinge, zum Opfer gebracht werden. Hat er dich doch für wert gehalten, dass du nicht durch Krankheit, Krieg oder ein anderes Unglück, wie es den Menschen zuzustoßen pflegt, aus diesem Leben scheidest, sondern dass er deine Seele unter Gebet und feierlichem Opfer aufnehme und bei sich unterbringe. Du wirst deshalb doch der Pfleger und Hüter meines Alters sein, wozu ich dich vornehmlich erzog, indem du durch dein Verdienst Gott an deine Stelle setzest.«
4. Isak aber, edelmütig, da er von einem solchen Vater abstammte, nahm die Rede gutwillig auf und sprach: Er wäre nicht wert geboren zu sein, wenn er nicht dem folgen würde, was Gott und sein Vater über ihn beschlossen hätten, da es doch schon unrecht sei, den Gehorsam zu versagen, wenn sein Vater allein befehlen würde. Darauf trat er zum Altare hin, um sich schlachten zu lassen. Und sicher würde dies auch geschehen sein, wenn Gott es nicht verhindert hätte. Denn er rief Abram beim Namen und hieß ihn von der Tötung seines Sohnes abstehen. Er sei nicht begierig nach Menschenblut und habe auch den Tod Isaks nicht verlangt, um ihn dem Vater, dem er selbst ihn geschenkt, so grausam wieder zu nehmen, sondern er habe ihn nur erproben wollen, ob er ihm auch gehorchen könne, wenn so Schreckliches von ihm verlangt würde. Da er aber nun seine Bereitwilligkeit und Frömmigkeit gesehen habe, so möge er sich an dem erfreuen, was er ihm geschenkt habe. Er werde ihn nicht im Stiche lassen, zumal er ihn immer seiner Fürsorge für würdig gehalten habe. Sein Sohn werde ein hohes Alter erreichen, und nach einem glücklichen Leben werde er seinen wohlgeratenen und rechtmäßigen Kindern eine bedeutende Herrschaft hinterlassen. Auch versprach er ihm, sein Geschlecht solle sich zu vielen und reichen Völkerschaften ausbilden, die ihrer Stammväter und Urheber zu allen Zeiten gedenken würden. Und seine Nachkommen würden das Land Chananaea rühmlich erobern und ihres Glückes wegen von allen anderen beneidet werden. Als Gott so gesprochen hatte, führte er ihnen plötzlich einen Widder zum Opfer zu. Jene aber, die sich wider Erwarten einander wiedergegeben sahen und der Verheißung so großen Glückes teilhaftig geworden waren, umarmten sich gegenseitig, schlachteten das Opfertier und kehrten zu Sarra zurück. Und sie lebten glücklich, da Gott ihnen in allen ihren Unternehmungen gnädig half.
VIERZEHNTES KAPITEL
Vom Tode der Sarra, der Gattin Abrams.
Nicht lange danach starb Sarra im Alter von einhundertsiebenundzwanzig Jahren und wurde in Chebron begraben. Zwar wollten die Chananäer von ihrem Gemeindeland einen Begräbnisplatz hergeben, doch nahm Abram dieses Anerbieten nicht an und kaufte um vierhundert Sekel* ein Stück Land von einem gewissen Ephraïm aus Chebron. Hier haben sich Abram und seine Nachkommen Grabdenkmäler errichtet.
FÜNFZEHNTES KAPITEL
Wie von der dem Abram vermählten Chetura das Geschlecht
der Troglodyten abstammte.
Hierauf heiratete Abram die Chetura, von welcher ihm sechs mit großer Körperkraft und scharfem Verstande begabte Söhne geboren wurden: Zambran, Jazar, Madan, Madian, Josubak und Su. Diese hatten wieder Kinder. Von Su stammten Sabathan und Dadan. Letzterer erzeugte den Latusim, Assuris und Luorn; Madian den Ephas, Ophren, Anoch, Ebidas und Eldas. Alle diese Söhne und Enkel führte Abram in Kolonien, und sie nahmen das Land Troglodytis und das glückliche Arabien bis zum Roten Meere ein. Ophren soll einen Zug nach Libyen unternommen und dieses erobert haben; seine Nachkommen hätten dort Wohnsitze gegründet und das Land nach ihm Afrika genannt. Hierfür berufe ich mich auf das Zeugnis des Alexander Polyhistor, der also sagt: »Der Seher Kleodemus, auch Malchus genannt, der die jüdische Geschichte wie der jüdische Gesetzgeber Moyses geschrieben hat, erzählt, Abram habe mit der Chetura mehrere Söhne gezeugt.« Er nennt auch von dreien die Namen: Apher, Suris und Japhra. Von Suris habe Assyrien den Namen, vom Apher und Japhra die Stadt Aphra und das Land Afrika. Diese seien auch dem Herkules in seinem Kriege gegen Libyen und Antaeus zu Hilfe gekommen, und Herkules habe des Aphra Tochter geheiratet und mit ihr den Didor gezeugt. Von Letzterem stamme Sophones ab, von dem die Sophaker unter den Barbaren den Namen haben.
