Always Look On The Bright Side Of Life. Eric Idle
das Publikum völlig aus. Ich glaube, sie spürten das erste Mal, dass andere Leute unsere Show auch gut fanden. Die BBC zahlte uns nicht viel, aber nach Coventry boten uns die Mega-Promoter Tony Smith und Harvey Goldsmith eine Riesensumme für eine Tournee durchs Königreich an. Also gingen wir auf Tour. Es kam zu einem ziemlich katastrophalen Start, für den wir uns bei einem bekifften Toningenieur bedanken konnten, der für unsere Radio-Mikros zuständig war. Er hatte keinen blassen Schimmer, wer bei uns wer war, so dass man etwa Graham glasklar aus der Garderobe hören konnte, aber keinen von uns auf der Bühne. Am Ende vermochten wir das Management zu überreden, ihn in die Wüste zu schicken, bevor wir uns gezwungen sahen, ihn umzubringen. Bald schon lief die Tour wie am Schnürchen.
Grahams Trinkerei, die zunächst ein Geheimnis gewesen war, kam nun ans Licht. Häufig erschien er für seine Sketche zu spät auf der Bühne, nicht selten ausgerechnet in dem Moment, als der arme Mike darauf wartete, mit seinem Ken Shabby loszulegen. Eines Abends hörten John und ich die verhängnisvolle Stille des Publikums und sprangen beide von gegenüberliegenden Seiten gleichzeitig auf die Bühne. Dann gingen wir aufeinander ein, als ob wir das geprobt hätten, und spielten Grahams Rolle quasi als Tandem, zum Amüsement von Mike, der hilflos kicherte. Schließlich torkelte Graham als Oberst dazu. Er schien gar nichts zu kapieren und nahm sich den Beginn des Sketches gleich noch mal vor. Nach der Vorstellung war er wütend und warf mir vor, ihm die Schau gestohlen zu haben.
„Hör zu, Graham“, warf ich ein, „welche Schau denn – du warst nicht mal auf der Bühne.“
John gegenüber äußerte er kein Wort der Beschwerde. Das einzige Mal, dass ich ihn die Fassung verlieren sah, war, als John ihm einen Streich spielte und seine Pfeife versteckte. Graham rastete total aus. (Ja, wir kapieren das, Dr. Freud.) Er war ein sehr sanfter und geduldiger Mensch, aber der Alkohol machte eine Bestie aus ihm. Bei Partys kroch er manchmal über den Boden, steckte seine Hand unter die Röcke der Ladys und bellte wie ein Hund. Es war großartig, als er es schließlich schaffte, seinen Alkoholismus zu besiegen. John reizte Graham gelegentlich, bis der seine Beherrschung verlor, aber insgesamt kamen wir als eine Truppe von Außenseitern ausgezeichnet miteinander klar. Man schaue sich nur das Material an, das wir in den vierzehn Jahren zwischen 1969 und 1983 hinbekommen haben. Fünf Kinofilme, 45 TV-Shows, fünf Bühnenstücke, fünf Bücher und unzählige Platten, einschließlich einer Hit-Single. Also, klar, wir hatten gut abgeräumt, aber nun winkte wahre Berühmtheit.
8
WOHIN DES WEGES, KANADA?
Ich kann mich noch glasklar an jenen Moment erinnern, in dem mir klar wurde, dass die Pythons berühmt geworden waren. Durch die britische Tournee war klar, dass wir Promi-Status erreicht hatten, aber zum Zeitpunkt der kanadischen Tour hatte sich dieser Ruhm zum Fanatismus gewandelt. Ich kann diesen Augenblick präzise auf jenen Junitag 1973 datieren, als wir für Monty Python’s First Farewell Tour of Canada (Monty Pythons erste kanadische Abschiedstour) auf dem Flughafen von Toronto landeten. Kaum liefen wir in der Ankunftshalle auf, da ertönte ein gewaltiges Kreischen. Instinktiv drehte sich jeder von uns um und schaute nach hinten, wer da eintraf. Sicher war da eine berühmte Rockband angekommen, oder? Dann wurde uns plötzlich klar: Das galt uns. Kreischende Fans warteten am Flughafen auf uns. Sie hielten Banner und Schilder hoch und spielten total verrückt. Wir reagierten überrascht und ein wenig peinlich berührt. Bei Terry Gilliam führte es dazu, dass er sich auf das Gepäckband legte und ein wenig Karussell fuhr – sehr zu Johns sichtbarem Fremdschämen. Um ehrlich zu sein, waren wir nicht ganz nüchtern. Dabei hatte der Flug eigentlich recht besonnen begonnen; wir waren über die ganze First-Class-Lounge der Air Canada verstreut. Aber als die Stewardess bat, Passagier Cohen möge sich bitte bemerkbar machen, legte Neil Innes los. Er sprang auf und sagte: „Ich bin Passagier Cohen.“
„Nein, ich bin Passagier Cohen“, meinte ich und hob meine Hand.
„Ich bin Passagier Cohen“, meldete sich Gilliam und brachte seinen Spartacus-Gag.
„Nein, ich bin Passagier Cohen“, fiel Carol Cleveland ein.
