Jüdische Altertümer. Flavius Josephus
anderen, um die Sodomiter auszurotten.
3. Als Abram dies hörte, betrübte er sich über die Sodomiter, stand auf und bat Gott, doch mit den Gottlosen nicht zugleich die Gerechten und Guten zu verderben. Gott aber erwiderte ihm, unter den Sodomitern sei kein Guter mehr; wenn aber nur zehn unter ihnen wären, wolle er ihnen die Strafe für ihre Sünden nachlassen. Da schwieg Abram. Und die Engel kamen nach Sodom, wo Lot sie bat, bei ihm einzukehren, denn er zeichnete sich durch Gastfreundschaft aus und wetteiferte mit Abram in freundlichem Wesen. Als nun die Sodomiter sahen, dass so schöne Jünglinge bei Lot einkehrten, wollten sie ihnen sogleich Schande und Gewalt antun. Doch Lot beschwor sie, sich zu mäßigen und die Fremdlinge nicht zu beleidigen, sondern die Gastfreundschaft heilig zu halten; wenn sie sich nicht bezwingen könnten, wolle er lieber seine Töchter anstelle der Fremdlinge ihrer Lust opfern. Doch auch damit waren sie nicht zu beruhigen.
4. Gott aber, durch ihr lasterhaftes Unterfangen erzürnt, schlug sie mit Blindheit, sodass sie den Eingang in das Haus nicht finden konnten, und er weihte alle Sodomiter dem Verderben. Lot, dem Gott den Untergang der Sodomiter verkündete, entfernte sich mit seinem Weibe und seinen Töchtern, die beide noch Jungfrauen waren; denn ihre Verlobten verschmähten es, mitzugehen, indem sie Lots Mahnungen Torheiten nannten. Da warf Gott Feuer in die Stadt und verbrannte sie mit den Einwohnern; auch das Land ringsum zerstörte er durch Feuer, wie ich es in der Geschichte des Jüdischen Krieges schon erzählt habe. Übrigens wurde Lots Weib, die beim Abzug nach der Stadt zurückblickte und ihren Untergang allzu neugierig anschaute, obgleich Gott dies ausdrücklich verboten hatte, in eine Salzsäule verwandelt. Diese Säule habe ich selbst gesehen, denn sie steht noch da. Lot aber gelangte mit seinen Töchtern an einen kleinen Ort, der vom Feuer verschont geblieben. Dieser Ort heißt noch jetzt Zoher, was im Hebräischen »klein« heißt. Dort lebte er eine Zeit lang, getrennt von den Menschen, kümmerlich und elend.
5. Die Jungfrauen aber verkehrten in der Meinung, das ganze Menschengeschlecht sei vertilgt, mit ihrem Vater, ohne dass er etwas davon gewahrte, und zwar um dasselbe vor dem Untergang zu bewahren. Und so gebaren sie Söhne, die ältere den Moab, das heißt »vom Vater«, die jüngere den Amman, das heißt »Sohn des Volkes.« Von Moab stammen die Moabiter, die noch jetzt ein großes Volk bilden, von Amman die Ammaniter; beide Völker bewohnen Coelesyrien. So ist Lot von den Sodomitern weggezogen.
ZWÖLFTES KAPITEL
Von Abimelech; ferner von Ismaël, dem Sohne Abrams,
und seinen Nachkommen, den Arabern.
1. Abram aber wanderte nach Gerara, einer Stadt Palästinas, indem er die Sarra für seine Schwester ausgab, und zwar aus Furcht, wie er dies auch früher getan. Er fürchtete nämlich den Abimelech, den König der Bewohner dieses Ortes, der die Sarra liebte und vor Begierde brannte, sie zu schänden. Gott aber unterdrückte dieses schändliche Verlangen, indem er ihm eine schwere Krankheit schickte. Und da die Ärzte ihn schon aufgegeben hatten, wurde er durch ein Traumgesicht ermahnt, dem Weibe des Fremdlings kein Unrecht zuzufügen. Als er sich nun besser fühlte, zeigte er seinen Freunden an, dass Gott ihm diese Krankheit gesandt habe, um ihn vor der Verletzung des Gastrechts zu bewahren, denn das Weib sei nicht die Schwester des Fremdlings, sondern seine Gattin; und es sei ihm verheißen worden, er werde in Gottes Huld stehen, wenn er jenen von der Sorge um sein Weib befreie. Er beschied dann den Abram auf den Rat seiner Freunde zu sich und hieß ihn keine Besorgnis um Sarra haben, denn sie werde unbehelligt bleiben und unter Gottes Schutz ohne Unbill ihm wieder zugeführt werden. Bei Gott und dem reinen Gewissen des Weibes aber beschwor er, er würde sie nie begehrt haben, wenn er gewusst, dass sie verheiratet gewesen sei; da er sie aber für seine Schwester gehalten habe, glaube er, nichts Unrechtes getan zu haben. Abram möge ihm wohlgesinnt bleiben und Gottes Gnade für ihn erbitten. Wolle er nun bei ihm bleiben, so solle es ihm an nichts fehlen, wolle er aber wegziehen, so werde er ihn sicher geleiten lassen und ihn mit allem versehen, dessen er bedürfe. Darauf entgegnete Abram: Was er über die Verwandtschaft mit seinem Weibe gesagt, sei keineswegs erlogen, denn sie sei seines Bruders Tochter, und ohne diese Täuschung sei ihm die Wanderung zu unsicher erschienen. Und wie er nicht die Krankheit des Königs verschuldet habe, so wolle er sich auch ferner dessen Wohlergehen angelegen sein lassen und gern bei ihm bleiben. Abimelech gab ihm darauf einen Teil seines Landes und Vermögens, und sie beschlossen, arglos miteinander zu leben, was sie durch Schwur bei einem Brunnen bekräftigten, der Bersuba hieß. Wir können das mit »Brunnen des Bündnisses« übersetzen. Diesen Namen hat der Brunnen noch heute.
