Und das ist noch nicht alles. Ansgar Röhrbein

Und das ist noch nicht alles - Ansgar Röhrbein


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von acht neun Monaten meistern. Das Gedächtnissystem, das jetzt entsteht und das dem aktiven Erinnern zugrunde liegt, bezeichnet man als Arbeitsgedächtnis. … Mit der Entstehung des Arbeitsgedächtnisses sind Kinder erstmals in der Lage für kurze Augenblicke gedankliche Bilder von Gegenständen und Personen zu formen und aktiv abzurufen.«

      Das so beschriebene Arbeitsgedächtnis wird auch Kurzzeitgedächtnis genannt, in dem Informationen weniger als eine Minute verbleiben.

      »Menschliche Gehirne verarbeiten aber nicht nur Informationen, also reaktionsauslösende Wahrnehmungsreize, sondern vor allem Wahrnehmungen, die Bedeutung haben. Die Fähigkeit, einer Wahrnehmung Bedeutung zu geben, ist wiederum etwas, das nur Menschen zu eigen ist« (ebd., S. 35).

      Die Fähigkeit, »Ereignisse in ihrer komplexen zeitlichen und kausalen Ordnung wahrzunehmen und zu erinnern«, entsteht circa um das vierte Lebensjahr herum (ebd., S. 205). Markowitsch und Welzer nennen diese Fähigkeit das »autobiografische Gedächtnis«, das nach

      »dem sechsten Lebensjahr zu einer relativ stabilen Verarbeitungsform findet. … Ein Gedächtnissystem, das Erlebtes auf ein kontinuierliches Ich bezieht und mentale Zeitreisen zwischen gestern, heute und morgen erlaubt, ist in der frühen Kindheit noch nicht vorhanden« (ebd., S. 229).

      Weiterhin beschreiben die beiden Autoren, dass offenbar bei alten Menschen »länger zurückliegende Ereignisse stabiler und intensiver erinnert werden als kürzer zurückliegende« (ebd.), wohingegen bei jugendlichen Probanden in der Pubertät »die unmittelbaren Ereignisse intensiver erinnert [werden] als weiter zurückliegende« (ebd., S. 230).

      »Das autobiografische Gedächtnis erlaubt nicht nur, Erinnerungen als unsere Erinnerungen zu markieren, es bildet auch die temporäre Feedback-Matrix unseres Selbst, mit der wir ermessen können, wo und wie wir uns verändert haben und wo und wie wir uns gleich geblieben sind … Der Wunsch nach Kontinuität ist nicht nur ein individueller; ohne Kontinuität der Identität ihrer Mitglieder könnte eine soziale Gruppe, eine Gesellschaft nicht funktionieren, weil Kooperation – die zentrale Kategorie menschlicher Daseinstechnik – nur dann gewährleistet ist, wenn Menschen verlässlich heute dieselben sind, die sie gestern waren und morgen noch sein werden« (ebd., S. 260).

      Nach Einschätzung der Autoren dient das autobiografische Gedächtnis der »sozialen Synchronisierung« und bildet damit eine wesentliche Grundlage zur gelingenden Kooperation, die wiederum eine wesentliche Säule oder Kompetenz innerhalb einer funktionierenden Gesellschaft darstellt (Sennet 2012). Im Hinblick auf die in Kapitel 1 beschriebenen gesellschaftlichen Veränderungsprozesse prognostizieren Markowitsch und Welzer (2006, S. 260): »… je komplexer Gesellschaften werden und je länger ihre Handlungs- und Vermittlungsketten werden, desto länger brauchen ihre Mitglieder für die Ausbildung einer Autobiografie.«

      3https://www.duden.de/rechtschreibung/Biografie [Zugriff: 10.07.2018].

      4zit. aus H. Fend (1991): Identitätsentwicklung in der Adoleszenz. Lebensentwürfe, Selbstfindung, Weltaneignung in beruflichen, familiären und politisch weltanschaulichen Bereichen (Bd. II). Bern/Stuttgart/Toronto (Huber), S. 21.

      5aus: Friederike Potreck-Rose/Gitta Jacob. Selbstzuwendung Selbstakzeptanz Selbstvertrauen. Psychotherapeutische Interventionen zum Aufbau von Selbstwertgefühl. Klett-Cotta (Reihe Leben lernen Nr. 163). 8., erw. u. akt. Aufl., Stuttgart 2013, S. 70.

      6https://www.duden.de/rechtschreibung/Autonomie [Zugriff: 10.07.2018].

      7https://www.duden.de/rechtschreibung/Ressource [Zugriff: 11.07.2018].

       3 Wurzeln der Biografiearbeit

       »Wähle dir einen Reisebegleiter und dann erst den Weg.«

      Aus Arabien

      Wenn wir uns mit den unterschiedlichen Wurzeln der Biografiearbeit befassen, werden in der Regel drei größere Traditionslinien benannt (vgl. z. B. Miethe 2014, S. 46): zum Ersten die Sozial- und Erziehungswissenschaften, hier insbesondere die Biografieforschung; zum Zweiten die Psychologie und (Psycho-)Therapie und zum Dritten die Geschichtswissenschaften mit ihrem Strang der »Oral History« (Sprechenlassen von Zeitzeugen).

      Als erste Vertreter für biografische Arbeitsansätze in Deutschland sind mir in der Literatur unter anderem die folgenden Autoren begegnet: Gudjons, Pieper u. Wagener (1986), in der Pflege Erwin Böhm (1992, 1994), der Begründer des psychobiografischen Pflegemodells, sowie Caroline Osborn, Pam Schweitzer und Angelika Trilling (1997) mit der deutschen Übersetzung von »The Reminiscence Handbook« (Osborn a. Schweitzer 1993), im Rahmen des biografischen Lernens Buschmeyer und Behrens-Cobet (1990), in der Arbeit mit Kindern Birgit Lattschar als Übersetzerin des Buches von Ryan und Walker (1993) sowie für den Bereich der Schule Stefan Rogal (1999).

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