Hör nie auf zu träumen. Olivia Newton-John
you.
Das war so einfach und zugleich so tiefgründig wie der Ozean. Diese Worte ließen mich innehalten, um nachzudenken, weil sie mich berührten. Ich konnte mich auf jeden Fall damit identifizieren, und ich war mir sicher, dass auch sonst jeder sie auf seine persönliche Liebesgeschichte oder seinen tragischen Verlust ummünzen könnte. Die Ergänzung des Wortes „honestly“ – aufrichtig – machte die Sache einfach noch ergreifender.
Keine Lügen.
Kein Abstreiten.
I honestly love you.
„Ich muss diesen Song aufnehmen“, sagte ich zu John, der heftig nickend zustimmte. Er buchte uns einen Termin in einem kleinen Londoner Studio. Es handelte sich dabei um einen Ort, wo nicht nur für mich, sondern auch andere Künstler magische Dinge geschahen.
Wenig später – es war ein kalter Tag im Januar – stieg ich eine wackelige Holztreppe hinauf und betrat einen Raum, in dem sich nur eine kleine Aufnahmekabine und das Studio direkt darunter befanden. Ich musste stillstehen, damit sie unter mir, während ich sang, nicht von den Geräuschen meiner Füße abgelenkt wurden. Hier ging es ganz ungeschminkt zur Sache. Nur die Aufnahmeausrüstung und ein toller Song.
Ich nahm nur drei Takes von „I Honestly Love You“ auf. Am Klavier begleitete mich ein befreundeter virtuoser Pianist, Alan Hawkshaw, der diese unvergessliche Einleitung spielte, mit der die meisten Pianisten heute noch Schwierigkeiten haben. Es war einer dieser strahlenden Augenblicke. Am Schluss entschieden wir uns für den allerersten Take.
Ich sang mit sehr viel Herzblut. Ich bin zwar keine Power-Sängerin, aber dafür eine, die Titel gut interpretieren und sich einfühlen kann. Ein Teil des Songs klingt fast wie ein Flüstern, was passend erschien, da es hier um die zartesten Emotionen überhaupt ging.
An diesem Tag sagte John Farrar etwas zu mir, das ich nie vergessen werde. Er habe sich früher Musik auf seinem Detektorenempfänger angehört, und es habe sich ganz innig angefühlt. „Stell dir vor, du singst für diesen einen jungen Menschen, der – so wie ich als kleiner Junge – an seinem Detektorenempfänger der Musik lauscht.“
Das machte das Singen für mich zu einem sehr intimen Akt.
Im Verlauf der Jahre machte es mich sehr stolz, von Fans zu hören, wie sehr sie den Song liebten und welche Rolle er in ihrem Leben spiele. Ich hörte von Liebesgeschichten zwischen Mann und Frau, Eltern und ihren Kindern sowie Menschen und ihren Tieren. Der Song verfügte über einen Reiz, der zeitlos und grenzenlos war, indem er die Vorstellungskraft anregte oder einen zurück durch die Zeit entführte, zu jener einen unerfüllten Liebe. Jahre später sollte ich den Song einer großen Liebe von mir vorsingen, meiner Mutter, als sie im Sterben lag.
Es war einer dieser Songs, bei dem man einfach Bescheid wusste. Wenn man dieses Phänomen nur irgendwie konservieren könnte, dann würde jeder Song auf diese Weise abheben und zum Klassiker werden.
Natürlich war nicht jeder der Ansicht, dass wir es hier mit einem Hit zu tun hatten. Die Plattenfirma wollte eigentlich einen anderen Song als meine nächste Single veröffentlichen. Doch zusammen mit meinem Freund Artie Mogull bestanden wir darauf, dass „I Honestly Love You“ die richtige Nummer sei.
Wie recht wir doch hatten!
Wir veröffentlichten die Single Anfang 1974 zunächst in Australien. Von dort aus entwickelte sie sich rasch zum weltweiten Hit. Der Song wurde mein erster Nummer-eins-Hit in den USA, wo er im April jenes Jahres herauskam.
Ich war sehr stolz darauf, dass die Single mit einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet wurde. Außerdem überraschte es mich, als sie bis auf Platz 6 der Country-Charts vordrang, obwohl es sich ja nicht wirklich um eine Country-Nummer handelte. Jahre später nahm ich eine neue Version davon auf. David Foster produzierte sie für mein Album Back with a Heart, und im Hintergrund sang Babyface.
Die Grammy Awards wurden am 1. März 1975 im New Yorker Uris Theatre zum 17. Mal vergeben. Gastgeber war Andy Williams. Den Preis für die Platte des Jahres übergaben John Lennon und Paul Simon. John betrat die Bühne und sagte: „Hi, ich bin John. Ich habe früher Musik mit meinem Partner Paul gemacht!“ Und Paul sagte: „Hi, ich bin Paul und habe früher Musik mit meinem Partner Art gemacht!“
Nominiert waren Elton John mit „Don’t Let the Sun Go Down on Me“, Roberta Flack mit „Feel Like Making Love“, Joni Mitchell mit „Help Me“, Maria Muldaur mit „Midnight Oasis“ und ich mit „I Honestly Love You“.
Das waren neben mir alles Musiker, die ich absolut liebte und vergötterte. Ich konnte es ja kaum fassen, in einer Reihe mit diesen Künstlern genannt zu werden! Was für ein Privileg …
Und der Gewinner hieß … „I Honestly Love You“!
Art Garfunkel nahm den Preis für mich entgegen, denn ich war gerade auf Tour. Außerdem gewann ich noch den Grammy für die „Best Female Pop Vocal Performance“, was mich besonders freute. Wenn ich diese Grammys heute bei mir im Büro stehen sehe, kann ich es immer noch nicht glauben. Hätte ich nur dort sein können, um sie selbst entgegenzunehmen.
Schlagartig hörte das Telefon dann gar nicht mehr auf zu klingeln. Jede Zeitschrift und jede Fernsehshow, so schien es, wollten mich plötzlich interviewen.
Meine Reaktion?
„Was … wollen die etwa mit mir sprechen? Dem Mädchen aus Down Under?
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