2. Nicht lange nachher gebar Sarra dem Abram einen Sohn, wie Gott verheißen hatte, und er nannte ihn Isak, das heißt »Gelächter«, weil Sarra gelacht hatte, als Gott ihr den Sohn versprach, den sie in so hohem Alter nicht mehr erwartete. Am achten Tage wurde der Knabe sogleich beschnitten. Diesen Tag beobachten auch jetzt noch die Juden bei der Beschneidung ihrer Kinder, die Araber aber tun es im dreizehnten Jahre, weil ihr Stammvater Ismaël, der von dem Kebsweibe Abrams geboren wurde, in diesem Alter beschnitten worden ist. Davon will ich jetzt Näheres mitteilen.
3. Sarra liebte anfangs den Ismaël, den Sohn der Agar mit derselben Zuneigung, als ob er ihr eigener Sohn gewesen sei. Als sie aber den Isak geboren, hielt sie es nicht für gut, den Ismaël mit ihm zusammen zu erziehen, da dieser als der Ältere nach dem Tode des Vaters ihm leicht Unrecht zufügen könne. Sie überredete also den Abram, ihn mit seiner Mutter wegzubringen. Abram ging hierauf zunächst nicht gern ein, weil er es für hart hielt, den noch nicht erwachsenen Knaben und das aller Mittel bare Weib von sich zu stoßen. Später jedoch, da auch Gott den Plan der Sarra billigte, übergab er das Kind, das den Weg noch nicht allein machen konnte, seiner Mutter, und hieß sie mit einem Wasserkrug und Brot gehen, wohin die Not sie treiben würde. Als ihr nun auf der Reise der Mundvorrat auszugehen begann, wurde sie besorgt und ängstlich. Und da nun auch fast kein Wasser mehr vorhanden war, setzte sie den Knaben unter einen Tannenbaum und entfernte sich, damit er nicht in ihrer Gegenwart seinen Geist aufgebe. Da kam ihr ein Engel Gottes entgegen und zeigte ihr eine nahe Quelle, indem er ihr befahl, den Knaben sorgsam zu pflegen, denn mit Ismaëls Wohlergehen hänge ihr eigenes Glück zusammen. Darauf fasste sie wieder Mut, zumal sie bald Hirten traf, durch deren Sorgfalt und Güte sie aus ihrem Elend gerettet wurde.
4. Als nun der Knabe erwachsen war, erhielt er ein Weib aus Ägypten (woher auch seine Mutter stammte), die ihm zwölf Söhne gebar: Nabaioth, Kedar, Abdeel, Massam, Idumas, Masmas, Masses, Chodad, Theman, Jetur, Naphaesus, Kedmas. Diese bewohnten das ganze Land vom Euphrat bis zum Roten Meere, welches man Nabatena nennt. Sie haben dem Volk und den Stämmen der Araber ihre Namen gegeben, mit Rücksicht auf ihre eigene Tüchtigkeit sowohl als auf die Würde Abrams.
DREIZEHNTES KAPITEL
Von Isak, dem rechtmäßigen Sohne Abrams.
1. Isak wurde von seinem Vater über die Maßen geliebt, sowohl weil er sein einziger (rechtmäßiger) Sohn war, als auch weil er ihm von Gott an der Schwelle seines Alters geschenkt worden war. Diese Zuneigung und Liebe seiner Eltern vermehrte der Knabe selbst noch durch Übung jeglicher Tugend, Gehorsam gegen die Eltern und innige Gottesverehrung. Abram erblickte sein Glück darin, bei seinem Tode den Sohn sorgenfrei zurücklassen zu können, was ihm auch durch Gottes Willen zuteil wurde. Gott aber wollte die Ergebenheit Abrams noch auf die Probe stellen; daher erschien er ihm, zählte ihm alle Wohltaten auf, die er ihm erwiesen, hielt ihm vor, wie er die Feinde in seine Hand gegeben, wie seine Güte ihm zu seinem Glück den Sohn Isak geschenkt, und forderte von ihm, dass er ihm den Isak opfern solle. Und er befahl, ihn auf den Berg Moria zu führen, dort einen Altar zu errichten und den Isak als Brandopfer darzubringen. Denn so werde er seine Frömmigkeit beweisen können, wenn er das, was Gott angenehm und wohlgefällig sei, der Wohlfahrt seines Sohnes vorziehe.
2. Abram aber hielt es für Unrecht, Gott in irgendeiner Sache ungehorsam zu sein, da man ihm vielmehr in jeder Beziehung als dem Geber des Lebens willfahren müsse. Doch verhehlte er der Gattin Gottes Befehl und dass er selbst seinen Sohn schlachten wolle. Ja nicht einmal einem seiner Knechte gab er sein Vorhaben kund, damit er nicht am Opferdienste gehindert würde, und so nahm er den Isak und zwei Knechte nebst einem Esel, der das zum Opfer Nötige trug, und ging auf den Berg zu. Zwei Tage begleiteten ihn die Knechte, am dritten Tage aber, als er den Berg erblickte, ließ er seine