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Spielbeeinflussung auch Zwischenstadien wie die interessierte, aber nicht-interaktive Beschäftigung einschließt.43 Dies inkludiert etwa dasAssistieren des eigentlichen Spielers (»primary player«) über die Unterstützung bei der Lösung von Rätseln, wodurch für Newman eine Involviertheit entsteht, die weit über die des bloßen Zuschauens hinausgeht,44 wenngleich sich das »Schöpfungspotential« gegenüber dem des Hauptspielers deutlich vermindert zeigt.
Schließlich findet sich auch die apperzipierende und verstehende Wahrnehmung durch die Zuschauer, wie sie von Lazarowicz als Teil der Collusion im Theater identifiziert wurde, in diesem Bereich des digitalen Spielens wieder. Taylor beschreibt dies am Beispiel eines Spielgeschehens, das dem Zuschauer nicht vertraut ist:
»If we are watching a game we are unfamiliar with, […] we do a significant amount of work trying to interpret what we see, trying to connect it to a title within a genre we are familiar with […] to help us make sense of what we're seeing.«45
Neben kognitiven Leistungen schließe dies affektive und körperliche Reaktionen ein.46 Der Zuschauer bleibt auch in diesem Szenario als beeinflussender Faktor bestehen – jedoch mit nochmals reduzierten Möglichkeiten der Einflussnahme. Das bereits für das Theater herausgearbeitete individuelle Erleben einer Aufführung tritt im Falle der ›Spielaufführung‹ durch die unterschiedlichen Grade der Beeinflussungsmöglichkeiten somit noch deutlicher zutage. In Bezug auf den Fokus des Zuschauvorgangs kann festgestellt werden, dass dieser in der Regel stärker auf den Datenkörper ausgerichtet ist als auf den physischen Körper. Die digitale Ebene wird zur Bühne, auf der der ›Text‹ des Computerspiels performed wird.
Es existieren aber auch Varianten, in denen die Handlungen des physischen Körpers stärker in den Fokus rücken. Dies ist etwa dann der Fall, wenn diese besonders auffällig sind und/oder der Datenkörper für die Zuschauer nicht einsehbar ist. Letzteres ist beispielsweise bei der Verwendung des Virtual-Reality-Headsets Oculus Rift der Fall. Hier ist die digitale Ebene ausschließlich für die spielende Person vollständig erfassbar, für die umgebenden Personen nimmt der physische Körper durch seine unübliche Erscheinung und die vollständig von der Umgebung entkoppelten Bewegungen einen performativen Charakter ein. Projekte wie die Virtuix Omni führen diese Idee sogar noch weiter, indem sie den physischen Körper geradezu ausstellen (Abb. 1 und 2).
Abbildung 1/2: Aktionen des physischen Körpers mit der Virtuix Omni
Weniger exponiert aber dennoch deutlich tritt der physische Körper auch in so genannten Exergames in den Vordergrund, bei denen er Variationen der Handlungen, die der Datenkörper auf dem Bildschirm ausführt, im physischen Raum vollzieht. Aufgrund des Fehlens von Elementen, die erst in der digitalen Ebene in Erscheinung treten und die spielerische Handlung auf dem Bildschirm kontextualisieren (beispielsweise das Vorhandensein von Tennisschläger und Ball, das die Bewegungen des Spielers in die Aktionen eines »Tennisspielers« transformiert), erscheint auch hier die körperliche Aktivität ausgestellt, da sie nicht auf den physischen Raum referenziert, und erhält somit eine eigene Qualität. Ungewöhnliche Spielformate experimentieren mit der Verlagerung der Beobachtungsaufmerksamkeit aus der digitalen in die physische Ebene und stellen einer Vielzahl hochenergetischer Aktionen des physischen Körpers einen nahezu unbeweglichen Datenkörper gegenüber47 bzw. blenden die digitale Ebene sowohl für spielende als auch für beobachtende Teilnehmer gleichermaßen aus.48 Im letzteren Fall ist der Datenkörper nicht mehr vorhanden und die Spieler agieren entsprechend den Schauspielern auf einer Bühne, die über ihre Anwesenheit im Raum definiert wird.