SECHZEHNTES KAPITEL
Wie Isak die Rebekka heiratete.
1. Als Isak etwa vierzig Jahre alt war, beschloss Abram, ihm die Rebekka, seines Bruders Nachor Enkelin, zum Weibe zu geben, und schickte als Brautwerber seinen ältesten Knecht ab, nachdem er ihn unter strengem Eide verpflichtet hatte. Das geschah so: Sie legten einander die Hände auf die Oberschenkel und riefen Gott zum Zeugen ihrer zukünftigen Handlungen an. Auch gab er ihm Geschenke für seine dortigen Freunde mit, die daselbst selten oder gar nicht vorhanden waren und deshalb besonders geschätzt wurden. Der Knecht aber brauchte zur Reise eine lange Zeit, da der Weg durch Mesopotamien im Winter wegen des vielen Kotes, im Sommer wegen Mangels an Wasser beschwerlich war. Auch machten Straßenräuber, denen der Reisende nur bei äußerster Vorsicht entgehen konnte, die Gegend unsicher. Endlich kam er aber zur Stadt Charra. In deren Weichbild traf er mehrere Jungfrauen, die Wasser holen gingen, und er bat Gott, er möge ihn die Rebekka (wegen deren Werbung ihn Abram gesandt hatte) unter den Mädchen finden lassen, wenn die Schließung der Ehe ihm wohlgefällig sei. Er möge ihn dieselbe daran erkennen lassen, dass sie ihm auf seine Bitten einen Trunk gewähre, während die anderen ihm denselben verweigern würden.
2. In dieser Absicht näherte er sich dem Brunnen und bat die Jungfrauen, sie möchten ihm zu trinken geben. Als diese ihm aber die Bitte abschlugen, da sie das Wasser selbst brauchten, um es nach Hause zu tragen (denn das Wasser war mühsam zu schöpfen), tadelte eine von ihnen sie wegen ihrer Unfreundlichkeit gegen den Fremdling und fragte sie, was sie denn ihren Mitmenschen eigentlich mitteilen wollten, wenn sie nicht einmal Wasser hergäben. Und sie erfüllte freundlich seinen Wunsch. Daraus schöpfte jener gute Hoffnung; um sie aber noch besser kennen zu lernen, lobte er ihr gütiges Benehmen und dass sie sich nicht weigere, mit eigener Mühe Durstigen behilflich zu sein. Dann erkundigte er sich nach ihren Eltern, wünschte ihnen Glück zu einer solchen Tochter und dass sie dieselbe mit einem rechtschaffenen Manne verloben möchten, auf dass sie ihm eheliche Kinder gebäre. Die Jungfrau aber verweigerte ihm die Antwort nicht, sondern tat ihm auf sein Verlangen ihre Herkunft kund. »Ich heiße Rebekka«, sagte sie; »mein Vater war Bathuel, doch ist er schon tot, und mein Bruder Laban verwaltet mit meiner Mutter das Hauswesen und beschützt meine Jungfrauschaft.« Darüber freute sich der Knecht und schloss daraus, dass Gott offenbar auf der Reise sein Beschützer gewesen. Dann zog er ein Halsband hervor und andere Zierraten, mit denen Jungfrauen sich zu schmücken pflegen, und bot sie ihr an als Belohnung für den Trunk und als Zeichen seiner Hochachtung; es sei billig, dass sie so belohnt werde, da sie so viele Mädchen an Güte übertreffe. Zugleich bat er, bei den Ihrigen einkehren zu dürfen, da die Nacht ihn an der Weiterreise hindern würde; auch führe er weibliche Putzgegenstände von hohem Werte bei sich, die er nirgends sicherer unterbringen könne als bei Leuten, wie sie sei. Er fügte hinzu, dass er wohl auf die Menschenfreundlichkeit und Zugänglichkeit ihrer Mutter und ihres Bruders aus ihrem eigenen schicklichen Benehmen schließen dürfe; auch werde er ihnen nicht lästig fallen, vielmehr