Hör nie auf zu träumen. Olivia Newton-John

Hör nie auf zu träumen - Olivia Newton-John


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der ihr einen großartigen Einstieg in die englische Szene ermöglichte. Sie unterschrieb einen Vertrag bei einer größeren Agentur, der Bernard Delfont Agency, die sie bereits für Auftritte in mehreren Clubs gebucht hatte.

      Ich traf sie an einem kalten Wintertag am Flughafen Heathrow, weil ich ihr beim Einzug in die Wohnung helfen wollte, die ihre Agentur für sie angemietet hatte. Schneeflocken wirbelten durch die eisige Luft, als wir mit dem Bus in eine unglaublich schäbige Gegend der Stadt fuhren, wo wir noch an ein paar gefährlichen Häuserblocks vorbei zu einem heruntergekommenen Apartmenthaus laufen mussten. Beim Anblick dieses Gebäudes fiel einem nur das Wort „deprimierend“ ein. Drinnen war es noch schlimmer. Wir gingen gleich wieder und sahen uns das Elend von der Straße aus an.

      „Hier kannst du nicht bleiben, nicht einmal für eine Nacht“, sagte ich. „Du kommst mit zu uns.“

      Ich musste Pat nicht überreden. „Die erste Unterkunft war einfach schrecklich“, sagte sie. Wir machten kehrt und brachen sofort auf. Unendlich dankbar zog sie zu uns in unsere winzige Wohnung. Dort schlief sie ein Jahr lang auf dem Boden auf einer Luftmatratze. Wir drei teilten uns fortan ein Bad, in dem man sich kaum umdrehen konnte. Wir hatten nur wenig Platz, doch Mum schien außer sich vor Freude zu sein, weil Pat mir die nötige Bodenhaftung verschaffte, um mir in London ein neues Leben aufzubauen.

      Und Mum hatte recht – es war wunderbar, Pat bei uns zu haben. Schon bald hatten wir uns an unsere Haarteile, falschen Wimpern und Fingernägel, tonnenweise Lidstrich und schwarze Wimperntusche gewöhnt. Wir trugen fantastische Kleider mit Paisley-Muster oder sehr kurze Miniröcke. Meine cremefarbenen Lackleder-Stiefel bedeuteten mir am meisten, denn dafür hatte ich sparen müssen. Alle Girls in London zeigten selbstbewusst Bein.

      Zunächst begleitete ich Pat als moralische Unterstützung zu ihren Auftritten in die über ganz England verstreuten Clubs. Doch schon bald überlegten wir uns, wie wir ihre und meine Träume verbinden könnten.

      Mit Athol Guy, der beim ungeheuer populären australischen Pop-Quartett The Seekers Bass spielte und sang, waren wir befreundet; er nahm uns unter seine Fittiche. Eines Tages schlug er vor: „Warum tut ihr beiden euch nicht als Doppel-Act zusammen? Ihr könntet gemeinsam reisen.“

      „Es war einsam, allein zu arbeiten“, erinnert sich Pat heute. „Als das Duo zur Sprache kam, war das perfekt. Eine Blondine und eine Brünette.“

      „Was werden deine Agenten dazu sagen?“, fragte Pat.

      Ihnen gefiel die Idee, doch die Sache hatte einen Haken. Sie konnten nicht mehr Geld herausschlagen, aber das war letztlich auch egal: Wir teilten uns die Gagen und Ausgaben und machten uns daran, die Welt zu erobern.

      Wir wurden als „Pat and Olivia“ angekündigt.

      Ein Duo ward geboren.

      Jahre später sollte Pat augenzwinkernd zu mir sagen: „Ich habe damals meine Gage mit dir geteilt, wie wäre es, wenn du jetzt deine mit mir teilst?“

      I believe in the power of now.

      Unser Probenraum war eine beengte Wohnung in einer hübschen Ecke von Hampstead mit Kopfsteinpflaster. Tagsüber, wenn Mum arbeitete, übten wir. Danach aßen wir früh zu Abend und zogen los, um jede Nacht aufzutreten. Pat konnte fantastisch nähen und schneiderte unsere Kostüme wie für eine große Rockshow. Ich war in solch häuslichen Künsten eine Niete und musste das Säumen übernehmen, was ich gerne tat, während ich meine Lieblingssongs im Radio hörte.

      Wie sich bald herausstellte, waren die Outfits unser kleinstes Problem.

      An unserem ersten Abend in einem der Londoner Clubs vergaßen wir, dass wir Tanzschritte einstudiert hatten, wir uns also bewegen mussten. Damals waren die Mikrofone an dicken schwarzen Kabeln befestigt. Mitten in einem unserer Sets auf der Bühne – es war bereits ein Uhr morgens – ging Pat nach links und ich nach rechts. Unsere Kabel verhedderten sich, bis wir uns gar nicht mehr bewegen konnten. Es ist schon ein unvergleichliches Gefühl: Man singt, und plötzlich fangen alle laut zu lachen an. Wir wussten ja nicht, dass wir tatsächlich eine Comedy-Nummer vortrugen! Wenn ich dann noch auf die Nase gefallen wäre, dann hätten die zehn Leute an der Bar, die nur mit einem Ohr der Show folgten, sogar mit Standing Ovations reagiert.

