Soziokratie 3.0 – Der Roman. Jef Cumps

Soziokratie 3.0 – Der Roman - Jef Cumps


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hilft die Implementierung der Muster, die Prinzipien besser zu verstehen.«

      »Okay«, sage ich. »Die Prinzipien muss ich also komplett verwenden?«

      »Nein, musst du nicht. Aber wenn du S3-Muster verwendest, wird schnell klar, warum es nützlich ist, sich an den Prinzipien zu orientieren. Tatsächlich kommst du mitunter an den Punkt, an dem du die Prinzipien formell für das Unternehmen oder ein Team etablieren willst. Daher gibt es mit Die sieben Prinzipien leben ein eigenes S3-Muster, das optional und kein Zwang ist. Man kann entscheiden, ob man das Muster verwenden will und ob man es anpassen möchte.«

      »Okay, ich glaube, ich habe die Prinzipien verstanden. Jetzt möchte ich mehr über die Muster erfahren.«

      »Bevor wir damit beginnen«, lächelt Bernie, »möchte ich dir noch eine Metapher mit auf den Weg geben. Ich sehe Ähnlichkeiten zwischen Unternehmen und lebenden Organismen, wie Städten, Bäumen oder dem menschlichen Körper. Dies alles sind Systeme, die sich kontinuierlich an das anpassen müssen, was in ihnen und um sie herum passiert. Und es gibt keinen Chef, der alles organisiert und durch Anweisungen steuert. Das würde nicht funktionieren, weil man in einem komplexen System nicht vorhersagen kann, was passieren wird. Jeder Teil reagiert auf Impulse und entscheidet selbst mit Blick auf das große Ganze. Das braucht effektive Kommunikation, aber es macht das Ganze stärker und flexibler.«

      Ich nicke.

      »So betrachtet«, denke ich laut nach, »kann ich Pauls Frustration sogar noch besser verstehen. Mit dem Wachstum von HRS kann er nicht mehr selbst auf alle Impulse und Anfragen reagieren, aber seine Funktion und unsere Struktur führen genau zu dieser Erwartung. Und das bremst uns als Unternehmen.«

      Bernie nickt zustimmend.

      »Kannst du mir noch mehr über die Muster erzählen?«, frage ich.

      »Es gibt zu viele, als dass ich sie jetzt alle erklären könnte«, lacht Bernie. »Tatsächlich gibt es mehr als 70 Muster in S3. Aber um dir einen Eindruck zu vermitteln: Ein Teil der Muster unterstützt Entscheidungsfindung, sodass die kollektive Intelligenz im Unternehmen genutzt werden kann, ohne dabei die Effizienz zu opfern. Es gibt außerdem Muster, um die Partizipation der Mitarbeiter im Unternehmen effektiv zu gestalten. Diese stärken diie Motivation und erlauben persönliches Wachstum der Mitarbeiter. Außerdem geht es darum, Verantwortung zu stärken, indem die Mitarbeiter für ihr Verhalten im Unternehmen Verantwortung übernehmen.«

      Ich nicke und schreibe so viel wie möglich von dem mit, was Bernie erzählt.

      »Es gibt eine weitere Gruppe von Mustern, die mit der Organisation und Durchführung von Arbeit zu tun haben«, fährt Bernie fort. »Sie geben den Mitarbeitern mehr Freiheit, sodass sie in der bestmöglichen Art und Weise zum Unternehmen beitragen können. Diese Muster stammen größtenteils aus Agile und Lean. Wahrscheinlich kennst du sie bereits.«

      »Und die letzte Gruppe von Mustern«, sagt Bernie, »unterstützt beim Aufbau einer agilen und resilienten Organisation.«

      »Moment mal«, unterbreche ich Bernie. »Was meinst du mit dem Aufbau einer Organisation?«

      »Ich spreche davon, die Organisationsstruktur bewusst zu definieren und an die Erfordernisse anzupassen«, erklärt Bernie. »S3 bietet zum Beispiel Muster, um Rollen und Kreise zu definieren.«

      Er zögert, dann fährt er fort. »Für den Moment kannst du dir einen Kreis als teilautonomes Team vorstellen; die Charakteristika erkläre ich dir später detaillierter. Bis dahin ist wichtig, dass Rollen und Kreise miteinander verknüpft sind. So kann man effektiv gemeinsam an großen Zielen arbeiten, die auf den Unternehmenszweck abgestimmt sind.«

      Bernie sieht auf seine Uhr und fügt hinzu: »Die Organisationsstruktur klärt die Verteilung von Arbeit, ermöglicht den Mitarbeitern Einflussnahme wo nötig und sorgt dafür, dass Informationen die richtigen Personen erreichen – ohne dass dafür eine Machthierarchie benötigt wird.«

      Ich nicke und will noch mehr Fragen stellen. Aber Bernie fährt fort: »Unser Steuerungsmeeting beginnt gleich.«

      »Was bedeutet Steuerung in diesem Kontext?«, will ich wissen.

