Hör nie auf zu träumen. Olivia Newton-John

Hör nie auf zu träumen - Olivia Newton-John


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perfekte weiße Zähne hatten! Sie luden uns zum Abendessen ein. Natürlich sagten wir zu, weil wir ihre Gesellschaft genossen – und außerdem eine kostenlose Mahlzeit dabei heraussprang!

      Die Jungs führten uns in ein vornehmes Hotelrestaurant mit Blick auf einen wunderschönen kristallklaren See. Wir aßen herrlich zu Abend und stopften uns sogar noch Brot fürs Frühstück in unsere Handtaschen. Zwischenzeitlich hofften die Männer, unser gemeinsamer Abend könne noch andernorts bei ein paar Cocktails fortgesetzt werden und … Nun, genau dieses „und“ war es, was uns beunruhigte!

      Nervös quetschten wir uns mit den beiden Männern in ein Taxi. Sie nannten dem Fahrer die Adresse eines Hotels am Ort. Panisch behielt ich Pat im Auge. Sie erwiderte meinen Blick und sah aus, als wäre sie am liebsten aus dem Fenster gehüpft. Wir mussten schnell handeln, bevor die Situation außer Kontrolle geriet. Als die Jungs den Taxifahrer bezahlten, liefen wir einfach davon, so schnell uns unsere Beine trugen, hinein in das große, überfüllte Hotel, bevor die beiden überhaupt begriffen, was da vor sich ging. Es war, als hätten wir uns in Luft aufgelöst.

      Wir wollten nicht der Nachtisch sein.

      Falls die beiden dies hier lesen: Nichts für ungut, wir entschuldigen uns hiermit – und danke für das Abendessen!

      *

      Einmal, als wir eine Woche keine Arbeit und jeweils zwanzig Pfund übrig hatten, beschlossen wir, mit dem Zug durch Europa und bis nach Paris zu reisen. Wir frühstückten das Brot vom Vortag, während wir unser restliches Kleingeld abzählten, um uns noch zwei Stück Obst für das Mittagessen zu kaufen, vielleicht sogar noch etwas zum Abendessen. An manchen Tagen hatten wir nur Brot und Obst – und hielten das für eine ausgewogene Ernährung.

      Wir übernachteten in Absteigen und schliefen auf alten, harten Betten unter dünnen, abgewetzten Bettdecken. Das Toilettenpapier war schrecklich rau. Vielleicht war es Schleifpapier, weil das billiger war. In kalten Nächten wärmte uns die Heizung kaum. Die Fliesen waren eisig – wenn wir uns trauten, mitten in der Nacht aufzustehen, weil wir aufs Klo mussten, gefroren unsere Füße sofort zu Eis. Aber all das machte uns überhaupt nichts aus. Wir waren jung, frei, sangen für unsere Verköstigung und genossen unser Nomadenleben in vollen Zügen.

      Manchmal gingen wir in Paris am Nachmittag ins Kino und schliefen einfach die ganze Vorstellung durch, weil das billiger war, als sich für einen halben Tag ein Zimmer zu nehmen, bevor unser Zug abfuhr. Wir hatten einen Ort, um zu dösen – und mitunter waren die Filme auch gar nicht so schlecht, selbst wenn wir nichts verstanden.

      Zurück in London, sangen wir weiterhin in Clubs und konnten unseren Lebensunterhalt davon bestreiten. Allerdings traten wir auch in ein paar sehr sonderbaren Etablissements auf, die schlimmstenfalls gefährlich und bestenfalls fragwürdig waren.

      Nie werde ich den Abend vergessen, an dem wir in einem mir bis dahin völlig unbekannten Lokal namens Raymond’s Revuebar auftreten sollten. Pat und ich trugen, als wir dort eintrafen, unsere hübschesten hellblauen Minikleider mitsamt stilsicheren Marabu-Federn. Pat hatte diese Outfits selbst geschneidert, und ich hatte sie von Hand perfekt gesäumt. Hinter der Bühne warf ich noch einen letzten Blick in den Spiegel und musste lächeln. Meine kleine Frisur saß tadellos. Da war keine Strähne fehl am Platz.

      Musikalisch begleiten ließ uns der Club von seinem Pianisten, der ein paar Noten anspielte, als wir die Bühne betraten. Ich fand es ein wenig seltsam, dass sich hinter der Bühne ein riesiges Aquarium ohne einen einzigen Fisch befand. Darin planschte ein halbnacktes Mädchen!

      Das nur aus Männern bestehende Publikum – mit Koch und Kellner waren es insgesamt acht – verfolgte uns mit dubiosen Blicken, als wir in all unserer Unschuld mitten auf die Bühne gingen. Es stellte sich heraus, dass Mädchen, die so wie wir aussahen, nur selten durch diese Tür kamen. Ich machte große Augen, als mir auffiel, dass gleich mehrere der Männer an den Tischen Regenmäntel trugen – obwohl es draußen gar nicht regnete.

