Dirty Deeds - Meine wilde Zeit mit AC/DC. Mark Evans
wenn es doch Schwierigkeiten geben sollte, dann konnte ich mich sicher herausreden. Keine Frage.
Das erste, was ich drinnen zu Gesicht bekam, war Bon, der seine roten Latzhosen auf der Bar bügelte. Was Klamotten betraf, hatte sich sein Geschmack seit den Zeiten der Valentines offenbar nicht entscheidend verbessert. Aber hey, es war Bon Scott. Bon war schon immer sehr, sehr eigen, was sein Äußeres betraf, seine Kleidung und vor allem seine Haare. Vince Lovegrove, der neben Bon bei den Valentines gesungen hatte, erzählte mir einmal, dass Bon damals unbedingt einen Pony tragen wollte, der völlig glatt auf seiner Stirn anlag. Dafür sorgte er, indem er nach dem Haarewaschen seine Stirnfransen perfekt in Form brachte und in nassem Zustand mit Klebeband an seiner Stirn festpappte, damit sie ganz gerade und ordentlich trockneten. Es war vermutlich das einzig Ordentliche an Bon Scott.
Während ich Bon beim Bügeln zusah, hörte ich eine Stimme. Eine sehr grantige. „Du hast hier Hausverbot, du kleines Arschloch.“ Es war Albert.
„Okay, auf zur zweiten Runde“, dachte ich mir, als mein Hintern wenig später wieder auf den Bürgersteig krachte. Bei der kleinen Rangelei, die anschließend entstand, konnte ich Albert einen hübschen Schwinger versetzen, und er wollte sich gerade ordentlich revanchieren, als Tana Douglas auftauchte. Tana war die Größte von uns allen, und das machte schon mal Eindruck. Sie erklärte dem aufgebrachten Pub-Besitzer, dass ich zur Band gehörte.
„Das da“, erklärte sie und deutete auf meinen Bassverstärker, der schon auf der Bühne lauerte, „ist sein Kram.“
Tana war eine „coole Braut“, wie man in Prahran damals zu sagen pflegte, und deswegen gelang es ihr auch, den zornerfüllten Kneipier zu besänftigen. Ich glaube, in meiner ganzen Zeit als Aktiver habe ich nie einen attraktiveren Roadie gesehen. Damals hatte ich den Eindruck, dass sie ziemlich auf Malcolm stand. Albert erklärte sie jedenfalls, wenn er wollte, dass die Band wie vereinbart spielte, dann sollte er mich lieber nicht vor die Tür setzen.
„Na gut, dann kann er bleiben“, brummte Albert, „aber ich hoffe mal, dass er sich jetzt ein bisschen am Riemen reißt!“
So entstand wahrscheinlich diese Legende, dass ich AC/DC zum ersten Mal im Station Hotel begegnete, als ich Ärger mit den Rausschmeißern hatte und mir Bon Scott und mein Kumpel Steve McGrath zur Seite sprangen. Klar, ein Körnchen Wahrheit ist darin, aber es war nicht die ganze Geschichte.
Nachdem ich mich mit Albert wieder vertragen hatte, ging ich zu Bon, den ich unbedingt hatte kennen lernen wollen. Er guckte mich von oben bis unten an und fragte mich dann: „Kannst du einigermaßen bügeln, Alter?“ Damit wandte er sich an den Barmann und bestellte zwei Bier und zwei Scotch.
„Wie geil ist das denn“, dachte ich, „Bon Scott gibt mir einen aus!“
Bon nahm die Drinks, ging an mir vorbei und setzte sich mit dem hübschesten Mädchen im ganzen Laden an einen Tisch.
Mich begleiteten an diesem Abend meine Kumpels Graham Kennedy und Mickey Smith, die wussten, dass ich bei der Band vorgespielt hatte, und die ich nun als moralische Unterstützung mitgeschleppt hatte. Mich interessierte aber auch, was sie von AC/DC hielten. Heute kann man sich die Band als Quartett, mit Malcolm am Bass, nur schwer vorstellen, aber es funktionierte damals hervorragend. Aber es war auch das erste Mal, dass ich sie live erlebte, und es war ein Ding der Unmöglichkeit, von Bon und Angus nicht beeindruckt zu sein, wenn die beiden voll aufdrehten, schon gar nicht in einem so kleinen Laden wie dem Station Hotel. Damals kam mir gar nicht der Gedanke, aber heute wünschte ich, jemand hätte für mich ein paar Bilder von AC/DC als Viererpack gemacht. Ich weiß noch, dass Mickey mich fragte: „Wieso wollen sie denn an diesem Line-up überhaupt irgendwas ändern?“ Das sah ich genauso. Wir waren alle mordsmäßig beeindruckt von der Band, so wie sie war.