      »Steuerung bedeutet, Ziele zu definieren und Entscheidungen zu fällen und anzupassen, sodass die Mitarbeiter die Ziele erreichen können. Steuerung kann Ziele, Prozesse, Vereinbarungen und Strukturen im Unternehmen oder im Team betreffen.«

      »Ah, Okay«, sage ich. »Dann werden im Steuerungsmeeting solche Entscheidungen gefällt?«

      In einer lernenden Organisation verändern sich ständig Pro zesse, Vereinbarungen und sogar Organisationsstrukturen.

      »Ja, das stimmt. Und in einer lernenden Organisation verändern sich Prozesse, Vereinbarungen und sogar Rollen und Teams die ganze Zeit. In einer lernenden Organisation verändern sich ständig Prozesse, Vereinbarungen und sogar Organisationsstrukturen. Das ist notwendig, um sich verändernden Kontexten anzupassen und schnell und effektiv auf Probleme und Chancen zu reagieren. Das unterscheidet sich stark von einem traditionellen Unternehmen, in dem die Struktur normalerweise fix ist und sich selten ändert – es sei denn durch große und schwerfällige Reorganisationen.«

      Ich nicke. Ich habe in meiner Karriere bereits einige Reorganisationen erlebt, rückblickend mit wenig Erfolg.

      »Das bedeutet natürlich nicht, dass alle machen können, was sie wollen und Entscheidungen nach Belieben treffen«, sagt Bernie. »Dafür haben wir die Steuerungsmeetings. Und dieses ist nicht das einzige Steuerungsmeeting bei The Facts. Viele unserer Teams sind selbstorganisiert und diese Teams nennen wir Kreise. Jeder Kreis hat seine eigenen regelmäßigen Steuerungsmeetings, in denen sie entscheiden, wie sie ihre Arbeit effektiv erledigen.«

      »Aber unser heutiges Meeting ist kein gewöhnliches Steuerungsmeeting«, erläutert Bernie. »Heute kommen die Repräsentanten von fünf Kreisen zusammen, weil diese Kreise regelmäßig miteinander sprechen müssen, um Entscheidungen zu fällen, die alle fünf Kreise betreffen.« Bernie bemerkt meinen zweifelnden Blick.

      »In S3 arbeiten wir normalerweise mit Repräsentanten, um Kreise miteinander zu verbinden«, erklärt Bernie. »Teams geben ihren Repräsentanten das Mandat und Vertrauen, Entscheidungen für sie zu treffen.«

      »Aha, dann habt ihr also doch so eine Art Manager«, sage ich.

      »Keineswegs. Es sind Repräsentanten im wahrsten Sinne des Wortes. Sie bringen die Bedürfnisse, Interessen und das Wissen ihrer Gruppe in das Steuerungsmeeting einer anderen Gruppe ein. Das nennt sich Verbindung. Die Rolle des Repräsentanten wird temporär übernommen. Es handelt sich nicht um eine feste Position. Und wenn wir heute eine Entscheidung treffen und jemandem aus dem Kreis fällt später noch ein schwerwiegender Einwand ein, wird die Entscheidung im nächsten Steuerungsmeeting erneut begutachtet oder sogar vorher. Alle sind gleichgestellt, erinnerst du dich?«

      Ich nicke.

      »Und das macht ihr jeden Monat?«, frage ich ungläubig.

      »Sicher, und einige Kreise haben sogar häufigere Steuerungsmeetings«, antwortet Bernie. »Aber jetzt lass’ uns gehen. Das Meeting beginnt in wenigen Minuten.«

      Während wir zum Besprechungsraum gehen, bereitet Bernie mich weiter vor.

      »Du wirst natürlich nicht alles verstehen, was dort passieren wird. Aber das ist auch nicht das Wichtigste«, versichert er mir. »Verfolge einfach aufmerksam die Art und Weise, wie wir Entscheidungen gemeinsam fällen, und versuche zu erkennen, wie wir die sieben Prinzipien anwenden.«

      »Okay«, sage ich. Und auch wenn mir noch nicht alles klar ist, bin ich sehr neugierig, was auf mich zukommen wird.

      5

      ERSTE ZWEIFEL

      »Was denkst du?«, fragt Bernie mich, als wir den Besprechungsraum


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