Zinnobertod. Reinhard Lehmann

Zinnobertod - Reinhard Lehmann


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nimm ab. Los!« Die Gefühlsregungen im Kopf purzelten durcheinander. Rationale Überlegungen waren ihm nicht vergönnt. Einzig der Gedanke, ihr zu helfen, trieb ihn ungewaschen in die Klamotten. Es gab einen stichhaltigen Grund. Ein Signal auf Rot! Hastig kleidete er sich an. Die Dienstpistole, eine SIG Sauer P6, verstaute er im Holster, das auf der linken Körperseite am Gürtel der Hose hing. Die Frage, ob er von der Waffe Gebrauch machen würde, stellte sich ihm nicht. Im Dienst gehörte es zur Pflicht, sie am Körper zu tragen. Er verließ das Zimmer, begab sich zum Passat auf dem Parkplatz hinter dem Hotel. Von dem Moment an umgab ihn Dunkelheit. Der Schlag auf den Hinterkopf tötete nicht. Nein, der Ausführende schien darin geübt zu sein. Eine Beule mit aufgeplatzter Kopfhaut blieb äußerstenfalls zurück. Unstrittig waren auch die einsetzenden Kopfschmerzen, die mit einer elenden Übelkeit einhergingen. Das Signal, das die Schläger aussendeten, war eindeutig: die Polizei mit beißendem Hohn und Spott bedecken. Sie brauchten nichts im Speziellen zu arrangieren, außer Lorenz dem preiszugeben.

      »Komm«, schnarrte der Kleinere den Größeren an. »Versteck deinen blöden Kopf, mach es wie ich«, sagte er bestimmend. »Sieh her. Zieh die Kapuze tief in Gesicht. Los, du gehirnamputiertes Riesenbaby. Ist das Klebeband griffbereit?«, fuhr er stimmgewaltig den Kerl neben ihm an. Er schaute missfallend aufwärts. Zumindest überragte der ihn mit seinen zwei Metern Körpergröße um Längen.

      »Klaro, bin ja nicht verblödet«, knurrte der. Dass er dem Rang nach Helfer war, kümmerte ihn nicht. In der Hand hielt er graues, selbstklebendes Gewebeband. »Hier, sieh her! Reicht das?«

      Die Antwort entfiel. Stattdessen: »Los, stell den Bullen hier drauf. Halte den Kerl einen Moment fest.« Er griff nach der zusammenklappbaren Sackkarre, um sie eilfertig zu öffnen. »Fixiere ihn darauf provisorisch. Da, das Seil. Zieh los! Ab zur Bronzefigur.«

      »Die da mit dem fetten, polierten Arsch? Die Hexe oder was sie darstellt?«

      »Was denn sonst? Das ist eine beliebte Kultfigur. Beweg dich, Idiot.«

      »Okay. Das ist der Spaß. Sobald das Programm die Bilder hochlädt«, schob er ein feixendes Lachen in den Vordergrund.

      »Klappe halten, Kerl. Erledigen wir den Job. Ich trete dir in die Eier, wenn du aufmuckst. Glaub mir, die Älteste schiebt dein dämliches Spatzengehirn in die Verdammnis. Mach hin. Klar?«

      »Okay! Bin ja dabei. Stopfen wir ihm das Maul?«

      »Ja, pass auf, dass der Bulle nicht erstickt. Haben sonst den ganzen Klüngel am Hals. Und lass die Finger von der Kanone. Deine lüsternen Augen verraten dich. Die Knarre fasst du nicht an. Ist das klar?«

      »Von mir aus. Ich mach ja, was du sagst.«

      Sie stellten Lorenz dicht an die nach vorn gebückte Bronzefigur heran. Empfindungslos, mit der Routine eines Roboters, folgten Unmengen Klebeband, um seinen Körper mit dem der Figur zu fixieren. Das Riesenbaby zurrte es sorgfältig fest.

      »Unzerstörbar«, brummte er befriedigt mit einem Feixen, das dem Ebenbild der Hexe zur Ehre gereichte. Die Umstände beherrschten ihn. »Ist geil, Chef«, sagte er an den Mitstreiter adressiert. »Ein Scheiß Bulle, Bestatter. Sein Markenzeichen verpasse ich ihm eigenhändig. Das brennt sich in den Birnen ein.«

      »Fertig mit dem Quatsch? Erledige den Job, du Stück Scheiße«, traf den Redner, dessen Brust sich vor Selbstwertschätzung wölbte. »Keine Namen, hab ich dir gesagt. Schluss damit. Drück den Bullen fester an das bronzene Hinterteil«, hörte er den Meister sagen. »Verdammt, pass auf. Press seine Nase in die Ritze am Arsch. Ich verlange, dass du ihn zumindest symbolisch Scheiße fressen lässt.«

      Der Helfershelfer lachte mit einem Grunzen auf. »Ja, kein Problem.« Er drückte das Gesicht mit einem heftigen Ruck an den Werkstoff aus einer Legierung aus Kupfer und Zinn. Zufrieden knurrte er. »Mehr Action? Sieh her, da klebt Speichel mit Blut vermischt an der Bronze.«

      »Lass sein. Hast deinen Job erledigt. Es reicht! Die Befreier toben garantiert, wenn sie das Panzerband entfernen. Hat mir Spaß bereitet. Darauf trinken wir nachher einen.«

      Von Spaßigkeit blieb angesichts des deprimierenden Bildes nichts übrig. Die Verletzung der Regeln störte sie nicht. Im Gegenteil. Mittlerweile erlaubte das an Helligkeit zunehmende Tageslicht, die Szene mit dem Smartphone lupenrein zu fotografieren.

      »Für den Eigenbedarf«, lautete der Befehl ihres Auftraggebers. »Überlasst den schaulustigen Touristen den Vorrang. In einer Stunde gibt es tausende Klicks.«

      Und so kam es. Benno Lorenz vernahm aufgeregt diskutierende Stimmen. Das Geschehen aus der Umgebung wahrzunehmen, funktionierte eingeschränkt. Die Augen durchdrangen das undurchsichtige Dunkel der nach Karbol riechenden Verhüllung nicht. Was sich hervortat, erfühlte sich kühl und glatt. Zu allem Überfluss hatte sich im Mund ein metallischer Geschmack aufgebaut. Der vermischte sich mit dem Blut von den aufgeplatzten Lippen. Eine grässliche Angelegenheit, die ihn unmittelbar mit der Gegenwart vernetzte. Er würgte den Speichel hinunter.

      »Luft, atme«, schrie die Stimme im Kopf angsterfüllt. Husten begleitete die Welle panischer Angst. Der schmale Spalt unter dem fixierten Mund an der Gesäßspalte der Figur, ließ abfließendes Sekret erkennen. »Spare deine Kraft. Handele wie ein Blinder, besser, sei ein Taubstummer. Konzentriere dich auf die Umgebung«, verordnete den Muskeln Ruhe.

      Just in diesem Moment kam die Erinnerung zurück. Der Schlag auf den Hinterkopf, der Schmerz in den Millisekunden bis zur tiefen Ohnmacht mit einer plötzlichen Leere. Die Gedanken rasten, ohne ein Gesamtbild zu formen. Allen angespannten Muskeln zum Trotz verschärfte die völlige Bewegungsunfähigkeit die Angst vor der unbekannten Gebrechlichkeit.

       »Bin ich gestürzt? Wo, auf dem Parkplatz?«

      Da umschwirrte ihn das Gewirr eines deutlich wahrnehmbaren Bienenschwarms. Es schwoll an, zeigte sich menschlich, gab der eigenen Ohnmacht des Gefangenseins Gewissheit.

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