Die Stewardess war total verwirrt, als nun acht verschiedene Leute darauf bestanden, Passagier Cohen zu sein, über die komplette First-Class-Lounge hinweg. Tja, und dann öffnete die Bar …
So sahen wir uns dann also von Angesicht zu Angesicht mit der Vergötterung kanadischer Art konfrontiert. Die Organisatoren packten uns auf das Oberdeck eines offenen Doppeldecker-Busses, worauf uns hupende Autos und johlende Fans in die City von Toronto folgten.
Die Kanadier waren verrückt nach Python. Sie hatten unsere Fernsehshow seit den frühen Folgen verfolgt, und als die CBC (die Canadian Broadcasting Corporation) sie aus dem Programm nehmen wollte, hatte es Massenproteste gegeben. Diese Fans waren wahnsinnig.
„Haltet die Klappe“, brüllte John oft in die kreischende Menge, sobald wir auf die Bühne kamen. „Wir haben doch noch gar nichts Witziges gemacht.“ Aber das brachte sie nur noch mehr zum Lachen. Sie waren gekommen, um sich zu amüsieren, und nichts würde sie aufhalten. Bei einer Vorstellung in Winnipeg öffnete sich der Vorhang und gab preis, dass die komplette erste Reihe sich als eine Raupe verkleidet hatte. Bei solch einem Publikum kann man überhaupt nichts falsch machen.
Graham machte sich gutgelaunt auf den Weg durch jene Bars, die ihm in seinem sehr nützlichen Gay Guide to Canada (Schwuler Führer durch Kanada) empfohlen wurden. Er litt nur unter den Sonntagen, da er dann nicht legal trinken konnte, außer in seinem Hotelzimmer – und dann auch nur, wenn er was zu essen dazubestellte. Nancy Lewis, eine US-Plattenmanagerin sowie in den Anfangszeiten unsere glühendste Verehrerin, kann sich erinnern, dass sie zu ihm wollte und stapelweise Tabletts nicht angerührter Caesar’s Salads neben seiner Tür vorfand. Die hatte er zu jeder Runde mitbestellt.
Unser Promoter Tony Smith war noch nie in Kanada gewesen und hatte keine Vorstellung von den riesigen Entfernungen zwischen den Städten dort. Also wurde der Trip zu einer Art Dartscheiben-Tour, bei der wir wie beim Pingpong zwischen den Seen und Prärien hin und her fuhren. Was die Sache noch verschlimmerte, war ein Streik der Air Canada. Nach der ersten Show in Toronto sahen wir unser Bühnenbild nicht wieder; wir waren stets eine Vorstellung voraus. Zum Glück hatten wir unsere Filmrolle und unsere Kostüme bei uns. Dadurch mussten wir, wohin wir auch kamen, lediglich Tische und Stühle auftreiben sowie eine tote Ente – für einen ekligen Sketch über Cocktails. Ein Scheibchen Lemon für den Herrn wurde bei uns zu „Ein Scheibchen Lemming, Sir?“ In Regina, dem Hauptstützpunkt der Royal Canadian Mounted Police (der berittenen Polizei) sangen wir voller Freude den „Lumberjack Song“, unser Holzfällerlied, natürlich als Mounties kostümiert. Klar, dass Graham danach auch noch einen schwulen Mountie auftrieb. Das ist ja gerade der Sinn dieses Songs.
Auf unsere frisch erworbene Berühmtheit reagierte jeder von uns völlig unterschiedlich. John beschloss, auszusteigen. In meinem Falle wanderte die Prominenz eindeutig in die Hodengegend. Gar keine Reaktion zu zeigen wäre schier unmöglich gewesen, besonders nicht in Kalifornien, wo die Sechziger Jahre noch immer grassierten. Die holde nordamerikanische Weiblichkeit erwies sich als sehr dankbar. Die kanadischen Jungs nahmen an, dass wir alle unter Drogen stünden, und lieferten entsprechend umsichtig. Ich war der englische Internatsschüler, der im Süßwarenladen losgelassen wird. Entwickelte ich mich zum Arschloch? Ich fürchte ja. Zuhause hatte ich eine wundervolle Frau und ein neugeborenes Baby. Was hatte ich mir dabei gedacht? Klar, gar nichts. Männer haben ein Gehirn und einen Penis, aber ihr Blut reicht nur zur Steuerung von einem der beiden. Tatsache ist, dass sie bis zu einem späten Zeitpunkt ihres Lebens mit ihren Schwänzen denken. Das ist schade, das ist beklagenswert, und das ist bedauerlich. Ich sage dies ohne Stolz, aber es ist wahr. Der unvermeidliche Niedergang stand bevor.
Die BBC hatte uns eine vierte Staffel angeboten, und John konnte sich definitiv nicht für die Idee erwärmen. Für ihn brachte die Kanada-Tour das Fass zum Überlaufen. Er hasste sie. Er hatte sich angewöhnt, im selben Restaurant wie wir, aber an einem separaten Tisch zu essen. Er las ein Buch und ignorierte uns demonstrativ, während wir immer wilder und ekstatischer wurden. Er hatte einen albernen Einfall zu einer Sitcom, die er entwickeln wollte – über einen frustrierten Hotelier.