Games | Game Design | Game Studies. Gundolf S. Freyermuth
rel="nofollow" href="#ulink_6a1eadc4-594a-543b-b336-c0c459178d41">13 In der Bundesrepublik wurden im gleichen Jahr rund 2,66 Milliarden Euro mit digitalen Spielen umgesetzt.14 »Deutschland ist somit größter Einzelmarkt innerhalb Europas und mit einem Anteil von 5,5% am Weltmarkt einer der wichtigsten Märkte überhaupt.«15 Allerdings werden 75% des inländischen Umsatzes von ausländischen Firmen erzielt. Umgekehrt liegt der Anteil deutscher Spiele auf dem Weltmarkt bei drei Prozent.16 Deutschland, als fünfgrößte Wirtschaftsnation und in anderen Branchen immer wieder ›Exportweltmeister‹, konsumiert zwar Spiele, produziert und exportiert sie aber bislang kaum.
Das weltweit erfolgreichste Spiel war 2013 GRAND THEFT AUTO V. Allein am ersten Verkaufstag spielte es 800 Millionen Dollar ein:
»In 24 hours, GTA V took in more money than any movie – TITANIC or AVATAR or THE AVENGERS – has made in its entire run in North American theaters. And given the game's $270 million budget, it may also have cost more than any movie.«17
AAA-Games – also Spiele, die mit hohem Budget produziert und mit viel Werbung auf den Markt gebracht werden – sind mehr noch als literarische Bestseller und filmische Blockbuster globale Phänomene. Kulturelle Differenzen unter den meistverkauften Spielen lassen sich primär im Bereich der jeweils beliebten Sportarten feststellen. In den USA gehörte zum Beispiel 2013 MADDEN NFL 25 mit 2,7 Millionen verkauften Exemplaren zu den fünf Top-Sellern.18 An die Stelle des Footballsimulators trat in Deutschland der Fußballsimulator FIFA 14 mit rund 870 000 verkauften Exemplaren.19 Gewisse Unterschiede zeigen sich auch in der Beliebtheit von Plattformen und Genres: In den USA machen Spiele, die am Computer gespielt werden, nur einen Bruchteil des Gesamtumsatzes aus – 220 Millionen der 15,4 Milliarden Dollar, die Spielesoftware 2013 insgesamt einspielte.20 In Deutschland dagegen sitzen 76% aller Spieler regelmäßig am PC.21 Gleichermaßen beliebt als Spieleplattform sind derweil aber Smartphones (USA wie Deutschland 44%).22
Auch die demographischen Daten gleichen sich im langjährigen Vergleich zunehmend an. 2013 nutzten 59% aller Amerikaner digitale Spiele, von ihnen waren 52% Männer, 48% Frauen.23 29% waren unter 18 Jahre alt, 39% über 36 Jahre. In Deutschland spielte immerhin bereits fast jeder zweite regelmäßig – die Zahlen schwanken zwischen 34,2 Millionen24 und 39,8 Millionen deutschen Spielern.25 Der Anteil der Frauen liegt bei 44%. Unter 18 Jahren sind 29% der Spieler, über 50 Jahre 20%.26
Das stete Wachstum – mehr Spieler, mehr Spiele, höhere Umsätze –, von dem die kulturelle Durchsetzung digitaler Spiele seit den 1970er Jahren gekennzeichnet ist, geschah im Kontext konstanter Veränderung der Bedingungen von Produktion, Distribution und Nutzung. Das Fundament für den gegenwärtigen Umbruch legte die Durchsetzung stationärer und dann auch mobiler Breitbandvernetzung. Mit ihr virtualisierte sich seit Ende der 1990er Jahre einerseits die Distribution und Nutzung von AAA-Konsolen- und PC-Titeln, andererseits führte sie seit der Mitte der Nullerjahre zum Entstehen gänzlich neuer Distributionsplattformen (u.a. Valves Steam, AppStores von Apple und Android). In den USA stieg der Anteil digitaler Distribution zuletzt zwischen 2010 und 2013 von 29% auf 53%.27 In Deutschland betrug er 2013 zwar erst 19%, die ersten Zahlen, die für 2014 vorliegen, deuten jedoch eine Verdopplung auf 38% an.28 Die Einführung von Smartphones, beginnend 2007 mit Apples iPhone, und von Touch-Tablets, beginnend 2010 mit Apples iPad, popularisierte zudem die neuen Genres der Mobile und Casual Games.