      Wir sangen „Soon It’s Going to Rain“ – in diesem Fall eine Hommage an die Art von Club, um den es sich hier handelte, beziehungsweise an die Einheitskleidung der lüsternen Gäste. Wir hielten uns an unsere fröhliche Choreografie – kleine Bewegungen nach links und rechts. Die Männer wirkten ein wenig verwirrt, als ob sie auf etwas warteten.

      Doch unsere Federn behielten wir an. So wie auch den Rest unserer Kleidung. Sogar meine Haare blieben in Form. Nichts verrutschte auch nur ein bisschen.

      Ein paar Nummern später kam der Besitzer des Clubs, Paul Raymond, zu uns hinter der Bühne. Er schüttelte zwar den Kopf, war aber auch nicht wirklich sauer.

      „Mädchen“, sagte er, „ich glaube nicht, dass das funktioniert. Euer Agent hat da was missverstanden.“

      Man muss ihm zugutehalten, dass er uns für die ganze Woche bezahlte. Als wir uns auf den Weg machten, blickte ich mich noch einmal zum Mädchen im Aquarium um und hoffte, dass es darin nicht ertrinken würde.

      Obwohl wir in der Nachtclub-Szene auftraten, sah ich nie wirklich etwas Übles, das bei mir seelische Narben hinterlassen hätte. Nie sah ich Leute Drogen konsumieren oder etwas anderes tun, was illegal war. Vielleicht sah ich es ja nicht, weil ich mich einfach nicht dafür interessierte.

      Vielleicht lag es auch an der Musik.

      Wir arbeiteten ununterbrochen an unserer Show und perfektionierten sie. Einmal studierten wir einen unserer Fernsehauftritte, wobei uns auffiel, dass ich ständig zu starren schien, während Pat ganz natürlich blinzelte. Ich wirkte ungelenk, doch Pat half mir und zeigte mir, wie man tanzt. Zu Hause in London probten wir vor Mum. Wir benutzten Haarbürsten als Mikrofone und übten unsere Schritte:

      Eins, zwei, drei, vier.

      Kreuzen, zwei, drei, vier.

      Zurück, zwei, drei, vier.

      Umdrehen, zwei, drei, vier.

      Es glich einer Sechzigerjahre-Version einer modernen Tanz-Reality-­Show.

      Wenig später traten wir in einer Show vor Soldaten auf, etwa auf US-Militärbasen in Deutschland und auf Zypern. Unser Publikum dort war unglaublich, so herzlich und gastfreundlich. Einmal flogen wir nach Libyen, wo ein paar GIs uns fragten, ob wir in ihrem Panzer mitfahren wollten. Im Panzer durch die libysche Wüste – eine unglaubliche Erinnerung.

      Das hätte auch gefährlich sein können – war es aber nicht. Wir trugen Tarnkleidung und Stahlhelme und verbrachten eine wunderbare Zeit mit den Jungs, die sich lieb und respektvoll benahmen. Eine gewisse Naivität konnte in manchen Situationen durchaus hilfreich sein. Außerdem waren wir ja nicht allein. Pat und ich hielten uns stets gegenseitig den Rücken frei.

      Im Laufe der Zeit traf ich unentwegt auf neue Leute. Das wiederum führte unvermeidlich zu einer neuen Liebe. So lernte ich Bruce Welch kennen, der bei der sehr erfolgreichen Instrumental-Gruppe The Shadows spielte, die auch lange Jahre als Cliff Richards Begleitband fungierte. In England waren sie eine große Nummer. Pat und ich hatten das große Glück, in ihrem Vorprogramm auftreten zu dürfen, was ganz schön aufregend war.

      Mit Peter Gormley hatten wir denselben Manager wie Cliff. Er kümmerte sich auch um die frühen Karrieren von Künstlern wie Frank Ifield, den Seekers, Marvin Welch und Frank Farrar. Peter gründete zudem Festival Records, wo schon bald die australischen Versionen meiner eigenen Platten erscheinen würden.

      Pat und ich tourten mit Cliff im Rahmen seiner Cliff Richard Show. Wir wurden als Backgroundsängerinnen engagiert, obwohl wir uns nicht immer nur strikt im Hintergrund hielten.

      „Als mich Olivia und Pat begleiteten, wurde ich Zeuge eines inter­essanten Phänomens. Alle Männer im Publikum blickten schnurgerade über meine linke Schulter hinweg. Eines Abends warf ich selbst während meines Auftritts einen Blick über die Schulter. Pat und Olivia standen nicht mehr knapp zwei Meter hinter mir, sondern hatten sich bis fast auf meine Höhe geschlichen, wo sie diese sexy Tanzbewegungen vollführten! Am nächsten Abend bat ich unseren Manager Peter: ‚Sei so nett und postiere die Mädchen hinter dem Klavier.‘ Dann, als ich auf die Bühne ging, ließ ich jemanden den Deckel aufklappen, sodass sie niemand sehen konnte! Sie wussten, dass ich das nur


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