      Auch der Transport war so eine Sache. Pat und ich schafften ein Auto an, obwohl ich nicht fahren konnte und in England sowieso noch zu jung für eine Fahrerlaubnis war. Weil Pat zwei Jahre älter war und fahren durfte, kauften wir uns diese alte Rostlaube, einen Mini-Minor. Der Van kostete uns ganze vierzig Pfund. Mehr konnten wir uns auch nicht leisten.

      Pats Vater hatte sich stets um ihre geschäftlichen Belange gekümmert. Doch von der Karre erzählten wir ihm nichts. Immerhin waren wir reif und weltgewandt genug, um die Verhandlungen selbst zu führen. Das dachten wir zumindest.

      Da standen wir nun. Zwei unschuldige Mädels, die einem älteren Typen ein Bündel Bargeld überreichten. Im Gegenzug warf er uns die Autoschlüssel zu. So zogen wir los – ohne jegliche Überprüfung, ohne Kaufbestätigung, ohne Zulassung, ohne Versicherung. Praktisch ohne alles. Was wussten wir schon? Wir waren doch bloß zwei Girls mit fahrbarem Untersatz – bis uns zwei schnucklige junge Polizisten anhielten und nach unserer Zulassung fragten.

      „Was für eine Zulassung denn?“, stotterten wir.

      „Bitte aussteigen, Ladys.“

      Unsere erste größere Investition sollte umgehend ein bitteres Schicksal ereilen. Das Auto wurde beschlagnahmt, und die so hilfsbereiten wie attraktiven Bobbys fuhren uns nach Hause. Nur aus Gefälligkeit. Aus irgendeinem Grund tauchten die beiden dann immer wieder bei uns in der Wohnung auf und befragten uns zu dem Vorfall mit dem Wagen. Sie flirteten auf Teufel komm raus – genau wie wir auch. Zum Schluss verkauften sie das Auto sogar für uns, obwohl wir keine Papiere besaßen.

      Kleine Gefälligkeiten von Fremden waren die winzigen Lichtblicke, die uns in diesen kargen Zeiten über die Runden halfen.

      Irgendwann gingen wir „auf Tour“ durch England. Wir traten in einer Reihe kleiner Clubs auf und hatten ganze fünfzig Pfund dabei. Das war lächerlich wenig, denn davon mussten wir beide doch Essen, Unterbringung und Transport bezahlen.

      Wir lebten unseren Traum. Einmal fuhren wir sogar in bitterer Kälte mit der Fähre nach Irland, um dort Urlaub zu machen. Leider verloren wir dabei total die Orientierung. Wann immer wir Einheimische nach dem Weg fragten, fuchtelten die nur mit einer Hand und sagten: „Ach, das ist einfach die Straße runter.“ 25 Kilometer weiter saßen wir dann aber immer noch auf unseren Fahrrädern …

      Einen besonderen, ja gar heiligen Ort konnten wir aber doch ausmachen. So küssten wir beide den Blarney Stone. Der Legende nach wird dem, der diesen Stein küsst, nicht nur die Gabe der Beredsamkeit zuteil, nein, auch Humor und Gewitztheit werden dadurch gestärkt. Nur wie der Stein zu küssen war, stellte ein Problem dar. Man musste auf einen Burgturm steigen, sich rückwärts über eine Brüstung beugen, den Kopf neigen und die Lippen auf den Stein drücken. Eklig! Ich überlegte, ein Taschentuch zwischen meinen Mund und den Stein zu legen. Gott weiß, wer alles schon diesen Stein geküsst hatte!

      Unser Trip war wunderbar, für Pat allerdings auch ein wenig frustrierend. So wollte sie eines Tages die Reste eines leckeren Abendessens zum Frühstück verzehren. Ich erinnere mich noch, wie sie schmollte, als ich den gesamten Inhalt unserer Tasche an ein klapperdürres Pferd verfütterte. (Das würde ich heute wieder tun – und tue es ja auch!)

      Für die Rückfahrt nach England kauften wir die billigsten Tickets. Pat wurde ein wenig seekrank, deshalb saßen wir draußen auf dem Deck. Der unerbittliche britische Wind fegte um unsere kalten, roten Gesichter. Der Kapitän sah, wie wir buchstäblich festfroren, und hatte Mitleid mit uns. Er lud uns in seine Kabine ein. Unsere Zähne klapperten, während wir langsam wieder auftauten. Irgendwie erholten wir uns aber wieder.

      Wir waren nicht wirklich die erfahrensten Reisenden, doch durch Gottes Gnade überlebten wir sämtliche Strapazen.

      Unser Budget erlaubte


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