AUFFÜHRUNGEN DIGITALEN SPIELENS IN TEILÖFFENTLICHEN RÄUMEN
In Bezug auf das Vorkommen digitaler Spielsituationen in teilöffentlichen Räumen lassen sich die bereits besprochenen Szenarien um einige weitere ergänzen. Diese führen zum Teil die für den privaten Raum identifizierten Vollzugsformen spielerischen Handelns fort, indem sie die Prinzipien des Rollenwechsels zwischen spielenden und beobachtenden Teilnehmern beibehalten und gleichzeitig die Teilnehmer-Gruppe ausweiten (etwa auf LAN-Partys) bzw. durch das Stattfinden an reservierten Orten die Anwesenheit fremder Personen ermöglichen (etwa in Arcade-Hallen). Darüber hinaus kommen weitere Formen hinzu, in denen die Publikumsadressierung in den Vordergrund rückt und das Spiel als Artefakt (samt seiner Nutzung) ausgestellt bzw. die versierte Spielhandlung aufgeführt wird.
Dass es sich dabei keineswegs ausschließlich um neuartige Phänomene handelt, zeigt sich allein daran, dass schon das 1958 von William Higinbotham entwickelte Spiel TENNIS FOR TWO als Ausstellungobjekt für den Tag der offenen Tür des Brookhaven National Laboratory konzipiert wurde. Seinerzeit war es die Attraktion der Veranstaltung: »Hundreds of visitors lined up for a chance to play the electronic tennis game.«49 Auch heute noch kann die Ausstellung von Computerspielen (unter in Aussichtstellung einer Nutzungsmöglichkeit) einen solchen Reiz ausüben, dass sich Schlangen von Spielinteressierten bilden, die mehrere Stunden anstehen, um für eine begrenzte Zeitspanne ein neues Spiel testen zu können – ein Beispiel wäre die jährlich in Köln stattfindende Spielemesse Gamescom.
Während des Wartens nehmen die potentiellen Spieler die Rolle von Beobachtern ein, wodurch die Spielhandlung zur »public performance« wird.50 Gleichzeitig ist die Nutzungsdauer in der Regel streng limitiert und es herrscht ein zeitliches Ungleichverhältnis zwischen Spiel- und Beobachtungsdauer.
Vergleichbare Szenarien finden sich in musealen Kontexten. Das Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe startete zu seiner Eröffnung im Oktober 1997 eine Museumsabteilung zum Thema »Welt der Spiele, in der Besucher aller Altersstufen in unzähligen Computerspielen die Mythen und Aktionsformen der aufkommenden digitalen Kultur erkunden konnten.«51 Seit Juni 2013 trägt der Bereich den Titel ZKM_Gameplay und präsentiert digitale Spiele »in interaktiver, spielbarer Form. Die BesucherInnen des ZKM sind dazu eingeladen, die Games miteinander zu spielen.«52 Auch das 1997 eröffnete Computerspielemuseum Berlin bietet den Besuchern eine »Spiel- und Experimentierlandschaft zur Kulturgeschichte der Games.«53 Auf diese Weise werden nicht nur digitale Spiele selbst ausgestellt, sondern auch die Handlungen mit ihnen (Abb. 3-5).
Im Zusammenhang mit der Entstehung interaktiver Kunstwerke verweist Heinrich Klotz auf die Möglichkeit, »daß sich die interaktive Kunstkategorie die darstellenden Künste aneignet«54 und betont zugleich die spielerische Komponente.55
Zwar sind in solchen Settings nicht alle Exponate für die aktive Nutzung durch die Besucher vorgesehen, allerdings verbindet sich die Verwendung einzelner Artefakte mit den Einzel-Exponaten zu einem transitorischen Kunstwerk, das erst über die gleichzeitige Anwesenheit von Spielern und Zuschauern in seiner spezifischen Eigenart konstituiert wird.
Die Verwendung des Spiels findet mit dem Wissen über die Aufführung der eigenen Spielhandlungen vor einem Publikum statt. Aufgrund des Settings stehen für das Publikum Spieler und Spiel gleichermaßen im Fokus der Aufmerksamkeit. Die Sicht auf die Spielhandlungen ist häufig nicht für alle Interessierten gleichermaßen möglich, wodurch die Auseinandersetzung mit den Aktionen der Spieler intensiviert wird. Der potentiell jederzeit mögliche Rollenwechsel (Spieler/Zuschauer), der für den privaten Raum beschrieben wurde, bleibt