Dieser Umwälzung der Distributionswege für digitale Spiele korrelierten im vergangenen Jahrzehnt ebenso starke Veränderungen im Bereich ihrer Finanzierung. Befördert gleichfalls durch ubiquitäre digitale Vernetzung kamen eine Vielzahl alternativer wirtschaftlicher Ansätze, Handlungsweisen und Finanzierungsmodelle auf. Disruptiv wirkten zum einen Free-to-Play- (F2P) und Freemium-Modelle, basierend auf Micropayments in zunächst gratis angebotenen Spielen, zum anderen die Vorfinanzierung durch so genanntes Crowdfunding, d.h. das Einsammeln einer Vielzahl kleinerer Beträge von zukünftigen Nutzern für technische oder mediale Produkte, die allererst hergestellt werden sollen.
Zu den gegenwärtig erfolgreichsten F2P-Online-Spielen zählen LEAGUE OF LEGENDS, das allein 2014 weltweit knapp eine Milliarde Dollar einspielte, sowie CROSSFIRE und DUNGEON FIGHTER ONLINE (beide knapp 900 Millionen Dollar).29 Im Bereich der F2P-Casual Games setzten vor allem drei Spiele Maßstäbe: FARMVILLE (2009), das nach seinem Launch auf Facebook mit zeitweise über 80 Millionen Usern pro Monat30 für zwei Jahre dort das populärste Spiel blieb und, allen kritischen Attacken zum Trotz,31 bis Anfang 2013 für über eine Milliarde Dollar Umsatz sorgte;32 ANGRY BIRDS (seit 2009), das bis Anfang 2014 in der Vielzahl seiner Varianten über zwei Milliarden mal heruntergeladen wurde;33 sowie CANDY CRUSH SAGA (2012), das 2013 täglich von 93 Millionen Menschen über eine Milliarde mal gespielt wurde, wobei rund 4% der Spieler auch In-Game-Käufe tätigten:34
»Free-to-play works because it eliminates any barrier for entry, and allows developers to penetrate markets that otherwise might be unable to play traditional console video games. […] By having millions upon millions of players, even a small percentage of players paying money regularly can add up big time.«35
Nicht minder einflussreich für die Games-Entwicklung war die Etablierung virtualisierter und globalisierter Subskriptionsmodelle, wie sie ähnlich in der frühen Neuzeit schon am Anfang der Herstellung gedruckter Bücher standen. Auf Plattformen wie Indiegogo (gegründet 2008), Kickstarter (2009) oder in Deutschland Startnext (2010) können Games finanziert werden, die auf den tradierten Kanälen keine Geldgeber finden. Kickstarter allein hat nach eigenen Angaben bis Ende 2014 für 75 000 Projekte knapp 1,5 Milliarden Dollar aus über 220 Ländern eingesammelt, darunter eine Viertelmilliarde Dollar für mehr als 4000 digitale Spiele.36 Zu den erfolgreichsten Spieleprojekten auf Kickstarter gehören bislang TORMENT: TIDES OF NUMENERA, das 2013 knapp 4,2 Millionen Dollar erhielt, PROJECT ETERNITY (späterer Titel: PILLARS OF ETERNITY), das 2012 auf knapp 4 Millionen kam, sowie MIGHT NO. 9, das 2013 3,8 Millionen einzog.37 Dem »space trading and combat simulator« STAR CITIZEN, des Game-Design-Veteranen Chris Roberts (WING COMMANDER, seit 1990) 38 gelang es gar, in der Kombination von üblicher Kickstarter-Kampagne und eigener Dauer-Crowdfunding-Website zwischen 2012 und 2014 über 63 Millionen Dollar zu akkumulieren.39
Wie in den älteren audiovisuellen Medien Theater, Film und Fernsehen basieren nun aber auch die ökonomischen Potentiale digitaler Spiele darauf, dass mediale Produkte