Im Station Hotel kam der Sound direkt von der Bühne, denn die Band hatte nur eine kleine eigene Anlage, keine Monitore und auch keine Beleuchtung, von daher war es eine recht spartanische Angelegenheit. Aber mir reichte es völlig, und nachdem ihr erster Set durch war, brannte ich darauf, zu ihnen auf die Bühne zu kommen, auch wenn es nur 60 Mäuse in der Woche dafür gab. Geld spielte dabei sowieso keine Rolle; nicht einmal der Gedanke daran, den großen Durchbruch zu schaffen, kam mir in den Sinn. Mir ging es nur um eines – mit einer Rockband auf Tournee zu gehen. Nicht mit irgendeiner, sondern mit dieser hier. Diese Jungs hier hatten das gewisse Etwas, das spürte ich. Es waren auch ziemlich viele Mädchen im Publikum, wie meinen Kumpels gleich auffiel. Und ich sah keinen Grund, nicht auch gleich mal meine Chancen auszuloten.
Glynis und ich waren noch immer zusammen, jedenfalls theoretisch. Sie hatte mich kurz zuvor schon einmal erwischt, wie ich, um es mal harmlos auszudrücken, meine Hände in der Zuckerdose einer anderen hatte, und das hatte unsere Beziehung doch ein wenig getrübt. Eine Weile lieferten wir uns einen Wettbewerb im Geschirrzertrümmern, aber letztlich blieben wir gute Freunde und gingen auch immer mal wieder miteinander ins Bett, auch, nachdem wir nicht mehr zusammen wohnten. Glynis hatte begründete Zweifel, mir wieder ihr Vertrauen zu schenken, und angesichts dieser Lage interessierten mich die gut gebauten Ladys im AC/DC-Publikum besonders. Ich fühlte mich, als ob ich vor dem Schaufenster eines Bonbongeschäfts stand und gerade die Tür einladend aufschwang.
Der erste Set war laut und rotzig. Mickey fragte mich, ob Angus „immer so war“.
„Wie meinst du das?“, fragte ich.
„Der steht doch total unter Strom, findest du nicht? Was wirft der denn so ein?“
Ich konnte nur den Kopf schütteln. „Ich habe keine Ahnung.“
Aber Mickey gab keine Ruhe. „Finde das mal raus, ja?“
Diese Frage sollte mir von nun an ziemlich häufig gestellt werden. Die Leute kamen mit Angus’ Energielevel einfach nicht klar. Allerdings muss ich zugeben, dass es mich auch ziemlich verblüffte. Angus drehte einfach völlig durch, sobald er die Bühne betrat – er explodierte geradezu und war dann nicht mehr aufzuhalten. Die Intensität seiner Auftritte habe ich immer bewundert. Sobald die Band loslegte, gab er alles. Und das war an diesem Abend im Station Hotel auch so.
Beim zweiten Set war es dann soweit: Ich hatte meinen ersten Auftritt mit der Band. Nach ein paar Bier und Scotch war ich schon ziemlich in Fahrt. Ich freute mich darauf, mit ihnen zu spielen; die Songs waren nicht übermäßig kompliziert, und ich hatte mir die erste Show ja angesehen, wusste also, was auf mich zukam. Ich betrat die Bühne und wurde ein Teil von AC/DC.
Phil grinste mir breit entgegen. „Stell dich am besten direkt dort hin, Alter“, erklärte er und deutete mit seinen Drumsticks auf eine Stelle neben seinem Hi-Hat.
Als erstes spielten wir „Soul Stripper“, den Titel, den „der letzte Typ“ Mal zufolge nicht gepackt hatte. Über diesen geheimnisvollen Mann erfuhr ich niemals mehr, als dass er „Soul Stripper“ immer wieder versäbelte.
Wenn „Soul Stripper“ saß, dachte ich bei mir, dann habe ich den Job schon so gut wie im Sack, und so war es auch. Von Anfang an lief alles bestens. Mit diesen Jungs Bass zu spielen, das war ein großartiger Kick – wobei man auch sagen muss, wer zu Phil Rudds Schlagzeug und Malcolm Youngs Rhythmusgitarre keine vernünftige Basslinie hinkriegt, sollte sich eh einen anderen Beruf suchen. Wir beschlossen unseren Set mit einem Titel, der während der ganzen Zeit, die ich in der Band war, unser Rausschmeißer bleiben sollte: „Baby Please Don’t Go“.
Wir hatten ganz schön viel Dampf auf dem Kessel, und nun bekam ich Angus’ Nummer als epileptischer Schuljunge zum ersten Mal und aus nächster Nähe mit. Es haute mich um, wie schnell er spielen konnte, wie sauber und präzise, während er sich auf dem Bühnenboden wälzte und drehte. Außerdem stellte ich fest, dass Angus’ aus Milch und Schokoriegeln bestehende Ernährung zusammen mit dem Schweiß und dem Schuljungen-Brummkreisel dazu führte, dass er sich in einen Rotzorkan verwandelte. Alle, die mit ihm auf der Bühne standen, bekamen eine Portion ab, und die ersten Zuschauerreihen waren auch nicht sicher. Er ließ einfach total los, alles, auch den Rotz.
Ich war völlig platt, und meinen Freunden ging es genauso. Nachdem ich wieder von der kleinen, engen Bühne runter war, gesellte ich mich wieder zu Graham und fragte: „Und? Was meinst du?“
„Alter“,